… stehen heute auf dem Programm.
[Ich hoffe, Ihr erinnert Euch an meinen ersten Artikel zu unserer neuen Marke BOHOBOCO, der ersten Marke aus Polen, die wir in unserem Sortiment begrüßen dürfen. Vor meinem (wie immer zu kurzen) Urlaub hatte ich Euch die Marke vorgestellt, das Fashion Label von Kamil Owczarek und Michał Gilbert Lach, seht hier. In diesem Auftaktartikel findet Ihr auch die Rezensionen zu den ersten beiden Düften, zu Coffee White Flowers und Eucalyptus Patchouli, die mir ausnehmend gut gefallen haben (vor allem der herrliche Kaffeeduft … ich schwärme immer noch).]
Tja, eigentlich … hätte der Artikel gestern VOR meinem Urlaub kommen sollen – er schlummerte nur leider als Entwurf vor sich hin, weil ich versehentlich den falschen Button gedrückt hatte. Insofern ist wohl vor dem Urlaub in diesem Fall nach dem Urlaub 😉
Heute folgen zwei weitere Düfte der insgesamt bisher acht Parfums umfassenden Kollektion – ich bin schon sehr neugierig auf Geranium Balsamic Notes und Olibanum Gardenia.
Ein Traditionalist aus Großmutters Garten – Geranium Balsamic Notes
„The composition that brings an element of sensual mystery. The delicate balsamic notes in essential oils blended into the penetrating scent of geranium. The unity of aromas results in a refined production of elegant perfumes. The unique overture of the apparent ambivalence.“
Die Ingredienzen:
Kopfnote: Wacholderbeeren, Lorbeer
Herznote: Zedernholz
Basisnote: Zedernholz, Geranium, Weihrauch, Balsamische Noten
Geranium Balsamic Notes bezieht seine Inspiration aus der Kindheit von Michal:
„Michał Gilbert Lachs Erinnerung an seine Großmutter: In ihrem Haus lag stets der leicht würzige Hauch von Geranien in der Luft. Sie hegte und pflegte diese Pflanze zu Heilzwecken. Der Duft dieser Blume bedeutet die emotionale Rückkehr zu einer behüteten und unbeschwerten Kindheit.“
In der Duftbeschreibung seitens des Vertriebs sind noch ein paar mehr Noten gelistet als separat angegeben – Vetiver und „Feigenbaum“ lese ich da (Blätter, Früchte, …?) sowie Moschus, schauen wir mal, ob mein Näschen sie wiederfindet …
Vetiver – ja, na klar, den erkenne ich sofort. Und er passt sowas von perfekt zu der Geranienimpression, die uns Michal und Kamil mit ihrem Geranium Balsamic Notes präsentieren. Herb-würzig und floral-erdig zeigt er sich, und selbst wenn ich den Duft der hübschen Blume, die nicht nur Omas gefällt und tatsächlich auch außerhalb Bayerns anzutreffen ist, nicht mehr zu 100 % präsent habe – ich meine, er ist enorm gut getroffen.
Wie sich Kenner der Flora, Gartenfreunde und Besitzer grüner Daumen sicherlich denken können, Parfumistas wissen ebenfalls darum – Geranien zählen nicht zu den typischen Blümelein, den vielleicht süßlich duftenden. Sie zeigen sich eher rustikalerer Natur, weniger aufmerksamkeitsheischend, aber nicht minder schön und vor allem besonders. Zart-rosig duften sie häufig, das trifft auch auf unsere Geranie hier zu. Aromatisch-grün umrankt und von einer subtilen Rosenfruchtigkeit. Im späteren Verlauf untermalen seidig-seifig-saubere Akzente von Zeder, die dem Duft einen hautnahen Charakter verleihen samt einem Quentchen „matter“ Pudrigkeit.
Sicherlich nicht jedermanns Sache, weil Geranie einfach Geschmackssache ist und sich vermutlich einige von einem Blütenduft mehr … Sinnlichkeit, Weiblichkeit wünschen. Das aber gerade macht diese Naturschönheit so reizvoll, wie ich finde: ich kann sie mir sehr gut auch an einem Mann vorstellen, weil sie nicht überbordend floral-(froh)lockend ist, sondern nostalgisch, anmutig und ein klitzekleinwenig melancholisch. Ich kenne ehrlicherweise keinen besseren Geranienduft, allenfalls Pélargonium von Aedes de Venustas ist meiner Meinung nach gleichauf.
Von der mystischen Aura blütengeschmückter Tempel – Olibanum Gardenia
„The alluring scent that takes us on a journey to an oriental temple. A calming and distinctive frankincense trail that is perfectly harmonised with the softness of bitter orange and the sharpness of gardenia. An irresistible combination with mystical and spiritual energy.“
Die Ingredienzen:
Kopfnote: Limette, Kokosnuss, Neroli
Herznote: Gardenie, Weihrauch, Labdanum (Zistrose)
Basisnote: Weihrauch, Zedernholz, Sandelholz
Olibanum Gardenia entführt uns offensichtlich in fremdländische Gefilde – der Text zum Duft liest sich nicht nach Polen und auch nicht nach Europa, ein Blick auf die Zutaten lässt ebenfalls erahnen, dass unser Duo von BOHOBOCO hier weiter in die Ferne schweift, genauer gesagt nach Indien. Von der „faszinierenden Stimmung eines Tempels“ ist die Rede, der eine mystische Aura besitzt und spirituelle Energie verströmt. Michal war es wohl, den es einmal in dieses weitläufige asiatische Land verschlug und der sich bis heue sehnsüchtig an jene Reise erinnert, die ihn wohl tief geprägt hat und nachhaltige Eindrücke hinterließ.
Ehrlicherweise bin ich recht gespannt, wie BOHOBOCO Olibanum Gardenia umgesetzt haben. In meinem ersten Artikel hatte ich es bereits angemerkt – die Duftkollektion lebt von Kontrasten, das ist ihr Motiv. Und Weihrauch, Tempelweihrauch, Harze in Kombination mit der unbeschwert-wollüstigen Gardenie, jener opulent-sinnlichen, darüber hinaus Kokosnuss in der Kopfnote … eine ungewöhnliche Paarung.
Weihrauchdüfte mit Blüten, noch dazu vielleicht gar tropischen wie hier fallen mir aus dem Stegreif keine ein, oder doch? Sicher, in diversen Orientalen oder vielmehr Florientalen finden sich Harze und gerne auch Weihrauch, so gibt es beispielsweise bei Amouage einiges Duftendes, das den herrlichen Silberweihrauch aus dem Oman mit Blumen verziert (oder umgekehrt), auch die Kombination Rose mit Weihrauch ist recht gängig. Allerdings meine ich vielmehr Parfums, die den Fokus gezielt auf diese Kombination legen – da wird das Angebot schnell merklich schmaler. L’Artisan Parfumeurs Passage d’Enfer kommt mir in den Sinn, ein zarter Weihrauch mit fragilem Blütenschmuck und ein Klassiker, La Religieuse von Serge Lutens, der mit animalisch angehauchtem Jasmin und Weihrauch brilliert, Relique d’Amour von Oriza L. Legrand, ein Kirchenweihrauch mit mondän-dramatischen Lilien und natürlich Olibanum von Profumum Roma, dessen Trio von Weihrauch, Myrrhe und Orangenblüte viele mit seiner Wärme begeistert. China White von Nasomatto zelebriert Blüten und Weihrauch. Dann: 10 Roam von Odin NY – der könnte sogar in eine entfernt ähnliche Richtung gehen mit Kokos, Kaffee(blüten), Lilie und Weihrauch (ok, nebst Safran und Hölzern, dennoch), Stéphane Humbert Lucas‘ Wish Come True offeriert ebenfalls eine un-orientalische Mixtur von Blüten und Weihrauch auf überaus zarte Weise. Und, zwei habe ich noch, Iris mit Weihrauch (und in beiden Fällen noch ein bisschen mehr): Lye von Gabriella Chieffo und Baiser de Florence von Ella K.
Wie zu erwarten war – kein Weihrauch mit exotischen Blüten, der diese beiden Protagonisten ins Rampenlicht stellt. Fällt Euch einer ein?
Olibanum Gardenia startet mit ordentlich Weihrauch, und zwar analog zu … tataaa, einem alten Bekannten und Klassiker – Etros Messe de Minuit. Ein bisschen weniger altes, feuchtes Kirchengemäuer, das aber in der Tat auch hier vorhanden ist. Passt ja auch dank des Tempelmotivs. Die Ikone aus dem Hause Etro entführt uns in eine (vermutlich katholische) Kathedrale, mit kaltem, ehrfurchtgebietendem Weihrauch, der auf eine Weise „feucht“ wirkt, klamm, wie man es eben aus solchen sakralen Bauten kennt – diesen Eindruck vermittelt auch Olibanum Gardenia. Messe de Minuit kontrastiert diese Kühlheit mit Zitrusfrüchten und Zimt, die eine gewisse Wärme ausstrahlen – hier ist der kleine, aber feine Unterschied im Vergleich zu Olibanum Gardenia.
Letzterer beinhaltet zwar laut der Zutatenliste ebenfalls ein Hesperidenfrüchtchen, Limette – auf meiner Haut zeigt sich diese allerdings nicht, auf dem Teststreifen mag ich sie ebenfalls nur vermuten. Dafür setzt Olibanum Gardenia dem kühlen Kirchen- oder besser Tempelweihrauch eine exotischere Wärme entgegen als die seines Bruders im Geiste von Etro: balsamische Hölzer, von Kokos sanft-würzig und auf subtile Art gourmandig kontrastiert. Und dann ist da selbstredend noch jene Namensstifterin, die Gardenie, die sich normalerweise wie bereits angeklungen in tropisch-floralen Düften findet oder in Sommer-Sonne-Strand-Sonnencreme-Kandidaten, die sehr häufig ebenfalls von Kokosnoten begleitet werden. Eher einzelne Blüten finden sich in Olibanum Gardenia, dafür üppig und ausladend blühende, herrlich große Vertreterinnen ihrer Gattung.
Wer es bisher für nicht umsetzbar gehalten hat, zumindest annähernd, dem beweist Olibanum Gardenia das Gegenteil: ein tropisch anmutender Weihrauchduft geht offenbar doch und ist kein Ding der Unmöglichkeit.
Ich bin gespannt, was Ihr von ihm haltet! Überhaupt, Gretchenfrage: Wo sind sie, die Weihrauchduftfans, und welche Kandidaten stehen bei Euch im heimischen Duftregal?
Herzlichst
Eure Ulrike
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