Atelier Vesper ist eine niederländische Nischenduftmarke, die sich vorgenommen hat, die festgetretenen Pfade in der Parfumbranche zu verlassen und gewisse Dinge anders zu machen, die in der Welt der Düfte vorgegeben erscheinen. Selbstverständlich ist die Rückbesinnung auf Begriffe wie Nachhaltigkeit, Transparenz und Wohltätigkeit keine komplett neue Erfindung der Marke, die im Jahre 2020 von Erik van Dalen, seiner Schwester Kristel van Dalen und dem guten Freund Marco Ouwerkerk gegründet wurde. Doch könnte die Herangehensweise des Labels unter Umständen doch eine andere sein, als gemeinhin in der Branche gewohnt.
So legt Atelier Vesper einen großen Wert auf Sinnhaftigkeit und Transparenz, auf Unkonventionalität und Einzigartigkeit, all dies für jederlei Geschlecht. Sie wollten es anders machen als andere Firmen in der Prafumbranche. Kein hohes Werbebudget verbraten, wenn man das Geld auch anderweitig besser einsetzen kann und dabei noch Gutes tut. Den Kunden hochwertige und exklusive Luxusparfums bieten, aber zu einem fairen Preis.
Das gesparte Marketingbudget wird stattdessen in der selbst gegründeten Vesper Foundation an ausgesuchte wohltätige Zwecke vergeben: Trees for all, eine niederländische Organisation, die in weltweit Bäume pflanzt, Stichting de Noordzee, eine niederländische Stiftung, die sich dem Schutz der Nordsee verschrieben hat, und Klabu, die sich um Flüchtlinge kümmert.
Fünf Düfte umfasst die Kollektion von Atelier Vesper bislang: Badawï, Ēdhen, Aestas, Esencia und Elea. Alle fünf wurden von einem erfahrenen Parfümeur aus Grasse erschaffen, der auf eine lange Karriere in der Parfümerie zurückblicken kann, der aber namentlich nicht genannt werden möchte. Wir widmen uns heute zuerst den Duftkompositionen Badawï und Ēdhen, bevor wir uns morgen die restlichen drei Eaux de Parfum Aestas, Esencia und Elea näher ansehen werden.
Badawï – Nomaden der Wüste
Das arabische Wort badawī bedeutet auf Deutsch „Nomade“ bzw. „nomadisch“ und bildet den Ursprung für die uns bekannte Bezeichnung „Beduinen“. Jene in der Wüste lebende Nomaden habe ich persönlich bisher immer ausschließlich in der Sahara verortet. Fälschlicherweise, denn Wikipedia belehrte mich eines Besseren. Auch auf der arabischen Halbinsel, der Sinai-Halbinsel, der Badia-Wüste in Syrien und der Negev in Israel sind Beduinen anzutreffen. Vermutlich habe ich die Beduinen mit den Tuareg in einen Topf geworfen – Schande über mein Haupt! Die beiden Nomadenvölker haben wirklich so gar nichts miteinander zu tun.
Zwar dreht sich der Duft Badawï von Atelier Vesper nicht explizit um das Beduinenvolk, sondern – wie uns der Pressetext zum Duft offenbart – um einen lauen Sommerabend am Strand der griechischen Insel Mykonos. Ein Feuer wurde entzündet und der Klang von Trommeln, wie sie auch die arabischen Wüstennomaden benutzen, verleiht dem Moment einen magischen Rhythmus. Diese Melodie setzt Atelier Vesper in Badawï mit den Ingredienzien Rosa Pfeffer, Kardamom, Ylang-Ylang, Immortelle (Italienische Strohblume), Davana, Benzoeharz, Adlerholz (Oud), Tabak, Zedernholz, Patchouli und Moschus um.
Light my fire
Dunkel und würzig, mit harzig-rauchigen Untertönen startet Badawï in den Duftverlauf. Pfeffer, Adlerholz und Tabak sorgen für eine üppige und orientalisch anmutende Atmosphäre, die – trotz aller trockenen Holznoten – weich und behgalich erscheint. Kardamom unterstreicht die würzige Schärfe, während Immortelle und Davana dem Duft krautigen Nuancen schenken.
Süßlich-balsamische Noten schillern im Hintergrund von Badawï, besänftigen die prächtige krautig-harzige Holzigkeit der Kreation ein wenig. Erst im Ausklang zeigen sich dank Zedernholz, Patchouli und Moschus warme, cremige und ein wenig hellere Nuancen, mit denen die Kreation von Atelier Vesper allmählich ausklingt.
Badawï von Atelier Vesper ist ein harzig-würziger Holzduft, prächtig und üppig. Eine wunderschöne und außergewöhnliche Kreation, die ich eher dem Abend und besonderen Anlässen zuordnen würde, denn Büro und Alltag. Kraftvoll ist die orientalische Atmosphäre, die Badawï verströmt. Und dennoch besitzt der Duft auch eine meditative Ader, einen Hauch von Nachdenklichkeit und Melancholie. Ein toller Auftakt dieser neuen Kollektion aus dem Hause Atelier Vesper, der Lust auf mehr macht.
Ēdhen – Zu Besuch im Paradies
Eden, das Paradies, ist die Inspiration für unseren zweiten Duft. Nicht unbedingt im biblischen Sinne, sondern eher die Hotellerie betreffend. Der Pressetext nennt uns nämlich genau jenes südfranzösische Luxusresort, dessen Anblick die drei Gründer von Atelier Vesper dazu anregte, etwas Gutes und Verantwortungsvolles zu tun, was schließlich zur Gründung der Label-eigenen Stiftung führte.
Dennoch war der Name Eden, gleichbedeutend mit dem Paradies als Ort voller Schönheit und Idylle, sicherlich auch irgendwie mitverantwortlich für die Auswahl der Duftnoten, denn diese muten absolut paradiesisch an: Orange, Gewürznelke, Jasmin, Basilikum, Ylang-Ylang, Zypresse, Lavendel, Feige, Anis, Karotte, Styraxharz, Patchouli, Sandelholz und Ambra.
Fruchtige Verführung
Im Zentrum des Auftakts von Ēdhen steht eben jene Frucht, die im Garten Eden als verboten gekennzeichnet war: die Feige. Grünlich-frisch und von einer nektarhaften Blütensüße untermalt offenbart die Feige ihr fruchtiges und verführerisches Antlitz, dem man kaum zu widerstehen vermag. Jasmin cremt im Hintergrund, während die Kräuternoten des Basilikums die Farbgebung der Kreation unterstreichen und mit einer gewissen Schärfe akzentuieren.
Anis verleiht der Kreation außerdem einen kühlen Hauch, der wie eine sanfte Brise durch den Duftverlauf weht. Allmählich nehmen die Weißblüher an Fahrt auf, werden intensiver und üppiger. Die Feige bleibt dennoch deutlich wahrnehmbar. Hinzu gesellt sich pudrige Karotte und die zitrisch-grünlichen Holznunancen der Zypresse. Ambra und Sandelholz sorgen für behaglich-balsamische Wärme, die von den hellen und cremigen Akzenten des Patchoulis untermalt werden.
Ēdhen ist ein strahlender, ein luzider Blüten-Frucht-Mix, der überaus elegant, edel und modern wirkt. Eine anfangs recht intensive, später transparenter werdende Kreation, die echte Blüten- und Feigenliebhaber nicht nur am Abend, sondern durchaus auch in Büro und Alltag tragen können. Meiner Absicht nach perfekt für die wärmere Jahreszeit. 🙂
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