Zwei besondere Schätze habe ich Euch heute aus meiner To-review-Box herausgefischt, nämlich Dorasima von Pana Dora Sweden und Aswan von Widian. Zwei Kreationen, von denen ich denke, dass sie perfekt zusammen in diese Rezension passen könnten, denn beide könnten echte Kracher sein, vor Üppigkeit und Kraft nur so strotzen. Was will man mehr an einem stürmischen Freitag, wenn der Regen nur so vom Himmel peitscht und man sich fragt, was da in der kommenden Nacht wohl noch auf uns zukommen mag, wenn Orkantief „Zeynep“ über den Norden und damit auch unser beschauliches Dorf an der Ostseeküste hinwegfegen wird.
Doch zuerst einmal stehen Dorasima und Aswan auf dem Programm, die uns heute in orientalische Duftgefilde entführen werden. Die hirschköpfige Kollektion von Pana Dora Sweden habe ich Euch im letzten Herbst bereits vorgestellt (nachzulesen hier). Das Label mit den Flakons, die zugegebenermaßen an Penhaligon’s Portraits erinnern, hat bei mir bereits aufgrund der Tatsache, dass es aus Schweden kommt, einen findlinggroßen Stein im Brett. Dazu noch richtig gute und ausdrucksstarke Düfte, die von Parfümeur und Markengründer Ibrahim Al Zouabi entwickelt wurden. Was will man mehr?
Widian dagegen ist hier ein noch relativ unbeschriebenes Blatt im Duft-Tagebuch. „Relativ“ schreibe ich, denn bis vor Kurzem hieß die Marke noch AJ Arabia und hier finden sich in den Tiefen unseres Archivs tatsächlich zwei Rezensionen, die ich Euch hier verlinkt habe. Das Dufthaus und dessen Kreationen sind mir persönlich noch neu. Ein Blick auf das bei Aus Liebe zum Duft angebotene Sortiment an Düften aus dem Hause Widian lässt mich aber gedanklich gleich eine kleine Notiz an mich selbst schreiben, denn da sind einige Eaux de Parfum hinzugekommen seit 2015, die hier noch überhaupt nicht rezensiert wurden. Das sollte dringend geändert werden! 🙂
Dorasima – Pana Dora Sweden
Widmen wir uns zuerst Dorasima des schwedisch-syrischen Nischenduftlabels Pana Dora Sweden, das 2019 von Ibrahim Al Zouabi im småländischen Emmaboda gegründet wurde. Wir erinnern uns, die Marke huldigt der Schönheit Schwedens, der Geschichte, der Natur und den Traditionen des Landes ebenso wie seinen Menschen, seiner Offenheit und seiner mitunter unendlich erscheinenden Weite. All dies verbindet Al Zouabi, der auf eine über dreißigjährige Karriere als Parfümeur für namhafte Unternehmen zurückblicken kann, mit den seinen orientalischen Wurzeln und erschafft so eine ganz besondere Duftatmosphäre, die für das oftmals eher minimalistisch-kühle nordische Land sehr üppig erscheint, aber dank der exzellenten Kreationen absolut passend und stimmig ist.
Pana Dora Sweden kündigt einen floral-fruchtigen Duft an und die Ingredienzien bestätigen dies: Bergamotte, Zitrone, Orange, Rose, Jasmin, Orangenblüte, Maiglöckchen, Veilchen, Zedernholz, Sandelholz, Adlerholz (Oud), Moschus, Ambra, Vanille und Leder. Das klingt spannend und lässt auf etwas Großartiges hoffen.
Frühlingshafter Blütengruß
Fein-zitrisch eröffnet ein bunter Strauß an Hesperiden Dorasima, den jüngsten Spross aus dem Hause Pana Dora Sweden. Alsbald untermalen cremig-pudrige Weißblüher die herb-spritzigen Zitrusfrüchte, nach und nach intensiver werdend und schließlich das Duftruder übernehmend. Die trocken anmutenden Wassernoten des Maiglöckchens – ein olfaktorisches Paradoxon, aber genauso wahrnehmbar – treffen auf zarte Orangenblüten und cremig-hellen Jasmin. Die Zitrusfrüchte akzentuieren dieses Blütenbouquet nach wie vor, schenken ihm Frische und Leichtigkeit.
Rose und Veilchen sorgen für weitere süßlich-florale Facetten und erzeugen damit eine Vielschichtigkeit, die Dorasima Tiefe und Intensität verleiht. Sandelholz, Ambra und Vanille tauchen das Eau de Parfum in eine holzig-würzige Wärme, die überaus behaglich und wohlig wirkt. Zedernholz unterstreicht diese olfaktorische Stimmung, während feinstes fließendes Wildleder den Duft umhüllt und pudriger Moschus ihm eine federleicht anmutende Basis bietet.
Persönlich würde ich Dorasima eher Frühling und Sommer zuordnen, denn der kühleren Jahreszeit, von der die Kreation aus dem Hause Pana Dora Sweden inspiriert sein soll. Doch vielleicht ist es genau eben jener Zauber der wärmeren Jahreszeit und die Gedanken daran, die in den langen, dunklen und eisigen Wintern in Schweden für Hoffnung auf Sonne und Wärme sorgen. Dorasima jedenfalls wäre als olfaktorischer Hoffnungsschimmer absolut geeignet. Er verströmt üppige, cremig-betörende und liebliche Blütennuancen, akzentuiert mit Zitrusfrische und untermalt von beständig-warmen Holznoten. Ein präsenter, aber nicht aufdringlicher Duft, der stets Haltung wahrt und mit einer beachtlichen Haltbarkeit aufwarten kann. Freunde von prächtigen Blüten-Holz-Kombinationen sollten sich diese Kreation unbedingt auf ihre Zu-testen-Liste setzen. 🙂
Aswan – Widian
Nun zu unserem zweiten Kandidaten aus dem Hause Aj Arabia bzw. Widian. Ein Eau de Parfum mit einem Parfumöl-Anteil von satten 24 %, wodurch man es eigentlich schon als Extrait de Parfum bezeichnen könnte. Widian selbst kategorisiert es aber als Eau de Parfum und so füge ich mich in dieser Hinsicht selbstverständlich. Aswan gehört zu der Sapphire Collection, die neben dem heutigen Kandidaten auch noch die Kreationen London und New York beinhaltet. Alle drei sind in – nomen est omen – saphirblaue Flakons gehüllt, deren Formgebung von der prächtigen Scheich-Zayid-Moschee in Abu Dhabi inspiriert ist, der Heimatstadt des Dufthauses Widian. Das Trio dreht sich um beeindruckende Städte und ist eine „Hommage an die Metropolen dieser Welt“.
Die Hieroglyphen, die den Flakon von Aswan in strahlendem Gold zieren, weisen den Weg eindeutig Richtung Ägypten. Aswan ist also eine Reminiszenz an die historisch eindrucksvolle Nilstadt Assuan, vor deren Toren sich der berühmte und gleichnamige Staudamm befindet. Die Geschichte Assuans reicht bis in 4. Jahrtausend v. Chr. zurück. In der Antike waren die zahlreichen Steinbrüche rund um die Stadt Quelle für wertvolle steinerne Rohstoffe, die für den Bau von Pyramiden und Tempeln uvm. verwendet wurden. Durch die strategisch günstige Lage am Flussufer konnte das steinerne Gut per Schiff relativ einfach an sein Ziel transportiert werden.
Wie schon Pana Dora Sweden möchte auch Widian Orient und Okzident miteinander verbinden. Die traditionellen Werte der arabischen Parfümeurskunst mit der modernen der westlichen Welt in Einklang bringen. Hier vereint das Abu Dhabische Nischenduftlabel selbstverständlich nicht den Orient mit Schweden – wie es Ibrahim Al Zouabi tut –, sondern vielmehr mit der französischen Haute Parfumerie, die der Markengründer Ali Al Jaberi bei seinem Aufenthalt in Paris lieben lernte.
Die zwei Kollektionskollegen von Aswan namens New York und London wurden von Jordi Fernández kreiert. Ich vermute daher stark, dass auch die dritte Kreation im Bunde der Sapphire Collection aus seiner Feder stammt. Eine Anfrage an die Marke ist diesbezüglich gestellt. Sobald ich mehr weiß, werde ich das hier selbstverständlich vermerken.
Gesichert sind die Duftnoten des Eau de Parfums Aswan: Bergamotte, Rosa Pfeffer, Himbeere, Veilchenblätter, Zedernholz, Ambra, Patchouli, Vanille, Tabak, Cumarin, Moschus und Leder.
Am Ufer des Nils
Herb-grüne Bergamotte trifft auf eine trockene Pfefferschärfe, was den Auftakt von Aswan überaus prickelnd und spritzig-leicht gestaltet. Himbeere streut eine Prise säuerliche Fruchtigkeit hinzu. Veilchenblätter und Zedernholz bringen krautig-grünliche und saubere Holznuancen ins Spiel, während dunkle Ledernoten dem Duft Tiefe und Volumen schenken.
Patchouli unterstreicht diese fein-ledrigen Facetten mit einer subtilen cremigen Erdigkeit. Tabak verleiht Aswan aromatische Wärme und kommt dabei ohne die sonst gerne mit der Duftnote assoziierte Honigsüße aus.
Cumarin und Vanille sorgen für würzige Momente, die an die typischen heuartigen Noten der Tonkabohne erinnern und sich wunderschön in das ledrig-grünliche Ensemble des Dufts einfügen.
Weich, warm und würzig ist Aswan, erfrischt von Bergamotte und Himbeere, akzentuiert durch Rosa Pfeffer. Ein feiner und eleganter Lederduft, der überaus entspannt, in sich ruhend und absolut modern. Die neuste Kreation von Widian präsentiert sich als distinguiert auftretender und stilvoller Duftbegleiter, den ich mir – ob seiner vornehm-zurückhaltenden Art – durchaus auch als Duft für Büro und Alltag vorstellen kann. Ein wunderschönes Eau de Parfum mit mittlerer Präsenz und einer guten Haltbarkeit, das richtig Lust auf mehr macht. Ich verspreche, die noch fehlenden Düfte von Widian in Bälde nachzurezensieren. 🙂
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