… steht dieser Tage wieder an und das amerikanische Pendant dazu, Thanksgiving. Ob nun traditionell christlich, an heidnische Ursprünge gemahnend oder ganz losgelöst von Metaphysischem – ein Familienfest ist es immer und geht meist nicht nur einher mit (gemeinsamem) Essen, sondern auch mit den üblichen Erntedekorationen von Getreide, Früchten und Gemüse, Blüten, Gewürzen und so weiter…
An jene Dekorationen erinnert mich ein wenig der neue Duft von Andy Tauer, jenem Schweizer Wunderknabe, der als gelernter Chemiker und Parfumeursautodidakt vor einigen Jahren mit seinem kongenialen L’Air du Désert die Parfumwelt eroberte und selbst den gestrengen Duftpapst Luca Turin zu Schwärmereien hinzureißen vermochte. Seit L’Air du Désert ist einiges passiert, will sagen: es folgten viele weitere tolle Düfte und diesen Herbst ist es nun wieder soweit – gleich zwei Neue beschert uns Herr Tauer, eine weitere Rose, Une Rose Vermeille, der ich mich nächste Woche widmen werde sowie L’Eau d’Épices.
L’Eau d’Épices, auf deutsch Gewürzwasser oder auch Wasser der Gewürze ist, das mag man vielleicht auf den ersten Blick übersehen, eine Hommage an die Orangenblüte, eine der Lieblingsingredienzen Tauers:
„Ich liebe sie einfach, ihre florale Schönheit im Kontrast zu deren indolischer Dunkelheit“ so Andy Tauer.
The Marriage of Heaven and Hell also wie bei William Blake – obgleich das in Anbetracht des Tauerschen Duftes zu martialisch ist, denn so ambivalent mag er bei näherer Betrachtung gar nicht erscheinen: Der Auftakt, den Tauer selbst als „indischen Gewürzkorb“ bezeichnet, offeriert als allererstes eine reife und überaus fruchtige Mandarine, die alsbald Gesellschaft bekommt vom munteren Gewürzereigen: Würzig-scharfer Zimtsüße trifft auf das erdige Nadelholzaroma von Kardamom, während Koriander und Gewürznelke für Pfeffrigkeit, ein gewisses Curryaroma sowie einen Hauch Weihnachtsbäckerei sorgen. Im Herzen zeigt sich große, epische Weite: Die zart an Honig gemahnende Orangenblüte verbindet sich sanft mit dem betörenden Weißblüher Jasmin, der hier in äußerst zivilisierter Gewandung auftritt und den indolischen Charakter, jene Untiefen der Orangenblüte ab und an aufblitzend zum Vorschein bringt. Samtig-erdige Iris und sakral-rauchiger Weihrauch ebnen dem Duft den Weg in seine überaus tauertypische Basis – Harze (Labdanum und Ambra), Tonkabohne und Vetiver, was will man mehr. Warm, würzig, holzig und natürlich ambriert – so kennt und liebt man es, den Tauerschen Untergrund.
Die Ingredienzen: Kopfnote: Zimt, Kardamom, Gewürznelke, Koriander, Mandarine; Herznote: Orangenblüte, Jasmin, Iriswurel, Weihrauch; Basisnote: Labdanum (Zistrose), Ambra, Tonkabohne, Vetiver.
L’Eau d’Épices gehört für mich in den Herbst. Auch wenn Herr Tauer sicherlich recht hat, wenn er L’Eau d’Épices als „Unisexduft“ bezeichnet, der sich sowohl an kalten Winterabenden als auch im warmen Spätsommer/Herbst gut macht oder vielmehr trägt – L’Eau d’Épices ist ein Herbstkandidat. Ein Duft für einen güldenen Herbst voller satter Farben und gütig wärmenden Sonnenstrahlen, den wir hoffentlich die nächsten Wochen noch bekommen werden. Er erinnert, das muß man ihm lassen, zumindest mich ein wenig an Orange Star -Kunststück, auch ein Tauer und ebenfalls Orangenblüte. Allerdings geht L’Eau d’Épices jenes hypnotische Moment ab, jene Über-Hesperiden, die so fokussiert-sauber das Gleißende in Orange Star ausmachten – dem dahingegen diese ausgeprägt schillernde Würzigkeit fehlt, die L’Eau d’Épices innewohnt und diesen zu einem kontemplativen, ja: Herbstduft macht.
Tauerfans werden sicherlich hochentzückt sein, denn, das ist eh schon klar und sei vorweggenommen: Es ist ein typischer Tauer. Für Tauer-Neulinge sei gesagt, daß Herr Tauer sehr haltbare, eindrucksvolle und bestimmte, sehr präsente Düfte macht – entweder man mag sie oder man lehnt sie ab, dazwischen gibt es sicherlich wenig. Ich für meinen Teil liebe jenes olfaktorische Werk, alleine schon für die Wüstenluft, die ich auf den Herbst auch wieder rauskramen muß 😉
Wie geht es Euch? Tauerfans oder eher nicht? Und wenn ja – welche Düfte haben es Euch so angetan?
Liebe Grüße,
Eure Ulrike.
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