Brandneu bei uns im Sortiment – Les Bains Guerbois 1885. Die Verpackung der Proben, die vor mir auf dem Schreibtisch liegen, machte mich schon neugierig – zu recht, wie sich heraustellen sollte … Es ist mir eine große Freude, Euch dieser Tage sowohl die Historie der Marke als auch deren Düfte vorzustellen!
Les Bains Guerbois – der berühmt-berüchtigte Pariser „Place to be“
Im Nordosten des Pariser Stadtkerns im 3. Arrondissement befindet sich die Rue du Bourg-l’Abbé, deren Haus Nummer 7 auf eine bewegte Geschichte sowie auf eine langjährige Vergangenheit als Mekka für Wissende und Genießer zurückblicken kann.
1885 wurde an diesem Ort das Thermalbad Les Bains Guerbois gegründet, und zwar von François Auguste Guerbois (1824-1891) und seinem Sohn Albert Guerbois (1857-1926). Für Guerbois Junior war es das zweite Geschäft – er betrieb zuvor das Café Guerbois – eine Hintergrundinformation, die durchaus von Interesse ist in unserem Zusammenhang.
Jenes Café Guerbois erlebte seine Hochzeiten im ausgehenden 19. Jahrhundert, genauer gesagt etwa bis Ende der Siebigerjahre desselben, denn es erfreute sich vor allem bei Künstlern und Intellektuellen großer Beliebtheit. Ein Treffpunkt und Ort des Austauschs war es, was vielleicht auch dadurch begünstigt wurde, dass etliche Maler ihre Ateliers im selben, damals noch recht preisgünstigen Quartier hatten, dem Quartier des Batignolles. Dieses befindet sich im nördlich gelegenen 17. Pariser Arrondissement und war bis Mitte des 19. Jahrhunderts noch ein Dorf vor den Grenzen Paris, bis es dann eingemeindet wurde. Zur damaligen Zeit war es deshalb eher ländlichen Charakters, ein reizvoller Charme, den es wohl bis heute behalten hat auf eine Weise: man findet dort all jene Eigenheiten, die man als Tourist mit Paris verbindet, mit „typisch französisch“ deklarieren würde. Cafés und Bistros, nach englischem Vorbild angelegte Parks und hübsche kleine Lädchen, Blumenverkäufer und so weiter und so fort. „Billig“ werden die Mieten dort heute nicht mehr sein, sind sie ohnehin nicht in Paris – das gestaltete sich im 19. Jahrhundert noch anders, auf das wir zurückkommen wollen.
Historiker sprechen dem Café Guerbois heute eine wichtige Rolle zu, weil es als eine Art zweites Wohnzimmer der Impressionisten gilt. Das es dazu wurde, liegt unter anderem und vor allem an Édouard Manet, dessen Atelier um die Ecke lag und der sich in schöner Regelmäßigkeit fast täglich mit seinen Freunden und Bekannten im Café Guerbois zu treffen pflegte. Dazu zählten unter anderem diverse Maler wie Frédéric Bazille, Laurent Bouvier, Félix Bracquemond, Henri Fantin-Latour, Edgar Degas, Claude Monte, Pierre-Auguste Renoir, Camille Pissarro, der Bildhauer Zacharie Astruc, der Fotograf Nadar sowie Schriftsteller wie beispielsweise Émile Zola, Louis Edmond Duranty und viele mehr, darüber hinaus deren Fans, Kunstliebhaber und -sammler sowie seltener auch Paul Cézanne. Eine nette Ansammlung, oder nicht? Es trug den Malern unter ihnen damals den Namen „Groupe des Batignolles“ ein, anfänglich auch die Bezeichnung „École des Batignolles“. Man diskutierte, feierte und so weiter, nicht immer vollständig einer Meinung und mitunter auch recht lebhaft, weswegen es beispielsweise zu einem Streit zwischen Manet und Edmonty kam, der eine Ohrfeige sowie eine Herausforderung zu einem Degenduell seitens Monet zur Folge hatte. Das Duell fand statt, beide überlebten und blieben Freunde, nebenbei bemerkt. Etwa ab 1875 verlagerte sich die Künstlertruppe in eine andere Lokalität, die Popularität des Café Guerbois schwand, weswegen es von Guerbois aufgegeben wurde und später ein Bekleidungsgeschäft dort entstand.
Ihr seht, Guerbois hatte diverse Künstlerkontakte und hatte es sich mitnichten mit seinen Kunden, Bekannten und Freunden verscherzt, ganz im Gegenteil: diese fanden sich, nachdem er sein Badehaus gegründet hatte, erneut bei ihm ein.
So wurde (auch) das Les Bains Guerbois zu einem angesagten Ort und Treffpunkt: es verlustierte sich dort alles, was Rang und Namen hatte, einflussreiche Persönlichkeiten, die oberen Zehntausend, bereits genannte Künstler und Intellektuelle sowie diverse Homosexuelle, für die es ebenfalls zu einem zweiten Zuhause wurde (unter anderem Proust – ich nehme an, dass dieses Mal Marcel Proust, der Schriftsteller gemein ist -, aber auch etliche andere). Schon damals tummelte man sich im Haus Nummer 7 vornehmlich in den Abend- und Nachtstunden, das damalige Badehaus ist also nicht zu vergleichen mit dem örtlichen Schwimmbad 😉
Wie lange das Les Bains Guerbois en vogue war beziehungsweise bestand, habe ich nicht eruieren können. Fakt ist aber, dass Ende der 1960er ein Mann namens Maurice Marois das Haus kaufte und vermietete, woraufhin das Les Bains Douches knapp zehn Jahre später seine Pforten erneut öffnete und wieder zu einem legendären Treffpunkt wurde – als Nachtclub. Dieser scheint ebenfalls nicht mit dem zu vergleichen zu sein, was wir unter „Club“ im Normalfall verstehen und erst recht keine billige Disse gewesen zu sein … Konzertsaal, Restaurant, Bar und Diskothek, alles in einem, es befand sich wohl auch noch ein Schwimmbad oder zumindest -becken darin, in dem wohl diverse Parties irgendwann endeten … Die Einrichtung war schon damals vom Feinsten (unter anderem tobte sich Philippe Starck dort aus neben anderen, die ursprüngliche Einladungskarte für die Eröffnung wurde von Pierre et Gille entworfen, David Rochline legte später Hand an am Eingangsbereich und so weiter und so fort), obschon sie immer wieder renoviert, vielleicht auch saniert oder gar erneuert werden musste – den weltweiten Bekanntheitsgrad des Clubs als einem der besten überhaupt mit legendären Parties kommt einem eben auch nicht „umsonst“ zu, das muss man sich verdienen 😉
Erneut trafen sich im Les Bains Douches, wie es dann hieß, nicht nur die Schickeria, sondern einmal mehr Künstler, Musiker unter anderem, weil es hinsichtlich der dort gespielten Musik auch abseits vom Disco-Trend lag, darüber hinaus Leute aus dem Showbusiness, der Mode- und der Medienbranche, Intellektuelle und so weiter und so fort was wiederum ebenfalls zu dem Ruf des Clubs beitrug.
Die goldenen Achtzigerjahre, eine Ära des Feierns und der knallenden Korken – vor allem im Les Bains Douches. Auf der dortigen Bühne standen diverse Stars, vornehmlich auch aus dem Punk- und New Wave-Bereich, unter anderem gaben Depeche Mode 1981 ihr erstes Frankreich-Konzert dort. In Folge ließ man es weiter krachen im Les Bains Douches, und zwar richtig: Der Tempel der Nacht wechselte Mitte der Achtzigerjahre seine Betreiber. Jacques Renault und Fabrice Coat verkauften ihn an Hubert Boukobza und Claude Challe, die richtig Gas gaben zwecks Partyleben. Die schönsten Mädchen bekam man dort wohl zu sehen, wie überall zu lesen ist, was das Les Bains Douches zu einem noch größeren Publikumsmagneten machte, als es ohnehin schon war. Berühmtheiten und Weltstars aus Kunst und Kultur, Modeschöpfer, Schauspieler und so weiter und so fort gingen dort ein und aus, der Alkohol floß in rauen Mengen, der Drogenkonsum, vor allem vermutlich Kokain, die Achtzigerdroge par excellence, war hoch.
Namen derer gefällig, die sich dort auf den Füßen rumstanden oder -tanzten? Claude Montana und Jean Paul Gaultier, Mick Jagger und Jack Nicholson, Robert De Niro, Joe Cocker, Andy Warhol und Jean-Michel Basquiat, um nur einige zu nennen. Das Les Bains Douches war zu der Zeit ein Ort des Glamours und der Ausschweifung, viel Bling-Bling, das liest man schon heraus, vermutlich eine Art europäisches Studio 54. Der gelebte Exzess scheint es dann wohl auch gewesen zu sein, der zum Untergang des Clubs beitrug. Mit dem Aufkommen von HIV beziehungsweise Aids ist die Leichtlebigkeit spürbar eingetrübt, darüber hinaus bekommt das Les Bains Douches Konkurrenz von Les Folies, einem weiteren Club, der zum Kultort avanciert. Das Nacht- und Partyleben verlagert sich Anfang der Nullerjahre dann schlussendlich in andere Clubs und Arrondissements, das Les Bains Douches hat somit seine besten Zeiten gesehen und verkommt zusehends. Verschiedene Konzepte fruchten nicht, vorübergehend wird es als Schwulenclub betrieben, auch das geht nicht auf. Das Ende des Nachtclubs Les Bains Douches ist dann eher traurig: der Manager Boukobza hatte wohl Übersicht und Kontrolle über Club und Leben verloren, war kokainabhängig, bezahlte seit geraumer Zeit die Miete nicht, was ihm 2010 eine Räumungsklage einbrachte, woraufhin er inn seinem Laden durchdrehte und Mauern einriss, weshalb der Club aufgrund von statischen Bedenken und eventueller diesbezüglicher Gefährdung schließen musste.
An diesem Punkt kommt dann der Erbe des Hauses ins Spiel, Jean-Pierre Marois. 2015 ließ er das Haus wieder auferstehen und in seinem einstigen Glanz erstrahlen – als 5 Sterne-Boutique-Hotel mit Restaurant, Bar, einer Art Club und einem Spa, anknüpfend also an alte Zeiten. Das Design verströmt ebenfalls eine exquisite Aura: Gestaltet vom Architekten Vincent Bastie griff dieser gekonnt die Geschichte des Hauses auf und vereinte Elemente des Art-déco, Entwürfe von Philippe Starck, subtile Andeutungen auf die Glamour-Disco-Ära und vieles mehr. Sieht toll aus – schaut es Euch ruhig mal an auf der Webseite!
Der Geschichte des Hauses, seinen Ursprüngen verpflichtet ließ Erbe Marois 2016 ein erstes Cologne folgen als auch eine Duftkerze, 2017 dann eine Körperpflege-Kolektion. Das allerdings war erst der Anfang, Marois war ganz offensichtlich auf den Geschmack oder Duft gekommen: zusammen mit überaus bekannten Namen innerhalb der Parfumeurswelt wie Michel Almairac, Dominique Ropion, Fanny Bal, Bertrand Duchaufour, Jérôme Epinette und Dorothée Piot.
Sieben Düfte sind es (bisher), die allesamt Jahreszahlen im Namen tragen. Sie entführen in eben diese Jahre, erzählen aus der reichhaltigen Geschichte des Hauses, interpretieren diese auf olfaktorische Weise.
Ich bin supergespannt, und Ihr? Regelmäßige Leser*innen wissen, dass ich solche Geschichten liebe. Das hat Hand und Fuß – und offensichtlich auch Herzblut. Was dabei Duftendes für und mit Les Bains 1885 herausgekommen ist, das sehen wir uns ab morgen an!
Herzliche Grüße
Eure Ulrike
P.S.: Es gibt einige Artikel im Netz zum ehemaligen Sündenpfuhl oder besser -pool, wie auch die Zeit titelte, klick. Im Coffeebreak-Blog finden sich tolle Interior-Bilder, klick. Das kann man auch von dem Artikel im Bonjour Paris behaupten, klick.
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