… hat endlich einmal wieder etwas Olfaktorisches von sich sehen lassen, sehr zu meiner Freude. Die kleine, aber feine auf der Insel Capri ansässige Duftmanufaktur ist eines jener Häuser, das sich schon sehr lange im Nischenduftbereich tummelt. Ich kann mich daran erinnern, dass es die Düfte schon gab, als ich über die Nische stolperte – kurz nochmal recherchiert: Carthusia gibt es seit 1948, das erste Mal die Insel verließen die Düfte 2002. Vorher konnte man die duftenden Preziosen lediglich auf Capri kaufen. Ein Jammer, wäre das heute noch so. Nicht, dass Capri nicht verlockend wäre, aber tatsächlich macht es das doch einfacher, dass man für den Einkauf der Produkte keinen Spontanurlaub einplanen muss 😉
Im Blog haben wir bisher nur vier Düfte von Carthusia rezensiert, was mich ein wenig wundert – ich hätte gedacht, dass wir uns schon mehr für Euch unter die Nasen geklemmt hatten. Bei Gelegenheit werde ich mich dem Thema nochmal widmen 😉 Io Capri, The Essence of Central Park, Terra Mia und dem Klassiker und Bestseller des Hauses, Mediterraneo, haben wir uns schon gewidmet, heute folgt der neu lancierte Tuberosa, der sowohl als Eau de Parfum als auch als Parfum verfügbar ist. In einem der früheren Artikel zu Carthusia hatte ich das Haus schon einmal vorgestellt – für diejenigen, denen es noch neu ist, an dieser Stelle ein paar Zeilen dazu.
Die olfaktorische Sonne von Capri – Carthusia
Carthusia kommen von Capri, jener italienischen Insel, die oft als schönste aller Inseln bezeichnet wird und von unzähligen Interpreten bereits besungen wurde. Carthusia hat eine mehr oder weniger Jahrhunderte alte Geschichte: Der erste Duft, der von der Insel stammte, wurde wie so oft von Mönchen geschaffen, mehr oder weniger inspiriert durch einen Zufall und das bereits im 14. Jahrhundert. Ende der 40er Jahre wurden einige alte Rezepturen vom Prior wieder entdeckt und mit Erlaubnis des Papstes an einen Chemiker in Piemont weitergegeben, der sich sofort an die Arbeit machte und in seinem Kartause, „Carthusia“ genannten Labor die Düfte wieder aufleben ließ.
Zwei Aspekte der Geschichte Carthusias möchte ich noch betonen: Bis 2002 gab es die Düfte, wie schon erwähnt, nur auf der Insel, erst danach entschied man sich zum Export. Das Logo des Hauses ist aus dem (Gründungs)Jahr 1948 und wurde von dem Maler und Illustrator Mario Laboccetta geschaffen – leider heute wenig(er) bekannt, kreierte er einige wundervolle Arbeiten, siehe zum Beispiel hier oder hier. Für Carthusia malte er eine „Flower Siren“, eine Blütensirene, die Sinnbild ist für die Mythen und Sagen, die sich um Capri ranken, genauso wie für die besondere Flora der Insel.
Was die Düfte angeht, hat Carthusia seit Jahren eine wohltuend überschaubare Kollektion – ok, ich habe gemeckert, dass es lange nichts Neues gab, das läuft jetzt Gefahr, sich zu widersprechen. Was ich meinte, ist die Größe der Kollektion. Klar, Carthusia könnten mehr Düfte rausbringen, das würde mich auch freuen. Aber dass sie nicht jedes Jahr zwanzig neue Produkte auf den Markt werfen, finde ich gut. Der Klassiker des Hauses ist unbestritten Mediterraneo, der in meinen Augen nach einem herrlichen Zitroneneistee duftet und ein wirklich perfekter Sommerbegleiter ist. Ansonsten sollte erwähnt werden, dass Carthusia schon immer auch Körperpflegeprodukte und Seifen angeboten haben.
Blumengrüße von Capri – Tuberosa
„Zum ersten Mal in 71 Jahren interpretiert Carthusia eine der bedeutendsten Blüten der Parfümerie: die Tuberose und dies auf genialste Art und Weise: man blieb dem verspielten Geist treu, dem Duftprofil der eigenen Wurzeln, der mit einem herausragenden Charakter verbunden ist. Dieser Duft ist nicht zitrisch, aber er enthält dennoch die DNA der legendären Insel Capri und das Mediterrane der Marke: Tuberosa ist eine Entdeckungsreise in eine neue Duftfamilie, die Florientalen.
Die gleichnamige Blüte nimmt die Hauptrolle in dieser Komposition ein: ihr wurde – ganz edel und charismatisch – eine cremig und einhüllende Interpretation zuteil, umgeben von der leuchtenden Lust von Ylang-Ylang mit lebendigen Noten von Elemi und Zimt, die die Farbe der Pflaume annehmen. In ihrer Spur finden sich tiefe und greifbare Noten von Vetiver, Vanille, Ambroxan und Moschus. Ein Soliflor – zum ersten Mal in der Kollektion der Carthusia-Düfte, facettenreich, wo die Hauptnote von einer Architektur so untermauert wurde, dass sie herausgehoben und bereichert wird um viele weitere schillernde Facetten.
Ein intensiver und sinnlicher Florientale, offen und leuchtend, ganz im Stile von Carthusia. Die Tuberose steht in einem neuen Licht. Es ist nicht länger das Mondlicht, wo sie doch nach Sonnenuntergang intensiver duftet, dies trug zu ihrem Ruhm und ihrer Beliebtheit bei – vor allem in Viktorianischen Zeiten. Doch jetzt ist es die Sonne von Capri im Frühjahr, die auf diese Blüte scheint, die eine neue Jahreszeit erleben will, neue Erfahrungen, eine neue Liebe und neue Gefühle.“
Die Ingredienzen:
Kopfnote: Pflaume, Elemiharz, Zimt
Herznote: Tuberose, Rose, Ylang-Ylang
Basisnote: Vetiver, Ambroxan, Vanille, Moschus
Der Text oben, die Artikelbeschreibung aus unserem Shop, stützt sich wie meist auf das Pressematerial und wurde behutsam und kompetent von unserem lieben Harmen überarbeitet. Es kündigt einen Florientalen an, einen Soliflor – beides für Carthusia eine Premiere. Nicht irgendeine Blume hat man sich dafür herausgepickt, eine Tuberose steht im Fokus der neuen Kreation von Carthusia – ein Weißblüher par excellence ist sie, die dickfleischige Blüte, die zu spalten vermag. Man liebt sie oder man hasst sie, viel dazwischen gibt es nicht bei dieser charakteristischen Schönheit. Regelmäßige Blogleser/innen wissen es – meine eigene, ganz persönliche Liebe zu Blumen in Düften begann mit der Tuberose, davor hatte ich Blühendes geflissentlich jahrelang ignoriert. Inzwischen tummeln sich einige, nein, eigentlich viele Blüten in meinem Duftregal, vor allem aber Tuberosen und Gardenien (Gardenie wird ohnehin oft mit Tuberose nachgestellt).
Die Messlatte bei einer Tuberose liegt selbstredend hoch, es gibt schon Aushängeschilder dieser Gattung, die mit einer herausragenden Qualität brillieren. Fracas von Piguet, die älteste von allen, Frédéric Malles Carnal Flower, Serge Lutens‘ Tuberose Criminelle und diverse mehr, in diesem älteren Artikel könnt Ihr dazu einiges nachlesen.
Wie haben nun die Italiener von Carthusia, die bisher eigentlich eher für zitrisch-mediterrane Düfte bekannt sind, ihre Tuberosenvision umgesetzt?
Die Duftnoten lassen es bereits erahnen – unerwartet und ungewohnt. Als Soliflor würde ich die Komposition Tuberosa nicht bezeichnen, dafür ist sie zu opulent, erscheint zu reichhaltig und dicht. Sowohl auf dem Teststreifen als auch auf meiner Haut zeigt sich Tuberosa als Florientale, dessen Herz von überaus reifen, saftigen, bisweilen likörig anmutenden Pflaumen dominiert wird, von Zimt kokett gewürzt und von Harzen köstlich gewärmt. Das alleine ist bereits raumgreifend, versinkt man mit der Nase aber noch tiefer in dem Duftteppich, schillern sie hindurch, die verführerisch duftenden Tuberosen, betörend, narkotisierend und satt, von Ylang-Ylang-Blüten nektarsüß-tropisch eingerahmt. Tuberosa räkelt sich den ganzen Duftverlauf hindurch lasziv, die üppig-florientalische Schöne, und kommt auf einem weichen, vanillecremigen Lager zur Ruhe.
Tuberosenzögerer können aufatmen – Tuberosa ist kein Tuberosen-Soliflor, keine FSK18-Weißblüher-Femme Fatale, wie ich zu sagen pflege. Aber – es ist ein femininer Florientalen-„Wummser“, ein ausdrucksstarker und keinesfalls zurückhaltender in der Tradition der guten alten Achtzigerjahre-Düfte. Will sagen: Tuberosa ist ein Duftstatement, keinesfalls Understatement. Ein Zimt-Pflaumen-Weißblüher-Stillleben mit Gourmandanklängen, so strahlend wie die goldene Sonne Capris, um ein Klischee zu bemühen. Für die derzeitigen Temperaturen mit Sicherheit zu heftig, aber der Herbst kommt ganz bestimmt 😉
Wie sieht es aus, ist jemand neugierig? Und – welche Düfte von Carthusia kennt Ihr, welche befinden sich vielleicht gar in Eurem Besitz?
Ein schönes Wochenende Euch und viele liebe Grüße
Eure Ulrike
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