Lost Alice und Ray-Flection von Masque Milano – Der vierte Akt der Opera Collection

Der vierte und letzte Akt der Opera Collection von Masque Milano eröffnet mit den Duftkompositionen Lost Alice und Ray-Flection. Langjährige Leser werden sich sicherlich erinnern, dass Masque Milano mit den Akten I bis III bereits hier im Duft-Tagebuch aufgetreten sind (nachzulesen hier) und dabei immer für stehende Ovationen gesorgt haben.

Alice im Wunderland – Macmillan, 1865

Das Konzept von Masque Milano gefällt mir ungemein gut. Vier Akte à vier Szenen. Jede Szene ein Duft, jeder Duft ein eigener Parfümeur. Thematisch dreht sich die Opera Collection um Literatur, Schriftsteller, um außergewöhnliche Orte oder Handwerke, um kulturelle Besonderheiten und Erinnerungen. Wie schreiben Alessandro und Riccardo, die Freunde und Gründer des italienischen Duftlabels so schön? Jeder Akt der Opera Collection ist einer Inspirationsquelle gewidmet: Nach den Akten „Erfahrungen“, „innere Monologe“ und „sentimentale Beziehungen“ folgt nun der vierte Akt „Träume“, der die Kollektion komplettiert und abrundet.

Lost Alice – im Kaninchenbau

Die Geschichte von Alice im Wunderland fasziniert Jung und Alt seit jeher. Lewis Carrolls fantastische wie absurde Geschichte über das Mädchen, dass in einen Kaninchenbau fällt und dort allerlei Abenteuer erlebt, kennt sicherlich jeder. Wie ich werden sich viele an die alte Disney-Verfilmung erinnern. Die Verfilmung von Tim Burton steht nach wie vor noch auf meiner To-watch-Liste.

Die Erzählung Alice im Wunderland ist ein buntes Sammelsurium an originellen Eindrücken und kann sicherlich nicht als Gesamtwerk olfaktorisch umgesetzt werden. Masque Milano und die junge Parfümeurin Mackenzie Reilly – deren Kreationen Meander und Ashore für Amouage ich bereits rezensiert habe (nachzulesen hier) – wählten für Lost Alice eine Szene aus dem siebten Kapitel: „Die verrückte Teeparty” mit dem Hutmacher, dem Märzhasen und der Haselmaus.

Tee, Gebäck und Blumen

Die traumhaft anmutenden Eindrücke der Teeparty veranlasste Mackenzie Reilly zur Verwendung der Ingredienzien Bergamotte, Ambrettesamen, Muskatellersalbei, Schwarzer Pfeffer, Karotte, Iris, Earl Grey Tee, Rose, Sandelholz, Ginster und Milch. Damit scheint die junge Parfümeurin einer Teeparty durchaus gerecht zu werden – deren Verrücktheitsgrad werden wir im Anschluss gleich überprüfen. Außerdem kreierte sie mit Lost Alice den ersten Gourmand-Duft in der Kollektion von Masque Milano.

Lost Alice – ein absolutes Novum

Vom ersten Sprüher an umhüllen mich die warmen und behaglichen Noten von Ambrettesamen und Karotte. Deutlich wahrnehmbar sind schon früh im Duftverlauf die betörenden und lieblichen Blütennoten des Ginsters, deren strahlendes Gelb die Kreation erleuchtet. Anschließend sorgt ein Schuss Milch zusammen mit pudriger Iris für cremige Nuancen, die die feinen und dunklen Zitrusnoten des Earl Grey Tees untermalen.

An Zucker spart der Teetrinker in Lost Alice nicht. Doch sorgen die zart-zitrischen Anklänge dafür, dass die Kreation von Masque Milano nicht in allzu süße Gefilde abdriftet. Sandelholz streut im weiteren Verlauf warme Holznoten ein. Der Duft klingt mit pudrigen und sanften Noten schließlich ganz langsam und gemächlich aus.

MAsque Milano – Lost Alice

Lost Alice ist weniger verrückt als die Duftinspiration aus der Erzählung Alice im Wunderland erwarten lässt. Die Kreation von Masque Milano ist ein cremiger und süßlich-floraler Duft mit intensivem Irispuder und fein-zitrischen Teenoten. Eine olfaktorische Einladung zu sahnigem Schwarztee und köstlichem Carrot Cake in geselliger Runde, umringt von Blüten und Hölzern. Freunde von Iris sowie gourmandigen Duftkompositionen sollten Lost Alice im Hinterkopf behalten oder am besten gleich auf ihre Noch-zu-testen-Liste schreiben. Ein wunderschöner und leiser Duftbegleiter, der für den Alltag ebenso wie fürs Büro geeignet ist.

Ray-Flection – Neon meets Mimose

Für Ray-Flection haben sich Alessandro und Riccardo von Masque Milano mit dem amerikanischen Parfümeur Alex Lee zusammengetan und sich gemeinsam dem Thema Mimose angenommen. Es soll ein Duft der Extreme sein. Ein Übermaß an gelben Blütenpompons, so überzeichnet, dass sie in einem neonfarbenen Orange zu leuchten scheinen.

Diese florale Exzentrik erreicht Alex Lee durch die Ingredienzien Mandarine, Aldehyde, Kardamom, Mimose, Veilchenblätter, Bienenwachs, Zedernholz und Moschus. Insbesondere Honig soll die berauschenden Facetten der Mimose zum Strahlen bringen. Folglich bin ich sehr gespannt wie Alex Lee die gelben Blüten Neonorange verfärbt.

Mimosenblüten

Wieviel Colour Blocking steckt in Ray-flection?

Ray-flection – ein Kofferwort aus ray („Strahlen“) und reflection („Reflexion“) – beginnt mit den würzigen Noten von Kardamom, der sich mit Aldehyden und Veilchenblättern ein geselliges Stelldichein gibt. Doch die grünliche Herbe des Kardamoms dominiert die Duftkomposition im Auftakt.

Bald schon wird Ray-flection von hellen und pudrig anmutenden floralen Nuancen überflutet, die den Kardamom umfließen und mit ihm verschmelzen. Noch würde ich die Farbe des Dufts eher als grünlich beschreiben. Weder Neontöne noch leuchtendes Orange nehme ich in Ray-flection bis zum jetzigen Zeitpunkt wahr. Doch mit einer zitrisch-fruchtigen und dezenten Schalenbitterkeit taucht die Mandarine im Duftgeschehen auf.

Sie schleicht sich auf leisen Sohlen zu den würzig-floralen Noten, umgarnt und umschmeichelt sie. Die süßlich-aromatischen Holznoten des Zedernholzes untermalen die Kreation aus dem Hause Masque Milano schließlich in der Basis und sorgen so – zusammen für eine behagliche und sonnenwarme Atmosphäre.

Masque Milano – Ray-flection

Warm und würzig ist Ray-flection und damit sicherlich eine etwas anders geartete Mimosen- und Neonorange-Interpretation als ich erwartet hätte. Doch das tut der Schönheit des Dufts keinen Abbruch. Denn die Kreation von Masque Milano ist wahrlich zauberhaft. Ein Must-try für alle Kardamomfans und ein unbedingter Ans-Herz-Leger für all jene, die gewürzig-florale Duftkompostionen voller Ruhe und sonniger Entspannheit lieben.

Seid Ihr neugierig geworden? Hier kommt Ihr direkt zu den beiden heute vorgestellten Duftkompositionen:

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Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

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