[aus einer nordwestafrik. Spr.] (Geogr.): trockener, von der Sahara zur atlantischen Küste Afrikas wehender Nordostwind. Quelle: Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 6., überarbeitete Auflage. Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich: Dudenverlag 2007.
Einem Wüstenwind also soll unser heutiger Artikel gewidmet sein: dem Harmattan. Wie im Duden schön beschrieben, ist dieser ein Landwind (weht vom Land auf das Meer hinaus; im Gegensatz dazu weht der Seewind vom Meer Richtung Land), der zu den Passatwinden zählt. Unter letzteren versteht man beständige Winde, die um den gesamten Äquator herum auftreten. Mit diesen gelangten zum Beispiel die großen europäischen Segelschiffe der frühen Neuzeit von Afrika nach Amerika und schließlich wieder zurück nach Europa. Doch genug des Erdkunde- und Geschichtsexkurses, wollen wir uns doch heute dem Düftchen Harmatan Noir von Parfumerie Générale widmen, der vom gleichnamigen heißen Saharawind inspiriert ist und nicht den Handelsbeziehungen zwischen Europa und Amerika zu Zeiten der großen Seefahrer und Entdecker.
Nun, ganz ehrlich, das Wetter könnte im Moment nicht unpassender sein für die Rezension eines Duftes, der von der Sahara inspiriert ist: es regnet in Strömen. Und trotzdem passt der Wüstenduft, dem ersten Probeschnupperer nach, irgendwie zu diesem Wetter. Denn einerseits erweckt der Duft sogleich vollaride Assoziationen in mir, gleichzeitig kann ich ihn mir aber nur schwerlich bei heißem Wetter vorstellen. Zumindest nicht bei dem heiß-schwülen Wetter hier ins Deutschland. Mmh, da er eigentlich als Duft für die wärmere Jahreszeit (oder die wärmeren Breitengrade?) konzipiert ist, sollte ich vielleicht meinen nächsten Urlaub in der Wüste verbringen, um im Feldversuch auszutesten, ob Harmatan Noir denn nun bei trockener Hitze meinem Näschen mundet. 😉
Doch nun als fröhliche Testen! Hier zu allererst einmal die Duftnoten: Minze, Salzige Noten, Zitrische Noten, Getrocknete Blüten, Kräuter, Hölzer, Tee.
Direkt zu Beginn dominieren bitter-herbe Teenoten. Ab und an schillern minzige Anklänge durch, die sich aber deutlich von den uns bekannten Pfefferminzteenoten unterscheiden, viel dunkler, kühler sind. Intensiv rauchige Nuancen und eine salzige Kühle unterstreichen das kräftige Schwarzteearoma, schenken ihm eine beinahe staubig-sandige Trockenheit. Genau hier sehe ich vor meinem inneren Auge die rötlich-goldenen Dünen der Sahara vor mir. Den Blick gen Meer gerichtet – ja, in meinem Wüstentraum liegt die Sahara direkt am Meer, ein einziger riesiger Strand sozusagen 😉 – stehe ich im sandigen Nirgendwo, die Luft ist schneidend-trocken. In diesem Glutofen der Sonne trifft mich eine kühlend-salzige Brise von meerwärts und vermischt sich mit dem heißen Dampf der Tasse dunkelbraunfastschwarzen Tees in meinen Händen. Neben mir ein ebenso reizender wie attraktiver Wüstensohn, der behände mit Kräutern, Blüten und Minzbüscheln herumwedelt, alle getrocknet in der gleißenden Sonne der Wüste. Rauch steigt vom Lagerfeuer auf und trägt die Noten der glimmend-holzigen Glut zu mir herüber…. Tja, wie Ihr seht, ist meine Assoziation mal wieder ein wenig romantisch-verklärt. 😉
Und doch bleibt, nach Abzug der ganzen Romantik (Adieu, Du schöner Wüstensohn!) ein recht realistisches Schnupperbild des Duftes übrig: Den gesamten Duftverlauf durchziehen quasi schwarze Teenoten, mal mehr, mal weniger stark, begleitet von einer salzig-trockenen Sandigkeit (oder sandig-trockenen Salzigkeit?). Getrocknete Minze und Kräuter erzeugen dunkle und dennoch kühlend-aromatische Aspekte, während getrocknete Jasminblüten dezent-florale Noten im typischen Potpourri-Stil verströmen. Rauchige Noten schenken dem Teeduft Lapsang Souchong-Facetten. Im Hintergrund offenbart sich eine zitrische Schärfe, die mich spontan an Zitronenpfeffer denken lässt und die die kühle Trockenheit des Duftes gekonnt unterstreicht. Nach einem ausgiebigen und unglaublich langen Duftverlauf lässt sich Harmatan Noir schließlich auf ein Lager aus (natürlich staubtrockenen) Hölzern nieder. Oh, là, là!
Fürwahr ein außergewöhnliches Düftchen, der schwarze Wüstenwind! Einer, der die Gemüter spaltet: entweder man liebt ihn oder eben nicht. Ich glaube, dazwischen gibt es wenig Spielraum. Aber wenn alle immer das Gleiche toll finden würden, wäre das ja auch irgendwie doof, nicht wahr?
So, nun denn verbleibe ich noch ein bisschen in meiner Wüstentraumlandschaft und ignoriere das trübe Nass draußen vor meinem Fenster einfach! Mein Wüstenkavalier hat mir bestimmt schon wieder ein neues Tässchen Tee aufgesetzt. 😉
In diesem Sinne wünsche ich Euch ein schönes Wochenende,
Eure Stephanie.
Hallo Stephanie,
muss ich jetzt googeln, um rauszufinden, von wem der Duft ist?
LG,
Margot
Liebe Margot,
ja, ich dachte mir, ich mache das alles ein bißchen interaktiver 😉
Nein, natürlich nicht! Ich habe doch tatsächlich vergessen, das Parfumhaus zu erwähnen. Vor lauter Wüstenprinz und Saharaluft hab ich das wohl völlig verschwitzt. 🙂
Das Werk ist von Parfumerie Générale, der Parfumeur ist Pierre Guillaume. Ich werde das an geeigneter Stelle im Text noch nachtragen…
Liebe Grüße, Steffi
Hi, Stephanie,
um es gelinde auszudrücken, du hast mich neugierig gemacht! Zumal ich bei dem derzeitigen Wetter auch die warm-trockenen Düfte besonders mag
liebe Grüße, Angelika
Liebe Steffi,
nach Deiner Beschreibung musste ich den Duft testen – er ist so schön und darf – nein muss – bei mir einziehen. Im Winter Tea for two und jezt den „Wüstensohn“. Deine Assoziation ist recht hartnäckig ;-)).
Liebe Christiane,
hehe, vielleicht entwickelt sich das ja zu so einer Art Geheimsprache unter den Dufttagebüchlern: der Wüstensohn und der Räucherschinken sind zwar im Moment die einzigen die mir einfallen…. aber das kann sich ja alles noch eintwickeln 😉
Schön, dass Dir der Duft gefällt. Ich finde ihn auch toll. Leider kam ich ja anoch nicht dazu Tea for Two zu testen, das muss ich aber für Herbst/Winter auf jeden Fall nachholen. Nachdem ich nun auf das Teegeschmäckchen gekommen bin. Bin schon auf jeden Fall schon sehr gespannt!
Viele liebe Grüße,
Steffi
Oh es gibt noch ein paar Geheimvokabeln: Lui, der Raubtierkäfig oder das von mir noch leider (?) nicht probierte Kamel in der Zahnartzpraxis. Ich bin sicher den anderen fallen noch mehr ein;-)
Exakt Christiane, guut! 🙂
Dann wäre da noch Nili, das Nilpferd von Le Labo (Oud 27), aber mehr kommen mir gerade auch nicht in den Sinn… Ich muß mal in mich gehen 😀
Haha, was ist denn das Kamel in der Zahnarztpraxis? Jetzt bin ich neugierig! 🙂
Das Kamel heißt in Wirklichkeit: Mukhallat al Shams von Ajmal.
Und dann gibt es noch Katzenpippi on the rocks = Dammuso von Pantelleria.
Aaaaachtuuuung!
Jetzt erscheint bestimmt bald das Lexikon der „Düfte und Ihre Namen unter Kennern“ 🙂
LG, Margot
Hahaaaaa, ja genau! 😀
Die Idee ist sehr gut – und von dem Erlös werden weitere schöne Düfte gekauft, neu getauft, im Folgeband dann aufgeführt usw. Ein monetäres und olfaktorisches perpetuum mobile;-)