… ist die neueste Kreation aus dem Hause BOIS 1920. Für die florentinische Familie ist das Jahr 2020 ein ganz besonderes: Hundert Jahre ist es her, seitdem sie die duftende Muse küsste und der olfaktorische Funke übersprang. Die Passion für Parfums, die Hinwendung zur Duftherstellung, die damals zum Lebensinhalt der Galardis wurde, visionär mit Herzblut und Kunstfertigkeit bis zum heutigen Tag zelebriert.
Die Geschichte der Familie möchte ich Euch selbstredend nicht vorenthalten, falls Ihr sie noch nicht kennt:
„Florenz, als Wiege der Renaissance bekannt, eine der schönsten Städte weltweit und Heimat der Familie Galardi. In den malerischen Hügeln rundherum nahm die Geschichte der Marke BOIS 1920 ihren Anfang: Guido Galardi sammelte und erntete dort auf den fruchtbaren Feldern in der Natur die Zutaten für seine ersten Rezepturen. Aus diesen schuf er ätherische Öle und duftende Tinkturen, die er in seiner 1920 gegründeten Bottega Italiana Spigo erfolgreich feilbot.
Zwei Generationen später besonnen sich seine Nachfahren, allen voran sein Enkel Enzo Galardi, auf die Familientradition der Parfumeurskunst – die Geburt der Marke BOIS 1920, die ihren Namen in Erinnerung an die Ursprünge und zu Ehren des Großvaters trägt.“
Hier ein Video der Marke aus 2019:
Zugegeben – eine Generation haben die Gene wohl übersprungen hinsichtlich der Parfumherstellung, denn die ursprüngliche Bottega von Guido Galardi wurde von seinen Kindern wohl nicht weitergeführt. Dafür waren die Enkel wieder an Bord – irgendwie kommt mir das bekannt vor … Mein Vater ist Physiker, das war und ist für mich seit jeher ein spannender Bereich, aber ich habe das Fach bereits in der Schule abgewählt, um mich eher der Literatur, Geschichte und den schöngeistigen Orchideenfächern zu widmen. Mittlerweile können wir uns auf Mathe einigen, an der ich dann doch, nachdem es mir ein paar Lehrer*innen vermiesten, erneut „Gefallen“ gefunden habe. Kennt Ihr das auch irgendwoher?
Die Galardische Enkelgeneration allerdings lässt es schon seit Jahren „krachen“, was Düfte angeht: BOIS 1920 ist nicht die einzige Marke der Florentiner, darüber hinaus hatten sie noch ODORI im Portfolio, die irgendwann vom Markt genommen wurden, sehr zum Leidwesen vieler Parfumistas. ODORI gibt es – nebenbei bemerkt – wieder, in neuem Gewand und mit neuem Namen: Profumo di Firenze heißen sie nun, die Düfte wurden überwiegend erneut aufgelegt. Einige davon wurden etwas überarbeitet (nicht so der sagenhaft schräg-einzigartige Gli Odori, der jetzt „nur“ Odori heißt, einer der schönsten Krautlingee der Parfumwelt; darüber hinaus ist auch Cuoio gleich geblieben, ein Lederling allererster Güte). Ebenfalls erfreulich in diesem Zusammenhang: die Flakons, die meines Erachtens nur von einem Mann ersonnen werden konnten – groß, klobig mit Holzverkleidung, nicht unschön, aber vollkommen unpraktisch, weil man mit gar nicht mal so zarten Frauenhänden dennoch Probleme hatte, die Flasche einhändig zu halten und gleichzeitig den Sprühkopf zu bedienen – wurden gegen Less-is-more-Flaschen ersetzt, sehr einfache, minimalistisch gehaltene Flakons, dafür hat sich der Preis allerdings auch annähernd halbiert auf, ich meine um die 80 Euro pro 100 ml. Wer ODORI vermisst hat, darf gerne zukünftig Ausschau halten, sie sind schon beim deutschen Vertrieb erhältlich, wurden aber zwecks ihres Neustarts auf unserem Markt durch Covid-19 leider etwas ausgebremst (auch hinsichtlich Lieferung etc., Italien war ja mit als erstes Land Opfer der Pandemie).
Aber kommen wir zurück zu unserem heutigen Duftthema, der Novität aus dem Hause BOIS 1920: Centenario trägt die Zahl Hundert im Namen und steht damit in bester Tradition, siehe Lamborghini 😉 Der Duft ist demgemäß als eine Art Geburtstagsgeschenk zu sehen, das BOIS 1920 sich und ihren Kunden, den Fans der Marke machen. Grund genug, ihn uns heute gemeinsam anzusehen!
Happy Birthday! BOIS 1920 CENTENARIO
„Mit CENTENARIO feiern BOIS 1920 ihre seit hundert Jahren gepflegte Familientradition – ein Geschenk an die Liebhaber ihrer Düfte, an Parfumistas weltweit. Eine Kreation, die sich vor der Historie und Handwerkskunst der Familie verneigt und gleichermaßen in die olfaktorische Zukunft weist, magische Duftmomente erschaffend.
Iris, das Wahrzeichen der florentinischen Heimat, steht im Fokus von CENTENARIO: Eine seltene Schönheit, sinnlich und stolz. Im exotisch-weißblühenden Quartett tönt sie zugleich pudrig und cremig, erdig und sacht ledrig, umrahmt von zart-würziger Kokos. Sandelholz und Moschus spenden Wärme und Weichheit, verleihen dem Duft raffiniert seinen letzten Schliff.
Herausragend & majestätisch – CENTENARIO.“
Die Ingredienzen:
Kopfnote: Ylang-Ylang, Tiaré, Bergamotte
Herznote: Iris, Kokosnuss, pudrige Noten
Basisnote: Sandelholz, Jasmin, Moschus
Parfumeur: Cristian Calabro
Wenn schon, denn schon – eine Iris gehört, zumindest als schmückendes Beiwerk, in meinen Augen in jedem Fall in einen Duft, der sich auf die Historie und Tradition der florentinischen Parfumherstellung bezieht oder besser: sich von dieser inspiriert sieht. Diese Schönheit, von der genau genommen nicht ihre herrliche Blüte, sondern die eher unscheinbare Wurzel zu einer der Lieblingszutaten der Parfumeure wurde, wächst bekanntermaßen wild im Umland der Renaissancestadt. Darüber hinaus findet sich in Florenz auch der Giardino dell’Iris, der Irisgarten, zu finden am südlichen Rand der Innenstadt in der Nähe des Arno am Piazzale Michelangelo.
Jener Giardino dell’Iris verdankt sein Entstehen, seine Errichtung der Idee zweier Iriszüchterinnen, Flaminia Specht und Nita Stross-Radicati, die eine Stätte suchten für den seit 1954 in Florenz in Kooperation mit der italienischen Irisgesellschaft ausgetragenen Wettbewerb „Premio Firenze“. Iriszüchter aus aller Herren Länder nehmen daran teil, schicken ihre Rhizome nach Florenz, wo diese drei Jahre lang angepflanzt und kultiviert werden, bevor sie von einer internationalen Jury begutachtet werden. 1957 eröffnete man den Giardino dell’Iris, der nach einem Entwurf des Architekten Zetti gebaut wurde. Damit der Garten nicht „nackt“ ins Leben starten musste, beteiligten sich Iriszüchter und -liebhaber weltweit mit gestifteten Irisrhizomen, darüber hinaus auch der Presby Memorial Garden (USA), der eine ganze Sammlung wertvoller Rhizome spendete. Im übrigen wird von der Stadt Florenz, die damals auch das Grundstück für die Anlage bereitstellte, immer auch ein Sonderpreis für diejenige Iris verliehen, deren Rotton der Farbe der Wappenvertreterin am nächsten kommt.
Auf den ersten Blick sieht die Wappeniris aus wie eine Lilie – was sie ja auch ist, eine Schwertlilie. Seit einigen Jahrhunderten ziert sie schon das Wappen der Stadt Florenz, wobei nicht ganz klar ist, warum sie darauf gelandet ist. Historiker vermuten einerseits, dass es schlicht daran liegt, dass man sie rund um die Stadt in der Natur findet. Andererseits existieren noch einige weitere Theorien wie beispielsweise diejenige, dass es auf ihre symbolische Bedeutung der Reinheit zurückgehen könnte – Florenz frönte seit jeher dem Marienkult und ist als fromme Stadt bekannt.
Jetzt aber zu Centenario: In einem schwarzen Flakon kommt er daher, und zwar mit schicker Dégradé-Optik, ergo einem Farbverlauf. Den gab es zwar auch bei Damenhandtaschen von Prada sowie seit einigen Jahren beim Starfriseur als auch dem „Hairsalon“ um die Ecke für die Frauenwelt, dennoch wirkt er im Falle von Centenario eher maskulin.
Das führt vielleicht gefühlt und/oder gedanklich etwas in die Irre, denn Centenario ist ein Unisex-Duft mit einer Tendenz gen Weiblichkeit, das steht fest – und verwundert auch nicht weiter, wenn man einen Blick auf die Ingredienzen risikiert.
Eine Vollblutiris ist Centenario, die all jene Facetten zum Strahlen bringt, für die Irisliebhaber diese Blume oder besser: Wurzel in Düften so lieben. Pudrig und gleichermaßen erdig zeigt er sich, skinnig auf eine Weise, wie ein sorgsam behandelter Körper, dessen sacht-warme Haut gerade frisch gepflegt wurde, was durch die zart-floralen Ylang- und Tiaré-Blüten sanft verstärkt wird. Anklänge einer edlen Cremigkeit zeigt Centenario demgemäß, „wabert“ wohltuend über die Haut, umhüllt sie, lässt sie irisierend-würzig wirken. Und, der eher männlich(er) anmutende Aspekt des Parfums – Ledernoten. Für mein Näschen eher Glattleder, in jedem Fall aber butterweich, elegant, exquisit. Irgendwo darin, dahinter verbirgt sich eine subtil-kokelige Note, die ich als eine Art geröstete Kokosnuss wahrnehme – ein interessanter Kontrast, der perfekt passt, aber nicht über die Maßen gourmandig erscheint, obschon ihm eine gewisse konventionell verstandene „Nussigkeit“ innewohnt, will sagen – Walnuss, Haselnuss oder ähnliches. Vielleicht auch eher Cashews, denn diese sind buttriger, ein Aspekt, der auch Centenario ausmacht.
Alles in allem ist Centenario eine Iris-Vertreterin, die sich nicht vor den Ikonen, den Großen ihrer Familie verstecken muss. Ein ausdrucksstarker Irisduft, der sich dank seiner ledrigen Töne nicht auf das feminine Geschlecht festlegt und durch besagte buttrig-nussige Kokoswürze das gewisse Etwas verliehen bekommt. Wer Iris schätzt, kommt definitiv nicht um einen Test herum, meine Lieben!
Einen schönen Tag Euch noch und viele herzliche Grüße
Eure Ulrike
Schreibe den ersten Kommentar