Mit Misiarte und Malatesta bleibt sich V Canto einmal mehr treu. Denn die Marke um das Geschwisterpaar Tiziana und Paolo Terenzi scheint ein Faible für spannende Stories zu haben und so drehen sich die Kreationen der beiden Italiener gerne auch mal um intrigante und korrupte Familien der italienischen Geschichte, um legendäre Frauen, die von dem Einsatz von Gift nicht abgeneigt sind, um an ihr Ziel zu gelangen, um eben jene todbringenden Toxine, um Magie und Zauber.
Aufgewachsen in einer Gegend, in der das imposante Castello di Gradara schon von Weitem aus stets sichtbar war und ist, haben Tiziana und Paolo Terenzi eine ganz besondere Beziehung zu eben jener Burg und der damit verbundenen Geschichte, ebenso wie zur Historie Italiens generell. Zwei Rezensionen durfte ich zu der für das Duft-Tagebuch schreiben (nachzulesen hier), in denen es u. a. um die sagenumwobene und berüchtigte Familie Borgia geht, die im mittelalterlichen Italien die Strippen zog.
Misiarte und Malatesta weisen bezüglich ihrer Inspirationsquelle einen direkten Bezug zu der Burg Castello di Gradara auf, die für V Canto so eine große Bedeutung hat. Was genau sich hinter den beiden Kreationen verbirgt, erfahren wir im Folgenden.
Misiarte – die magische Burgbewohnerin
Mit Misiarte huldigt V Canto einer Magierin namens Artemisia, die auf dem Castello di Gradara gelebt haben soll. Artemisia – oder auch Misiarte – scheint den Trank ewiger Jugend gefunden zu haben, denn über hunderte von Jahren soll die Burg ihr Zuhause gewesen sein. Im Gegensatz zu den bisherigen Personen, die Paolo und Tiziana Terenzi bisher als imaginäre Vorlage für ihre Düfte nahmen, ist die genannte Artemisia wohl ein recht freundlicher Mensch, der von Intrigen und Ränkespiel nicht weiter entfernt sein könnte.
Diese Kreation wurde von der mächtigsten und sanftmütigsten Zauberin der Geschichte inspiriert: Artemisia. (…) Artemisia ist seit vielen Jahren die wahre Seele der Burg und der Legende nach lebte sie dort dank ihrer mächtigen Zaubertränke jahrhundertelang. Denn diese konnten ein langes Leben und unendliches Glück schenken.
Genau wie dieses berühmte Glückselixier verkörpert der Duft Misiarte die Essenz von Freude und Erfolg und vermag es, wie ein mächtiges, von der gütigen Zauberin geschaffenes Amulett zu schützen: Misiarte ist die Euphorie der Verführung und des Mutes in einem Tropfen Parfum.
Als Parfümeur war einmal mehr Paolo Terenzi am Werke, der für den Duft die Ingredienzien Bergamotte, Orange, Grapefruit, Ananas, Kokosnuss, Pflaume, Maiglöckchen, Jasmin, Leder, Himbeere, Sandelholz, Heliotrop, Moschus, Ambra und Karamell vereinte. Das klingt tatsächlich nach einem Duft, der Freude und Glück verbreiten könnte
Elixier der Fröhlichkeit – Misiarte
Misiarte zeigt von Beginn an eine deutliche Präsenz und Intensität, was ganz typisch für die Kreationen aus dem Hause Terenzi ist. Üppig, prächtig und sehr komplex wartet das Extrait de Parfum mit fruchtig-floralen und cremigen Noten auf.
Maiglöckchen und Jasmin strahlen um die Wette. Die Kokosnuss sorgt für eine subtil exotische und milchige Untermalung. Hesperiden und Ananas sorgen für einen Hauch fruchtiger Frische, während Moschus und Heliotrop Misiarte pudrig-trockene Vanilleakzente verleihen.
Sehr weich, sehr behaglich und warm wirkt die Kreation aus dem Hause V Canto. Sandelholz und Ambra sorgen im Ausklang für balsamisch-holzige Facetten, die von geschmeidigen und hellen Wildledernuancen durchzogen sind.
Misiarte von V Canto könnte durchaus als Duft des Glücks und der Freude bezeichnet werden. Ein heller, cremig-pudriger Mix aus luziden Blüten, warmen Hölzern und – dank ultramilchiger Kokosnuss – mit einem Hauch von Exotik versehen. Ein üppiges Extrait de Parfum mit mittlerer Präsenz und einer guten Haltbarkeit, das für mich perfekt in die kommende wärmere Jahreszeit passt. Für das Büro vielleicht ein wenig zu intensiv, aber sonst in meinen Augen nahezu zu jeder Gelegenheit absolut tragbar. Wunderschön und ideal für alle, die noch einen passenden Duftkandidaten für Frühling und Sommer suchen. 🙂
Malatesta – von Liebe und Intrigen
Die italienische Adelsdynastie der Malatesta dürfte eine Familienhistorie aufweisen, die ganz nach dem Geschmack der Terenzis ist. Die Malatestas waren im Mittelalter die Machthaber über den östlichen Teil der heutigen Emilia-Romagna, wohnten u. a. im Castello di Gradara und lebten in ewiger Fehde mit den Montefeltros, mit denen sie nicht nur um die Vorherrschaft in der Region kämpften. Eine Familie – die Montefeltros – hatte sich dem Kaiser verschworen, während die Malatestas auf der Seite des Papstes standen.
Der berühmte italienische Poet Dante Alighieri verewigte das Castello die Gradara in seiner Göttlichen Komödie mit dem Liebespaar Francesca und Paolo, die angeblich auf eben jener Burg aufgrund von Ehebruch – er war der Stiefbruder von Francescas Ehemann Gianciotto Malatesta – von eben jenem ermordet wurden. Dies ist auch einer der Gründe, warum die Burg aus der Heimat der Terenzis so eng mit der Liebe verbunden ist und eine perfekte Inspirationsquelle für das Geschwisterpaar darstellt.
Orange, Mandarine, Iris, Lavendel, Jasmin, Libanon-Zedernholz, Rosa Pfeffer, Leder, Moschus, Vanille, Adlerholz (Oud), Hölzer und Patchouli sind die Ingredienzien dieses Extrait de Parfum aus dem Hause V Canto, das sich um das streitlustige und machthungrige Adelsgeschlecht der Malatestas dreht.
With love anything is possible
… lautet das Credo der Marke und damit haben die beiden Geschwister wohl auch irgendwie recht. Malatesta ist auf jeden Fall von Beginn an ein überaus freundlicher und angenehmer Duft – da hätte in Anbetracht der Geschichte der Malatestas auch etwas ganz anderes auf uns zukommen können –, der mit den pudrigen Lippenstiftnuancen der Iris eröffnet, die von zarten Hesperiden begleitet werden. Bald schon gesellt sich eine dunkle Pfefferschärfe hinzu, ebenso wie die Noten von Leder.
Weich, geschmeidig und überaus trocken zeigt sich die Lederiris, die auch im weiteren Verlauf von Pfeffer akzentuiert wird. Jasmin zeigt sich cremig, aber ansonsten sehr zurückhaltend, während Lavendel eher als krautig-kühle Frische im Hintergrund wahrnehmbar ist. Die Libanon-Zeder sorgt für eine holzig-aromatische Würze, die von subtil cremigem Patchouli und sanftem Adlerholzrauch begleitet wird. Der Moschus unterstreicht die Puderfacetten der Iris und intensiviert sie.
Malatesta aus dem Hause V Canto ist eine überaus pudrige und würzig-holzige Lederiris mit deutlichen Lippenstiftnuancen, die sehr trocken und in meinen Augen eher kühl wirkt. Florale, fruchtige oder anders geartete Duftuntermalung fehlt in dieser Kreation, im Zentrum der olfaktorischen macht steht eben jene Iris, die sich mit dem Leder auf wunderschöne Art und Weise vereint. Im Vergleich mit den sonst eher üppig ausfallenden Terenzi-Düften empfinde ich Malatesta als eher zurückhaltend und weniger präsent. Eine ruhige und entspannte Kreation, die Freunden von Düften mit dunkel-würziger Lederiris und Lippenstiftakzenten gefallen dürfte. 🙂
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