Gestern hatte ich bereits die eine Hälfte der Laboratorio Olfattivo-Düfte vorgestellt, heute folgen nun Duft drei und vier auf dem Fuß.
Cozumel entspringt wie Alkemi der Feder oder besser: der Pipette von Marie Duchêne und wurde – mal wieder weil wie bei vielen Düften der Fall – inspiriert durch einen Urlaub oder besser: eine Urlaubserinnerung. Mexiko war es wohl und Cozumel die Insel, der Frau Duchêne den Duft widmete, der Sonne dort, der Vegetation und – natürlich: einem Mann. Den von dem intimen Geruch männlicher Haut ist da die Rede, der mit Cozumel zitiert werden soll.
Nach Hals über Kopf verliebt hört sich das an, nach kopflos und nach Herz-voll. Und macht mich ehrlich neugierig auf den Mann zum Duft, denn mir persönlich gefällt Cozumel aus der Linie nämlich am besten. Ein ausgeprägter Macho kann es kaum gewesen sein, der Madame D. den Kopf verdrehte, den Cozumel ist ein distinguiert-distanzierter Duft, zurückhaltend und unaufdringlich, aber präsent. Hier sind so viele Eigenschaften olfaktorisch eingefangen, die man oder besser: Frau sich von einem zeitgemäßen Mann so wünscht: Sanftheit und Sensibilität, eine gewisse Weiche in Kombination mit Kernigkeit, Maskulinität. Und sinnlich soll er natürlich sein, der intelligente und freiheitsliebende Kerl, der sich aus freiem Willen heraus für „die eine“ entscheidet. Zuviel verlangt? Ein modernes Märchen? Nun, zumindest schafft Cozumel es, einen solchen Burschen duftend darzustellen: Noten von frischem Tabak bilden mit Hanf (Caaannaaabis, jawohl) und Hölzern ein virilies Trio, das gleichzeitig feinwürzigrauchig wie auch weich daherkommt und von smoothestem Leder akzentuiert wird, welches auf einer aromatisch-balsamischen und warmen Basis ruht.
Der Duft erinnert mich an so vieles, das ich mag, ein bißchen und dann doch wieder an nichts bestimmtes… Mein Lieblingsmann von Byredo, der Fantastic Man? Royal Heroes 1805 von Washington Tremlett? Stephanie de Saint-Aignans Un Thé au Sahara? Von allen ein wenig vielleicht… Es bleibt Euch also nichts anderes übrig, als selbst zu testen 😉
Daimiris, der letzte Duft der Laboratorio Olfattivo-Kollektion, stammt von einem alten Bekannten, und zwar von Pierre Guillaume, seines Zeichens, Kopf, Herz und Nase hinter Parfumerie Générale. Als „olfaktorisches Experiment“ wird Daimiris bezeichnet. Eine Ode an die Weiblichkeit soll Daimiris sein und jenen Zauber einfangen, der von einer Frau in ihrer gelebten Femininität ausgeht, welche damit Mittel- und Anziehungspunkt männlicher Aufmerksamkeit, männlicher Blicke und männlichen Begehrens wird.
Huihuihui… auch hier frage ich mich: Wo oder besser: bei wem weilte Herr Guillaume mit seinen Gedanken bei der Kreation dieses Duftes? Ich wäre ja zuu neugierig… Denn Daimiris ist verwirrend – in jeglicher Hinsicht, nämlich sowohl ambivalent als auch betörend. Ambivalent, weil sich hier die Eindrücke kontrastieren, teils widersprechen und doch so gut harmonieren: Eine Businesswoman in Jil Sander gewandet, einen guten Rum schlürfend und sich auf einem Eames-Lounge-Chair räkelnd? Eine samtige Iris ist es, die für vermeintliche Distanz sorgt, für die ihr eigene kühle und auch kühne, erwachsene Überlegenheit. Erwachsen ist aber auch das richtige Stichwort – es ragt hier nämlich auch ein dickes „Ab 18″-Schild im Hintergrund hervor: Die Würze von Safran und Kardamom sowie die (keinefalls übertriebenen!) Gourmandnoten eines karamelligen Leders lassen das Ganze irgendwie kinky wirken, ein bißchen verrucht und auf jeden Fall ein wenig verboten… Dabei ist Daimiris aber nie zuviel und erst recht nie zu wenig – er hält und schafft den schmalen Grad. Und – er ist eine echte Old-School-Schönheit, denn in seiner Machart ist er trotz allem sehr traditionell und typisch weiblich.
Absolut nicht genuin feminin mache ich es heute ausnahmsweise kurz und verabschiede mich kurz und schmerzlos – einen schönen Tag Euch und viele liebe Grüße,
Eure Ulrike.
Daimiris gefällt mir von der Linie am besten. Ehrlich gesagt wundert es mich, dass unter den Noten kein Leder erwähnt ist, denn „daim“ heisst auf französisch Wildleder, und nach genau solch einem streichelweichen hellen Wildleder duftet Daimiris für mich – in erster Linie. Ausserdem empfinde ich den Duft als absolut unisex und überhaupt nicht typisch weiblich. Weniger feminin als Vip Room, und höchstens so wie Chergui 😉 Davon abgesehen wieder einmal sehr schöne und treffende Duftbeschreibungen, liebe Uli!
LG, fredi
Du hast vollkommen recht – und das Leder hatte ich in der Tat auch gerochen, das ist in dem Eames schon enthalten (Wildleder – einen solchen gab es im übrigen auch, eine Freundin hat einen originalen Prototypen *herzchenmal*) 😉
Liebe Grüße,
die Uli.