Meine Lieben, in schöner Regelmäßigkeit berichte ich an dieser Stelle nicht nur über das Thema Duft, sondern auch über Lifestyle im weiteren Sinne, Mode, Design und dergleichen. So komme ich nicht umhin, dieser Tage ebenfalls einen kleinen Artikel dazu zu verfassen, zumal man derzeit darüber wieder viel zu lesen und noch mehr zu sehen gibt (ich sage nur soziale Medien …): Mode in Zeiten von Corona.
Social Distancing und Home-Office waren die letzten Wochen Programm, die Friseure, Nagelstudios und Konsorten hatten geschlossen … geöffnet einzig und allein 24/7 für einen Großteil von uns: der heimische Schreibtisch, die heimische Couch und das (eigene) Bett. Das bleibt nicht ohne Folgen, wie mir heuer berichtet wurde. Meine beste Freundin, im medizinischen Bereich tätig und ansonsten seit Jahren treue Kundin bei ihrer Friseurin, berichtete mir von teils erschreckendem Wildwuchs auf dem eigenen als auch auch fremden Häuptern (und nein, keine Corona-Fälle sind damit gemeint). Da konnte ich nicht wirklich mitreden, unterstellt mir doch mein getreuer Blogmitstreiter Harmen schon seit Jahren, dass ich ohnehin noch nie eine Frisur gehabt hätte. Lange Haare halt, die allerdings, ich will es nicht verhehlen, im Laufe der Zeit auch gelitten haben. Früher war mehr Lametta, weswegen ich immer noch und immer wieder in schöner Regelmäßigkeit mit einem Buzzcut liebäugele – siehe z.B. hier und hier – der dieser Tage scheinbar eine Renaissance erlebt.
Und sonst so in Sachen Mode, ergo Klamotten? COVID-19 greift um sich, etliche Unternehmen hat es jetzt schon erwischt, national als auch international: Esprit befindet sich im deutschen Schutzschirmverfahren genauso wie Hallhuber, Benvenuto und Sinn haben Insolvenz angemeldet. Stefanel, Sandwich, Laura Ashley, J. Crew, True Religion sind ebenfalls insolvent, in England hat der Departmentstore Debenhams genauso wie die Modeketten Warehouse und Oasis Insolvenz angemeldet, in den USA hat Neiman Marcus Gläubigerschutz beantragt, wobei MyTheresa davon nicht betroffen ist.
Diese Pleiten aber lediglich als Corona-Pech zu etikettieren, würde zu kurz greifen, eine Serie von Pannen hinsichtlich der Unternehmensführung und -ausrichtung muss man wohl den allermeisten unterstellen, die aufgrund der vorherrschenden Pandemie in die Knie gezwungen werden. Das Fashion-Sterben ist schon lange vor Corona angekündigt und/oder worden, immer wieder in unterschiedlicher Weise und von unterschiedlichen Personen und Medien thematisiert und diskutiert. Insofern lässt sich COVID-19 hier sehr wahrscheinlich nur als Katalysator, als Brandbeschleuniger sehen.
Einen Bericht hatte ich noch im Kopf, den ich flugs herausgesucht habe, und zwar aus der Wirtschaftswoche – seht hier. Kurz zusammengefasst: die Mitte bricht weg, wie in vielen anderen Segmenten ebenfalls, der Markt teilt sich auf in „Discount“ und „Value“, die Billigheimer und schnellen Kopisten sowie den Luxusbereich. Das allerdings ist noch kein Erfolgsgarant. Eine gewichtige Rolle spielt selbstverständlich auch das Internet als auch der Onlinehandel, darüber hinaus Influencer und Co.. Außerdem ist Mode wesentlich freier geworden, Edeltäschchen in Kombination mit Mango-Hose oder Second-Hand-Vintage-Kleid heute keine Seltenheit, obschon vor nicht allzu vielen Jahren noch ein undenkbares No-Go. Und dann ist da noch die „Casualisierung“ der Mode, die in dem Artikel von einer Bloggerin als „kaum mehr auszuhalten“ bezeichnet wird. Streetwear, entweder von dementsprechenden Sportartikelherstellern, die schon lange zunehmend in den Alltagsklamottenbereich drängen, oder gerne auch von namhaften und oft genug teuren Labels, die sich vom Sneaker über die Gesundheitslatschen (man denke an Céline und den daraufhin ausgelösten Hype, die Renaissance der Birkenstocks vor einigen Jahren) bis hin zu Jogginghosen fleißig mitmischen.
„Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“ – Karl Lagerfeld
Das hübsche Bonmot des guten Karl zeigt sich spätestens als obsolet, seitdem Anna Wintour, die Vogue-USA-Chefredakteurin und Vorbild für den Film Der Teufel trägt Prada, sich in Jogginghosen sehen ließ in den sozialen Medien. Der Damm ist gebrochen (siehe die Welt, Icon-Kolumne: Anna Wintour in Jogginghose – jetzt geht die Welt wirklich unter!) – für mich allerdings ist er das schon länger, allerspätestens seitdem ich High Heels gegen Arbeitsschuhe und Kleidchen gegen, ja, ganz genau: Jogginghosen, seltener auch Blaumann getauscht hatte im Rahmen der Neverending Story meiner Hausrenovierung.
In aller Munde ist sie derzeit, die Jogginghose – so habe ich unzählige Artikel zum neuen Homeofffice-Outfit gefunden:
- Elle
- Harper’s Bazaar
- Madame
- Sales Perfect
- Stern
- Stuttgarter Zeitung
- Süddeutsche – SZ-Magazin
- Tagesspiegel
- Vogue
- Zeit
- Zeit die Zweite
Jetzt, wo es etliche gestanden haben, kann ich es ja ebenfalls anmerken, ohne dass es mir die Schamesröte ins Gesicht treibt: yep, ich gehöre auch dazu, und zwar schon länger als viele andere, denen erst die letzten Wochen zum neuen Glück der zeitlos-unstylishen Beinfreiheit verholfen hat. Und yep, ich hatte vorher schon Videokonferenzen, wo ich mich seitlich aus dem Bild geschoben habe, weil unterhalb der adrett-adäquaten Bluse eben nur eine Pyjama- oder Joggingbuchse kam. Sorry, lieber Karl, Gott oder wer auch immer hab ihn selig, ich gehe damit sogar den Müll rausbringen. Und manchmal sogar einkaufen – das ist ein Vorteil des Landlebens, den ich schon ganz zu Beginn meiner Zeit als frisch geborenes Landei schätzen gelernt habe. Man fällt nicht auf, ganz im Gegenteil. Meist kann man sich in seinen abgehalferten Schluffelklamotten noch zu den Trendbewussten zählen. Oder zu den halbwegs gut oder zumindest „normal“ Angezogenen.
Und überhaupt hatte ich schon vor geraumer Zeit entdeckt, dass einige Labels Hosen im guten alten Schnitt einer Jogginghose offerieren, allerdings aus edlerem Zwirn gefertigt, aber deshalb nicht weniger bequem. So fanden in meinem Kleiderschrank Leder-Sweat Pants ihren Platz, die im Winter hübsch mit schwarzen Rollis harmonieren, genauso wie die üblichen Verdächtigen der Lagenlooklabels. Will sagen: Haremshosen, Rundholz‘ Opa-Hose, quasi die Jogginghose für Fortgeschrittene, die ich andächtig Trend hin oder her nun bereits seit mehr als einem Jahrzehnt liebe und dafür, je nach Datum, amüsiert oder verzückt beäugt werde. Natürlich finden sich daneben auch „normale“ Hosen und Jeans, Skinny Jeans und so weiter, dennoch greife ich auf diesen Lümmelschnitt schon lange in allen Lebenslagen gerne zurück.
Und Ihr, meine Lieben? Wie steht es mit Euch? Was tragt Ihr zu Hause, haben die letzten Wochen bei Euch etwas verändert hinsichtlich Outfit und Modeinteressen, persönlichem Geschmack?
In der Stilkolumne der Zeit sind noch ein paar mehr Artikel erschienen zum Thema Mode in Zeiten von Corona – unter anderem der hier, ein ganz allgemein verfasster und sinnierender, auch im Hinblick auf Post-Corona-Zeiten. Dann dieser hier, der über die Trendfarbe Orange berichtet von Anfang April – ob diese Knallfarbe auch etwas damit zu tun hat, dass wir uns nach mehr Schmackes und mehr Strahlen sehnen, nach einem Wahrgenommen-Werden? Und – ob es sich durchsetzt? Bei mir sicherlich nicht. Abgesehen davon, dass ich seit Jahren postpubertär meine Vorliebe für die Nicht-Farbe Schwarz hege und pflege, zeigen sich die restlichen unter zehn Prozent der Kleiderstücke, die nicht schwarz sind und keine Jeans, in gedeckten, dunklen Abstufungen der Farben Blau, Grau und Taupe. Ausnahmen von der Regel gibt es selten, ein, zwei Teilchen in Army-Grün sowie einige Einzelstücke, eine von Stiefmütterchen gezierte Vintage-Seidenbluse von Dries van Noten beispielsweise sowie ein mit Blüten bestickter zarter Blouson. Überflüssig zu erwähnen, dass ich sie lieber anschaue als anziehe 😉
Auch dem Keikogi widmet sich die Zeit’sche Stilkolumne – seht hier. Der ist in letzter Zeit in abgewandelter Form zu finden bei vielen Fashionmarken und Haute Couture-Häusern, die sich von dem ursprünglich für die Kampfkünste konzipierten Anzug inspirieren ließen zu legeren Casualklamotten, die, gemäß der neuen Mode eierlegende Wollmilchsäue sein sollen, ergo sowohl für Business, Alltag als auch Freizeit gedacht.
Erinnert zumindest mich ein bisschen an Marie Kondo, die momentan vermutlich auch wieder eine Renaissance erlebt, da viele die letzten Wochen dazu genutzt haben, um zu Hause mal gründlich auszumisten, umzudekorieren oder was auch immer. Oder es sich zumindest vorgenommen hatten 😉 Zu derlei Entrümpelungs- und Umstyle-Aktionen habe ich allerdings noch einen Artikel vor, insofern – später mehr dazu.
Ich trage Mode, also bin ich – frei nach Descartes. Trifft das noch zu in Post-Corona-Zeiten? Und wie wird sie sich verändern, die Mode, welche Trends wird es geben? Dazu gibt es ebenfalls bereits Überlegungen:
Selbstredend hat sich auch Li Edelkoort zu Wort gemeldet zu diesem Thema, gilt sie doch als die Trendforscherin schlechthin, die Grande Dame dieses Betätigungsfeldes. Einen Podcast von/mit ihr habe ich ebenfalls gefunden, den ich mir selbst dieser Tage noch zu Gemüte führen werde – seht hier. Ein weiterer, bereits im März in der Vogue erschienener Artikel mit Edelkoorts Gedanken zur Post-Corona-Zeit findet sich hier, darüber hinaus veröffentlichte auch der Deutschlandfunk dieser Tage einen Artikel zu ihren Vorhersagen, klick. Auf Dezeen erschien ebenfalls etwas zu Edelkoorts Prognosen sowie ein exklusiver Beitrag von ihr (beruhend auf einem früheren Interview mit Dezeen), ein Text, der den knackigen Namen Hope Manifesto trägt – klick.
Einen schönen Tag wünsche ich Euch, meine Lieben, und viele herzliche Grüße
Eure Ulrike, heute einmal in Jeans am Schreibtisch
Schreibe den ersten Kommentar