Von infernalischen Feuern…

… ist da die Rede und die stammen diesmal aus dem gemeinhin eher kühlen Hamburg: Fuoco Infernale heißt er, der neue Duft aus dem Hause Linari. Aufregendes von Herrn Diersche ist man ja gewöhnt, trotz allem versetzt es zumindest mich ein wenig in Verwunderung, dass sich ausgerechnet Egon Oelkers für die olfaktorische Umsetzung jenes rassigen Elements verantwortlich zeichnet. Sicher, er ist neben Mark Buxton und Maurice Roucel einer jener Topparfumeure, die die bisherigen fünf Düfte des Hauses schufen, das ansonsten für seine formidablen und formschönen Raumdüfte bekannt ist, über die ich ja schon des öfteren geschwärmt habe. Hinter Zunder und Feurigem hätte ich allerdings eher Monsieur Baxton vermutet, den Wahlpariser mit den Zauberhänden für Weihrauch und Konsorten, denn Oelkers ist eigentlich der Meister der dezenten Opulenz (ja, das geht zusammen, und wie!), was er bei Thorsten Biehls Parfumkunstwerken auch schon eindrucksvoll unter Beweis stellte.

By KavewallCC BY 2.5 –> https://creativecommons.org/licenses/by/2.5/

Egal. Nun nimmt sich Linari also erneut dem Essentiellen an, jenen Urelementen, denen auch bereits eine der frühen Raumduftserien im Diffusorenbereich gewidmet war. Fuoco, der Raumduft, wartete mit heftig Patchouli in der Basis auf – bei Oelkers geht es da wesentlich subtiler zu: Kein Patchouli weit und breit, das darf schon einmal verraten werden, dieses Feuerchen tickt anders, und zwar mit folgenden Ingredienzen: Kopfnote: Nelke, Myrte, Majoran, Birke, Labdanum (Zistrose), Zimt, Hölzer; Herznote: Iris, Tonkabohne, Weihrauch; Basisnote: Leder, Moschus, Ambra, Atlas-Zedernholz, Gurjunbalsam.

Painting La Divina Commedia Inferno canto 17 by Ignace Graba (2003) via Wiki Commons; CC BY-SA 3.0 –> https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en

Das Tor zur Hölle stößt leise Birke auf, die ich tatsächlich erahne und zu erkennen behaupte, obgleich mir außer Birkenteer als Tauersche Pflichtzutat bisher noch keine untergekommen ist, holzig und mit einer leichten Süße versehen, die pudrig-moosige Anklänge besitzt. Pfeffrige Nelke vermag ich im Hintergrund zu entdecken, die sich allerdings recht zivil präsentiert und ebenfalls süßlich-krautiger Myrte, die einem mit ihrer an Eukalyptus gemahnenden mentholischen Ausstrahlung den Brustkorb weitet. Je länger mir der Duft von meinem Teststreifen aus entgegenströmt, desto homogener wird er in seinem Erscheinungsbild und desto schwieriger fällt mir das Auseinanderdröseln der verschiedenen Zutaten: Samtige warme Harzigkeit mit einem Tupfer Zimt und einem Hauch Rauch fällt mit sanften Hölzern zusammen auf einem weichen Moschusbett, geerdet im wahrsten Sinne des Wortes von samtig-ledrig-erdiger Iris und verhalten krautigen Akzenten sowie einer subtilen Süße.

„Fenix“ – scan I.I Schipper 1660 graveur Matthius Merian naar J.Jonstons‘ „Naekeurige Beschryvingh van de Natuur“ via Wiki Commons, gemeinfrei;

Dante hätte an diesem harzig-erhabenen Feuer sicher seine wahre Freude gehabt, wenn er ein Duftfan war – fest steht aber, dass dieses Feuerchen sophisticated ist, wie nicht anders von Oelkers zu erwarten war: Keine Höllenbrut weit und breit (deshalb auch weder Bilder von Gustav Doré, der Dantes La Divina Commedia bebilderte, auch kein William Blake dazu oder Hieronymus Bosch), ehrlicherweise auch keine Höllenglut, vielmehr ein Himmelslodern – ein zartes graues glimmendes Feuer, hell und von samtig-holziger Pudrigkeit – so riechen eher Engel, in jedem Falle aber keine gefallenen.Auf meiner Haut aber entpuppt sich Fuoco Infernale leider nicht so phänomenal wie auf dem Teststreifen – wie Phönix aus der Asche hätte der Duft von meinem Handgelenk emporsteigen können… nur leider mag er das nicht, wie sich nach wiederholtem Testen zeigt. Mein Phönix verharrt in der Asche, will nicht, steckt vielleicht fest? Ich weiß es nicht. In jedem Falle offenbart mir meine Haut keine der Wunder, die der Teststreifen zu vollbringen vermochte, der mich anfänglich zur Bildung einer Gänsehaut animierte. So schade. Ich dachte nach anfänglichem Beschnuppern der Flasche einen neuen Herbst-Winter-Must-Have-Duft gefunden zu haben… Jammer. Deshalb, Ihr wisst es ja eh ohnehin schon alle, was erzähle ich Euch: Bitte vorher auf der Haut testen! Ich wünsche Euch einen aufsteige- und fliegewilligen Phönix, das Potential hat das Linarische Feuer durchaus.

Einen schönen, jetzt hoffentlich auch ein bisschen aufgewärmten Tag wünscht Euch

Eure Ulrike

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

7 Kommentare

  1. Stefan
    21. Oktober 2010
    Antworten

    Coer de Vétiver Sacré

    Wann ist der eigentlich im Laden?

  2. Margot
    22. Oktober 2010
    Antworten

    Lieber Stefan,

    Du warst wohl zu schnell, schau heute unter den „neuen Artikeln“ hab ihn gerade gesehen.

    LG, Margot

  3. Ulrike
    26. Oktober 2010
    Antworten

    Yep, endlich ist er da. Ich habe auch schon mit den Hufen gescharrt 🙂

  4. Margot
    27. Oktober 2010
    Antworten

    Ommmmmmm, nein ich bestelle keine Pröbchen und keinen Duft! Ich kann noch 2 Wochen warten 😀

    LG, Margot

  5. Ulrike
    29. Oktober 2010
    Antworten

    Hast Du denn nicht schon bei mir geschnuppert neulich?

  6. Margot
    29. Oktober 2010
    Antworten

    DEN hast Du mir vorenthalten liebe Uli 🙂 (oder nicht gefunden oder so)

    LG, Margot

  7. Ulrike
    29. Oktober 2010
    Antworten

    Nein, nein, bin mir ziemlich sicher trotz heute durch Infekt vernebeltem Kopf: Habe ihn Dir unter die Nase gehalten, ist aber wahrscheinlich ob dieser Masse an Pröbchen untergegangen 🙂

    Liebe Grüße, die Uli.

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