Mit Horatio London tauchen wir in die Welt der Mythologie ab – der römischen und der griechischen wohlgemerkt. Solanus, Aquilo, Phoenicias, Zephyros und Olympias nennen sich die Düfte des jungen Nischenlabels Horatio London, die sich unter anderem um verschiedene Winde drehen.
Und so drehen sich die beiden heute rezensierten Düfte um zwei Winde der römischen Mythologie, nämlich den Nord- bzw- Nordostwind Aquilo und den Ostwind Solanus. Besonderen Wert legt die Marke auf ihre formschönen Flakons, die den Anschein erwecken, als wäre der eigentliche runde Parfumflakon von einem weiteren rechteckigen umschlossen. „Flakon-im-Flakon” nennt Horatio London diese besondere Art der Gefäßgestaltung.
Aquilo – göttlicher Wind
Aquilo ist nicht nur der Name unserer ersten Kreation von Horatio London. In der römischen Mythologie wird so auch der Gott des Nordwinds bezeichnet, der kalte Luft und den Winter ins Land bringt. Bei den Griechen Boreas genannt, war der windige Gott recht umtriebig. Er kidnappte eine Nymphe, um mit ihr mehrere Kinder zu bekommen. Dann nahm er die Form eines Pferdes an, vergnügte sich mit unterschiedlichen Stuten und wurde Vater von einem Dutzend Fohlen. Sein Heimatort war eine Höhle in den Höhen des Balkans, eine Region, die damals als Thrakien bezeichnet wurde.
Auch wenn der Nord(ost)wind aus Sicht der Römer und der Griechen ja eher übers Land kommt, soll dem Duft Aquilo eine maritime Frische innewohnen. Diese erzeugt Horatio London durch Zitrische Noten, Lavendel, Gewürze, Nagarmotha, Rose, Hölzer, Ambra, Gourmand-Noten und Vetiver.
„Der Nordost wehet …
… der liebste unter den Winden mir, weil er feurigen Geist und gute Fahrt verheißet den Schiffern.” Mit den Worten Friedrich Hölderlins, der den Nordostwind anpreist, starte ich in die Duftverkostung. Zitrisch und herb, mit krautigen Lavendelnoten unterlegt, zeigt sich Aquilo im Auftakt. Nagarmotha bringt eine erdig angehauchte Holzigkeit mit ins olfaktorische Spiel, während die Rose für lieblich-florale Nuancen sorgt.
Nach und nach wird Aquilo wärmer und intensiver. Gourmandige Ambranoten schenken der Kreation eine holzig-balsamische Süße und geschmeidige Weichheit. Ein Hauch Vanille durchfließt Aquilo, bevor er schließlich in einer überaus behaglichen und an cremigen Moschus erinnernden Basis ausklingt.
Aquilo von Horatio London ist ein frischer, holziger und krautiger Duft, der nach und nach an Wärme und Süße gewinnt. Sehr elegant, modern und klassisch zugleich zeigt sich die Kreation und offenbart einen ausgewogenen und fein abgestimmten Duftcharakter, der zwar präsent, aber stets zurückhaltend und leicht ist. Ich würde Aquilo als büro- und alltagstauglich einstufen. Jahreszeitlich schwanke ich zwischen ganzjährig tragbar und eher für Frühling und Sommer. 🙂
Solanus – der Ostwind
Der Ostwind der römischen Mythogie wurde Solanus genannt. In Griechenland als Euros bzw. Apheliotes bezeichnet, war Solanus der Sage nach der Bruder unseres zuerst rezensierten Nordwinds Aquilo. Die Eltern der beiden Winde waren der Gott der Abenddämmerung und die Göttin der Morgenröte. Mehr habe ich zu dem Ostwindgott leider nicht in Erfahrung bringen können, da hatte Aquilos Background doch deutlich mehr Klatschpresse- und Skandal-Potenzial.
Horatio London setzt den Ostwind Solanus mit den Ingredienzien Jasmin, Tonkabohne, Safran, Moschus, Zedernholz, Guajakholz, Patchouli, Labdanum (Zistrose) und Nagarmotha um.
Aus Osten kommend
Fein-florale und dezent seifig startet Solanus in den Duftverlauf, mit grünlich-würzigen Nuancen unterlegt. Die heuartigen Noten der Tonkabohne vereinen sich mit sauberem Zedernholz, der sanften Pudrigkeit von Moschus und cremigem Jasmin zu einem hellen, transparenten und eher leisen Duft.
Nach und nach ziehen warme Akzente auf. Eine sanft-holzige Süße, wärmend, sehr weich und dezent-rauchig, zeigt sich in Solanus, zu der sich nach und nach eine zarte Erdigkeit hinzugesellt, die die olfaktorische Melange der Kreation aus dem Hause Horatio London überaus stimmig abrundet.
Wie auch schon Aquilo präsentiert sich Solanus als luftig-leichter und luzider Duft, den ich – trotz der möglichen Opulenz der angegebenen Duftnoten – eher zu den olfaktorischen Leisetretern zählen. Ein distinguierter und eleganter Duftbegleiter, den ich als absoluten Allrounder einstufen würde.
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