… genauer gesagt nach Florenz – Baiser de Florence – sowie an die Epupa-Wasserfälle – Epupa mon Amour. Der vierte Tag ist es mit Ella K, der Marke der französischen Parfumeurin Sonia Constant, die für Givaudan tätig ist und hiermit ihr erstes eigenes Projekt lancierte. Wer die vorherigen Artikel verpasst hat – lest hier: der erste Artikel mit den Hintergründen zu Ella K als auch den Düften Mélodie d’Altaï und Mémoire de Daisen In, hier der zweite Artikel mit der Rezension zu Poème de Sagano und Pluie sur Ha Long sowie der dritte Artikel mit Lettre de Pushkar und Brumes de Khao-Sok.
Ich habe es in den Rezensionen bereits anklingen lassen, vor allem gestern – mir gefällt Ella K ausgesprochen gut. Ich mag die Handschrift von Sonia Constant sehr sehr gerne, die meines Erachtens nach in dieser ihrer eigenen Linie einen überaus ausdifferenzierten Ausdruck gefunden hat. Will sagen: ich kenne einige, ok, viele ihrer anderen Kreationen, jedoch lese ich gerade bei Ella K einen sehr stringenten roten Faden heraus, der durchaus zu begeistern vermag. Sehr fein austariert, komplex, vielschichtig und dabei zurückhaltend, alles andere als „In your Face“, aber dennoch charakterstark und aussagekräftig, was ich gestern verglichen habe mit den Werken beziehungsweise dem Wirken von Parfumeuren wie Patricia de Nicolaï, Jean-Claude Ellena und ferner Lyn Harris (ihre alten Kreationen für ihr damaliges Label Miller Harris). Das ist, Parfumistas werden es wissen, hoch gegriffen, denn diese Namen sind Schwergewichte. Mich würde es freuen, würde es für Sonia Constant in eine ähnliche Richtung gehen, ihre Linie gibt es allemal her, nachdem, was ich bisher gesehen oder vielmehr geschnuppert habe. Insofern bin ich guter Dinge, dass mich auch die letzten zwei (von acht) Düfte(n) nicht enttäuschen werden …
Florentinisches Liebesgeflüster – Baiser de Florence
„Kuss aus Florenz – in der Galerie des Uffizien-Museums in Florenz vermischt sich der Geruch von Weihrauch mit dem von geschnitztem Holz. Der ursprüngliche Stein ähnelt der Textur und dem Geruch von kaltem Beton. Es brachte mich dazu, das Unsichtbare zu formen. Dazu habe ich einen Mineralienakkord um Ambroxan, Weihrauch und Myrrhe kreiert. Dieses erhöhte künstlerische Gedächtnis ist mit der Sinnlichkeit eines flüchtigen gestohlenen Kusses verbunden. Der pudrige Vanille- und Moschusabdruck vermischt sich mit einem Heliotrop-Iris-Akkord, der diesen Moment für immer festhält.“ – Sonia Constant
Ein romantischer florentinischer Traum. Die pudrigen Noten der Iris verschmelzen mit dem Duft von gemeißeltem Stein im sinnlichen Abdruck eines Kusses. Dieser zarte Kuss mit Iris bleibt am Hals desjenigen, den du liebst, bestehen. Ein Hauch von Jasmin, Heliotrop und Zedernholz hält den Moment in einem makellosen weißen Heiligenschein fest. Ein moschusartiger Vanilleakkord hinterlässt seine Spuren im Gedächtnis des Trägers und verewigt den Moment.
Die Ingredienzen: Iris, Weihrauch, Myrrhe, Jasmin, Heliotrop, Zedernholz, Moschus, Vanille
Florenz, wir befinden uns also in Florenz, der Wiege der Renaissance. Jener italienischen Stadt, die immer wieder unter die schönsten Städte der Welt gewählt wird, vielen gar als solche gilt. Kulturell überaus bedeutend, das muss ich nicht erwähnen – und dann stehen wir mit Constants Baiser de Florence inmitten der Uffizien, die seit fast fünfhundert Jahren eine riesige Gemäldesammlung beherbergen und zu den wichtigsten (Kunst)Museen der Welt zählen. Den Duft von Weihrauch habe ich dort nicht wahrgenommen, aber andächtig stand ich ebenfalls vor der berüchtigten Sammlung, insofern passt das mit dem Weihrauch ganz gut … Constant kombiniert ihn mit Holz und Stein beziehungsweise Beton und setzt Iris dagegen, so verspricht sie uns. Die Iris als Symbol für Florenz, ganz klar – sie findet sich seit Hunderten von Jahren auf dem Stadtwappen, als wilde Blütenzier in den Hügeln rundherum so wie im Giardino dell’Iris, dem seit dem 13. Jahrhundert bestehenden Irisgarten.
Constant hat mit Baiser de Florence etwas Besonderes geschaffen – auf den ersten Riecher würde ich den Duft als einen gekonnt gemeisterten Balance-Akt zwischen einem klassischen Irisduft, pudrig und feminin, sowie einem Weihrauch-Avantgardisten bezeichnen, wie man ihn beispielsweise von Comme des Garçons‘ Incense-Serie kennt. Es ist eine Amour Fou, eine Liebesgeschichte voller Leidenschaft zwischen jener typisch weiblichen Iris, der kühlen Schönen, die sich hier zart pudrig offenbart sowie von einer subtilen Süße, und deren Gegenpol von einem ebenfalls kühlen, harzig-würzigen Weihrauch eingenommen wird, wie wir ihn aus einigen Weihrauch-Klassikern kennen. Ich denke vor allem an Etros Messe de Minuit, jenen Kirchenweihrauch, der den Duft klammen Gesteins verströmt, jenem von uraltem, ehrfurchtgebietendem Gemäuer, für meine Nase ziemlich sakral anmutend. Im weiteren Verlauf allerdings wird unser Weihrauch milder, sanfter, eingängiger, er nähert sich dem Irispuder an, verströmt eine sachte Wärme. Im Zusammenspiel wirken Iris und Weihrauch vertraut, einvernehmlich und erschaffen eine intime, vanillegeküsste Aura, die den Duft, so man Weihrauch nicht komplett ablehnt, zu einer unwiderstehlichen Versuchung machen.
Ich überlege ernsthaft – ich habe zwar schon einige Weihrauchdüfte, Baiser de Florence könnte aber in der Tat noch einziehen …
Die Weiten Afrikas – Epupa mon Amour
„Epupa, meine Liebe – die Unendlichkeit der Namibwüste, der ockerfarbenen Hängen des Damaralandes und einer Begegnung mit den Himba-Völkern … In Namibia, nahe der Grenze zu Angola, bieten die Epupa-Wasserfälle nach einer langen und schwierigen Reise auf einer holprigen, staubigen Straße von der Stadt Opuwa einen wahren Hafen des Friedens. Mit diesem Duft habe ich mich entschieden, Afrika und der Kraft dieses unberührten Territoriums Ehre zu erweisen. Ich versuchte, die Staubwolke, die darüber hängt, mit Vetiver, Guajakholz, Zistrosenharz, Balsamtanne und gerösteten Tonkabohnen zu transkribieren. Der schwarze Pfeffer, der Kreuzkümmel und die heißen, kräftigen Gewürze reflektieren die brennenden Strahlen der Sonne …“ – Sonia Constant
Eine Liebeserklärung an die Menschheit. Der kraftvolle Duft von bitterem Vetiver schwebt im ockerfarbenen Schatten der afrikanischen Luft. Afrika – eine Erinnerung an die Erde und ihre Ursprünge. Wellen aus strahlendem Sonnenlicht, symbolisiert durch verschmelzende Gewürze. Schwarzer Pfeffer und Kreuzkümmel fallen auf eine bernsteinfarbene, ockerfarbene Erde. Wurzeln aus Vetiver, Zistrose und Balsam rufen die Kraft dieses jungfräulichen Landes hervor, aus dem ein schwebender Dampf aufsteigt, der vom Rauch des Guajakholzes symbolisiert wird.
Die Ingredienzen: Vetiver, Gewürze, Schwarzer Pfeffer, Kümmel, Guajakholz, Ambra, Labdanum (Zistrose), Tannenbalsam, Sandelholz, Tonkabohne
Das Volk der Himba – das hatten wir schon einmal in einem Duft, Moment … genau: Hymba von Sigilli. Und wenn ich besagte Wasserfälle google, weiß ich, warum Constant ihren Duft Epupa mon Amour genannt hat, wie er heißt – Epupa, meine Liebe. Ich habe nicht viele Bilder gefunden, die ich hier verwenden kann, googelt sie aber einfach mal, die Wasserfälle … wie wunderschön.
Und – Himba-Frauen mit ihrer ganz besonderen Körperbemalung:
… ich hatte es befürchtet: Vetiver und Guajakholz, das sind Reizwörter für mich, Trigger … Ein warmer, holzig-harziger Vetiverduft – selten, aber wahr. Vetiver wird meist mit Hesperidenfrüchten umgesetzt, gerne grün-grasig-salzig, zitrisch-prickelnd und frisch, seltener auch sauber-seifig. Warme Vetiverdüfte kann man an wenigen Fingern abzählen – Byredos Bal d’Afrique ist einer davon oder Vetiver Tonka aus der Hermèssence-Kollektion. Hier haben wir einen warmen Vetiverduft, der darüber hinaus raucht, dass es eine wahre Freude ist. Denkt an einige der großen Vetiver-Referenzen, an Chanels Sycomore, den salzig-rauchigen Schönling, oder Malles (zugegebenermaßen kühlen, das passt hier nicht) Vétiver Extraordinaire. An jene Vetivernoten, die sich in diesen Düften finden – und vermählt sie im Kopf mit der Hitze von Harzen, mit dem herrlich balsamischen Guajakholz, das in seinem Naturell von würzig-pudrig-süßem Sandelholz untermalt wird, einen Hauch Tonka in sich tragend.
Das kann nicht verkehrt sein, oder? Nein, kann es nicht. Epupa Mon Amour ist eine ausnehmend schöne Vetiverinterpretation, die von beiden Geschlechtern gleichermaßen getragen werden kann. Und, siehe oben – ein warmer Vetiver. Ich würde soweit gehen und behaupten, dass es der jüngere, modernere Bruder von Chanels Sycomore ist – ein Adelsschlag, den liebe ich nämlich nach wie vor heiß und innig.
… und, meine Lieben? Neugierig geworden auf Ella K? Welche Düfte sprechen Euch am ehesten an, welche werdet Ihr testen? Habt Ihr vielleicht schon? Dann freue ich mich auf Eurer Feedback! Ein schönes Wochenende und viele liebe Grüße
Eure Ulrike
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