… zu den Olympischen Spielen in Nordkorea, damit hatte ich am Donnerstag schon begonnen. Zwar ist heute nicht „morgen“, wie versprochen, es lagen jetzt zwei Tage zwischen dem letzten Artikel und dem, der Euch heute erwartet. Leider passen beide immer noch zu den momentanen Temperaturen. Mitte Februar, gestern hat es hier geschneit und ein Blick aus dem Fenster zeigt mir das allgegenwärtige Aschenbecherwetter, das farblos-trübe, nasskalte … Für mich könnte der Frühling schon loslegen und die Sonne, ich befürchte allerdings, wir müssen uns damit noch etwas gedulden 😉 Dafür gibt es Schneeköniginnen und Eiskönige – viel Spaß damit!
Rosenblüten im Schnee – Snowing Rose von
Snowing Rose Masakï Matsushïma zitiert eine Rose im Schnee, Rosen im Schnee …
… und das auf eine Art, die überaus lieblich ist: Eine kühle, mitunter aquatisch anmutende Rose in Begleitung von sachter Magnolie und zarten Lotusblüten. Bergamotte strahlt zitrisch-prickelnd an, Pfirsich untermalt die Sanftheit der Schönen, die auf weißem Moschus gebettet ist.
Ein junges, jung gebliebenes und überaus modernes Röslein, das erfreulich „unsüß“ daherkommt, frisch, sauber und subtil skinnig anmutend. Das dürfte vielen gefallen – auch jenen, die normalerweise einen Bogen um Rosendüfte machen!
Laine de Verre von Serge Lutens
Serge Lutens‘ Laine de Verre heißt eigentlich übersetzt „Glaswolle“, wie häufig gibt es dazu ein etwas verschwommenes, bildhaftes Textchen von Serge Lutens:
„Erst als der Winter von ihm Besitz ergriffen hatte, gab sich der Herr des Glases geschlagen und legte der Gebieterin der Wolle Blumen und Farne zu Füßen, die durch seine Berührung vereist worden waren.
Dies ist der dritte Kristall, den ich gefertigt habe. Das Parfum macht sich frei von vorherrschenden Überzeugungen. Es erschüttert, belebt. Es ist durch eine geweihte Kraft bestimmt, es öffnet Türen.
Eine metallische Note mit einem würzigen, moschusartigen, blumigen Duft, dem eine pudrige, samtige Nuance hinzugefügt wurde, die den Geruch und das Gefühl von Kaschmirwolle beschwört.“
Einer von mittlerweile vier Düften der Eaux-Kollektion ist Laine de Verre und damit vermutlich eher ein „Leichtgewicht“, sind die Eaux doch allesamt Un-Parfums, Parfums, die nicht als Parfum wahrgenommen werden wollen. Das hat irgendwann mit L’Eau angefangen, zu dem ich einen philosophisch angehauchten Artikel geschrieben hatte – lest hier. Meins sind sie alle nicht, das muss ich an dieser Stelle sagen, weder L’Eau noch die Eaux-Kollektion, zu der L’Eau den Auftakt bildete. Das Konzept Clean – es ist halt nicht für mich gemacht …
Lutens möchte in letzter Zeit provozieren, wie man auch in dieser Review von Victoria auf Bois de Jasmin nachlesen kann. Laine de Verre bedient hier dieselbe Schiene wie Dent de Lait, den ich erst vor kurzem hier vorgestellt hatte (seht hier – und lest die Kommentare): Provokation mit Worten, Wortspiele, Unerwartetes, vermeintlich. Und alles gerne nicht nur künstlerisch, sondern auch künstlich.
Insofern bestand wenig Chance, dass ich sein Väterchen (oder Mütterchen) Frost hier mögen könnte, da ging es mir sehr ähnlich wie Kafkaesque, eine sehr gute Rezension, wie ich finde. Wie meist halten sich Sheldrake und Lutens sehr bedeckt, was die Ingredienzen angehen, die Aldehyde allerdings kann keiner verleugnen, die mir im Auftakt gegen die Nasenschleimhaut peitschen. Seifig, fruchtig, metallisch – und das auf eine überaus synthetische, aggressive Art und Weise. Irgendwo auf einer abstrakten Ebene ist das sogar spannend: Riecht man länger „hinein“, entdeckt man selbstverständlich jenen Vintage-Charakter, den Aldehyde ausmachen (ganz klar, sie sind ja auch die Stars in Düften wie Chanel No. 5 usw.), entdeckt jene Pudrigkeit, in die wie häufig Rosen mit einfließen. Entdeckt vielleicht auch Noten jener Wolle, die eben auch zur Glaswolle gehört. Und doch beißt es – es ist eisig kalt und sehr sehr seeehr sauber, ein Moschus, der mich fast erdrückt. Sauber bleibt es im weiteren Verlauf, Laine de Verre zitiert sämtliche Waschmittel und Reiniger, an die man so denken könnte, um später dann doch noch so etwas wie einen Kuschelmuckelduft abzugeben. Warum? Weil Cashmeran drin ist, das immer unser Anlehnungsbedürfnis befriedigt, weil es einfach fein duftet, holzig, cremig, fein.
Bei Kafkaesque steht zu lesen, dass viele Lutens-Liebhaber mit der Eaux-Kollektion ihre Probleme haben – weil sie jene poetischen, opulenten, „alten“ Kreationen gewöhnt sind. Ich kann mich da rundherum dazugesellen: Mir sind zwar viele alte Lutens‘ zu opulent, zu viel, zu „hitzig“, aber tendentiell halte ich sie für „die besseren“ Düfte. Ich mag diese Art Konzeptkunst nicht – warum? Weil sie nicht durchgezogen wird, konsequent. Man haut ordentlich verbal auf den Tisch und gerne auch visuell – um dann einen im Ansatz auf irgendeine Art wenig harmonischen Duft zu lancieren, der im weiteren Verlauf dann so generisch und synthetisch wird wie ein xbeliebiger Mainstreamer. Wenn schon … dann doch lieber Tommy Girl kaufen – das würde Luca Turin sicher ähnlich sehen, der im Gegensatz zu mir ein Verfechter desselben ist (siehe unter anderem hier, eine alte Rezension von mir zum Thema).
Craft Andrea Maack
Craft hat nicht wirklich Schnee zum Thema, zitiert aber Eis – und ist mit Sicherheit sehr viel konzeptioneller als sein Vorgänger von Lutens, denn Frau Maack fackelt mit ihren Düften nicht lange, sie kleckert nicht, sondern klotzt:
„Craft stands for Couture Art, drawing heavily on the originality of artists. This scent was created for a museum show to enhance the experience of a unique work of art, a hand made sculptural dress made from original pencil drawings. With Craft, you can feel the concentration, the charcoal colliding with paper and the sheer perseverance of the artist. As an homage to Haute Couture and unusual fragrances, Craft is a godlike scent for a once in a lifetime experience.“
Craft stürmt einem entgegen – und rennt einen dabei fast um, wie ich damals in meiner Rezension schrieb. Ausgewachsene metallische Noten, gezückte kalte Waffen, die gen Nase vordringen, hatte ich entdeckt, und zwar inmitten einer klirrenden Eiseskälte, ob nun der Atmosphäre oder dem Stahl geschuldet. Beißende Aldehyde kreieren eine feucht-nasse und gleichermaßen säuerlich-fruchtig-unreife, aber subtile Aura, die die aufgewühlten Emotionen, die man hinter diesem bombastischen Eindruck vermutet, eloquent olfaktorisch darzustellen vermögen. Irgendwo in der Betrachtung dieses Geschehens wandelt sich selbiges aber, Stückchen für Stückchen. Eine schleichende Metamorphose, die, in was eigentlich mündet? Ganz sicher bin ich mir da nicht – entweder in einer Sauna, vielmehr: davor, nach dem Saunagang, am Fjord. Oder auch in einem Kloster welcher religiösen Ausprägung auch immer, nach der Meditation, von Schwaden von Räucherwaren umgeben. Ruhig wird es, und kontemplativ, erfreulicherweise auch ein wenig wärmer.
Die Ingredienzen möchte ich Euch nicht vorenthalten – Aldehyde, Elemiharz, „kaltes Metall“, Eis, Zedernholz und Patchouli flossen in die Phiole. Schwefel hätte eigentlich auch noch ganz gut hineingepasst – riecht es doch überall in Island danach, auch und gerade aus dem Wasserhahn. Erinnert ein bisschen an Game of Thrones, oder? Winter is coming 😉
Tiziana Terenzi White Fire
White Fire soll ein Feuer im Schnee darstellen und wird wie folgt präsentiert:
Die Stille von Schnee; das glitzernde Weiß erscheint lebendig und geheimnisvoll durch die lodernden Flammen eines Lagerfeuers. White Fire ist ein klarer, sauberer Duft, einfach und betörend, wie das Lachen eines im Schnee spielenden Kindes und unschuldig und sanft wie eine zärtliche Berührung unter Liebenden.
Kopfnote: Blattgrün, Ozonische Noten; Herznote: Jasmin, Farn; Basisnote: Sandelholz, Ambra, Moschus
White Fire hatte Harmen damals rezensiert, und zwar hier. Ich persönlich habe ihn schon sehr lange – und liebe ihn heiß und innig. Für mich ist er nicht nur clean, wie Harmen ihn beschrieb, es ist ein Pastellträumchen. Eines, das mit wunderbarem Kuschelmoschus aufwartet, cremig-seidigem, von Jasmin wundervoll durchwirkt. So sacht, so sanft, so traumhaft, sinnlich und feminin. Für mich ist er das, was ich mir von Narciso Rodriguez‘ Musc-Reihe versprochen habe – und nur in dem Öl, dem leider nicht mehr erhältlichen, gefunden habe.
Demeter – Die Duftbibliothek
Kennt Ihr sie, die Duftbibliothek von Demeter? Sie stammen aus den USA, sind preisgünstig und eher Mottodüfte, deshalb gibt es auch abstruse Themen wie „Reitgerte“ oder bestimmte Süßigkeiten, Heu, Gewitter und so weiter. Zwei Düfte widmen sich unserem Winterthema: SNOW und FROZEN POND – und ich habe mir fest vorgenommen, demnächst mal wieder ein paar dieser Düftchen zu testen, einfach weil es Spaß macht 😉
Soviel also vorerst von mir zu den eisigen Temperaturen und den Olympischen Winterspielen – bleibt gesund und warm Ihr Lieben 🙂
Alles Gute und viele Grüße
Eure Ulrike
Vielen Dank für diesen tollen Beitrag! Ich suche zurzeit nach einem neuen Duft für den Winter. Bevor ich meine örtliche Parfümerie besuche, schreibe ich mir die hier aufgelisteten Gerüche auf und lass mich vor Ort beraten.
Danke für die Duftinspiration!