… das ist die Vision, die der Gründer der französischen Marke hat … Aber fangen wir doch von vorne an – bdk Parfums sind vor Kurzem bei uns im Sortiment gelandet, Grund genug, mir die Marke einmal genauer anzusehen …
Eine olfaktorische Bibliothek – bdk Parfums Paris
David Benedek heißt der Mann, der hinter bdk Parfums steckt. Seine Marke gründete er 2016, gar nicht schlecht für einen „Jungspund“ – Benedek ist 1989 geboren, ebenfalls in Paris. Der Bezug zur Welt der Düfte wurde im in die Wiege gelegt, seine Kosmopoliten-Eltern, der Vater mit rumänischen Wurzeln, die Mutter geboren an der Grenze zwischen Algerien und Marokko, verdienten (verdienen?) ihren Lebensunterhalt als Duftdistributoren, Parfumvertriebler. Benedek wuchs in Paris auf, wo er auch studierte, und machte seinen (Master)Abschluss am renommierten IFM (Institut Français de la Mode). Die Leidenschaft für Düfte lebte er schon parallel aus, und zwar im Rahmen seines Studiums als auch mit Hilfe von Givaudan-Parfumeuren – ob hier wohl die Eltern hilfreich waren bzw. deren Kontakte? Nach seinem Abschluss beschloss Benedek, noch weiter zu lernen oder vielmehr die duftende Schiene weiter zu verfolgen, woraufhin er Unterricht bei Cinquième Sens nahm. Das Resultat kennen wir schon – die eigene Marke, die ihren Sitz im ersten Bezirk von Paris hat, in direkter Nähe des Palais Royal (Shiseido und Lutens, Ihr wisst?!).
Benedeks Intention ist es, dass Menschen sich ihren Duft so aussuchen, wie sie sich für ein Buch in einer Bibliothek entscheiden würden. Eine große Anzahl an Büchern, bei denen für jeden etwas dabei ist, nicht irgendetwas, sondern jenes Buch, das einen berührt, so interpretiere ich das. Und denke an Kafkas Zitat, dass ein Buch die Axt sein sollte für das „gefrorene Meer in uns“ – etwas, das sich generell auf Kunst(werke) übertragen lässt meiner Meinung nach. Auftrütteln, berühren, affizieren muss jegliche Kunst, emotional tangieren. Genau so verstehe ich Benedek und seine Vision des Auswahlprozesses eines Duftes, die sich im übrigen auch im Verpackungsdesign widerspiegelt: das buchbinderähnliche Enzyklopädie-Boxen-Set wird von einem Familienunternehmen in der Region Le Mans in Frankreich hergestellt, das für die Herstellung Tinte aus natürlichem Ursprung und recyceltes Papier verwendet.
Neun Düfte umfasst Benedeks Kollektion, die sich wiederum in verschiedene einzelne Kollektionen unterteilt, die da wären: La Collection Parisienne, die Collection Matières sowie die beiden Einzeldüfte, vermutlich die ersten, namens Gris Charnel und Nuit de Sable – mit denen fangen wir doch fröhlich an, wobei Gris Charnel heute den Vortritt hat.
Gehüllt in edles Grau – Gris Charnel
„Unendliche graue Facetten. Im Laufe der Zeit wird die Schönheit der Farbe Grau auf der Haut und in den Straßen von Paris sichtbar. Echtes Sandelholz vermischt mit Bourbon-Vetiver-Noten, abgerundet durch die Schönheit einer mächtigen Irisblüte. Ein urbanes Elixier aus sinnlichem Grau wie ein verführerisches Gift. Ein Spaziergang unter dem silbernen Mond entlang des Ufers, allein oder in Gesellschaft, mit Blick auf die Seine.“
Die Ingredienzen:
Kopfnote: Feige, Schwarztee, Kardamom
Herznote: Iris, Labdanum (Zistrose)
Basisnote: Vetiver, Sandelholz, Tonkabohne
Parfumeur: Mathilde Bijaoui
Gris Charnel beschwört die Schönheit der Farbe Grau – und spendiert uns die Impression eines nächtlichen Spaziergangs durch Paris. An was ich sofort denke? An zwei oder vielmehr vier großartige Filme, die in Paris spielen und sich gerade an trüben Tagen wie diesen perfekt für einen Kuschelnachmittag oder -abend auf der Couch eignen: Woody Allens Midnight in Paris sowie die Before-Trilogie von Richard Linklater. Um letztere hatte ich lange einen Bogen gemacht, weil ich die Filme für Romantic Comedy hielt, für Frauenfilme, mit denen ich, mea culpa, in der Regel nicht besonders viel anfangen kann. Weit gefehlt, wer kann und mag, sollte sich die Filme in Originalsprache anhören, das Drehbuch ist absolut herausragend.
Before Sunrise, der erste Film der Trilogie, ist schon von 1995, die anderen beiden von 2004 und 2013 – wer sie noch nicht kennt, ansehen!
Aber zurück ins edel-graue Paris, für dessen olfaktorischer Impression sich Bijaoui verantwortlich ist – das lässt mich aufhorchen, hat sie doch zwei Düfte geschaffen, die ich nicht nur heiß und innig liebe, sondern die ich darüber hinaus auch ganz objektiv für exzellent halte und die meines Erachtens nach Alleinstellungscharakter haben. Der erste, leider discontinued, ist Lily & Spices von Penhaligon’s, die schönste und vor allem auch 200% authentische duftende Darstellung einer Stargazer-Lilie (die ich verehre). Und Duft Nummer 2 ist Like This! aus dem Hause Etat Libre d’Orange, der Promiduft für Tilda Swinton, der nach Herbst, Kürbissen und Schottland duftet. Schon beim Schreiben bekomme ich eine Gänsehaut …
Wie Bijaoui diese Iris wohl umgesetzt hat? Das Paris, von dem hier die Rede ist, ist sicherlich auch eines, das mit der Liebe assoziiert wird – denn „charnel“ bedeutet körperlich, fleischlich, sinnlich. Und Paris wird nicht umsonst als Stadt der Liebe, Ihr wisst schon …
Gris Charnel ist mehr sinnlich als dezidiert sexy. Und er ist mehr körperlich als fleischlich, ein Skinduft im allerbesten Sinne. Mich erinnert er an einen weiteren Liebling von mir, an Humiecki & Graefs Geste, das Cougar-Veilchen, jene olfaktorische Reifeprüfung (Ihr wisst schon, der Film …) – reife Frau, junger Liebhaber. Ein zerwühltes Bett im sonnendurchfluteten Zimmer … ach, lest selbst – für mich ist das eine der besten Duftbeschreibungen, die ich je verfasst habe – der untere Teil, seht hier. Gris Charnel entführt mich gedanklich auch eher in ein Bett, ob nun morgens oder in der Nacht, selbstredend gerne mit Aussicht auf oder über Paris: Iris, kühl, auf eine Weise auch distanziert, gleichwohl milchig-cremig dank des Sandelholzes, das leise balsamisch-würzige Wärme spendet. In der nussig anmutenden Süße des Sandels taucht hin und wieder etwas auf, das an Kokos erinnert, was wiederum allerdings an der Vermählung des milchigen Sandelholzes mit den saftigen, mittelreifen Feigen liegt. Ein Quentchen Premier Figuier also, wobei im weiteren Verlauf salzige Vetiveranklänge auftauchen – et voilà, hier ist es, das Quentchen Erotik. Salz, Salz auf der Haut – Sex. Oder einfach nur Selbstbewusstsein, Selbstbewusstheit. Vollkommen egal, ob man hier alleine im Bett liegt oder zu zweit, alleine durch die nächtliche Szenerie stromert oder zu zweit.
Gris Charnel ist ein Skinduft, ein überaus eleganter, der dank seiner Iris-Sandel-Feigen-Salz-Kombi sowohl sinnlich als auch auf subtile Weise erotisch wirkt. Er ist sowohl Ausgehduft als auch Seelenschmeichler ganz für einen alleine und absolut tageslicht- und bürotauglich, für uns Frauen. „Dame“ muss man nicht sein 😉 … aber an einem Mann kann ich ihn mir nicht besonders gut vorstellen, ehrlicherweise.
Ich bin gespannt, wie es weitergeht – bis morgen Ihr Lieben und viele Grüße
Eure Ulrike
Lb. Fr. Knöll, bitte ‚nuit de sable‘ nachholen und beschreiben 😊.
Danke, Karin
Hallo liebe Karin,
sehr gerne, habe ich mir schon notiert und werde ein Pröbchen bei unseren Damen anfordern 🙂
Viele liebe Grüße und ein schönes Wochenende
Ulrike