… bin ich Euch noch schuldig geblieben letzte Woche. Der dritte Duft im Bunde beschließt vorerst die neue Collection Galerie der Pariser Marke, die sich der Kunst verschrieben hat, sich von ihr inspiriert sieht. Heute haben wir es nach Tubéreuse Manifeste, der seinen Bezugspunkt im Surrealismus hat, und Sens Abstrait, der sich auf die Abstrakte Kunst bezieht, mit einer Kunstrichtung zu tun, die Anfang des 20. Jahrhunderts ihre Ursprünge in Frankreich hat: Der Fauvismus ist Thema, und zwar ein überaus spannendes!
Das wilde Leben – Couleur Fauve
Couleur Fauve zitiert den Fauvismus, jene Avantgardebewegung, die Anfang des 20. Jahrhunderts ihren Ursprung in Frankreich hatte:
„Eine rebellische, unbezähmbare, herausfordernde und bunte Kunstrichtung. Fauvismus ist eine Hymne an das Leben, an die Freude und vor allem an das Vergnügen. Das Gemälde „Lebensfreude“ von Matisse hat Couleur Fauve inspiriert. Nackte, sinnliche Frauen, offen für die Vergnügen der Liebe, ein Flötenspieler, Tänzer, hingerissen in einem bacchantischen Kreis. Die Farben sind pur, eindeutig, wie die Duftnoten von Couleur Fauve: Gold, Orange, Rot, ein Farbspektrum, das es ermöglicht, den Puls des Lebens und einen Zustand des Wohlgefühls zu vermitteln. Ambra und Labdanum geben diesem Parfum seine lustvolle, sinnliche und animalische Facette.“
Die Ingredienzen: Kopfnote: Szechuanpfeffer, Rosa Pfeffer, Bergamotte; Herznote: Ambra, Labdanum (Zistrose), Patchouli; Basisnote: Vanille, Benzoeharz, Castoreum, Ambra.
Wiki fasst kurz und knackig die Hintergründe des Fauvismus zusammen:
„Fauvismus wird in der Kunstgeschichte einer Stilrichtung der Malerei zugeordnet. Sie entstand aus einer Bewegung innerhalb der französischen Avantgarde zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Der Fauvismus, getragen von sehr unterschiedlichen Künstlern, bildet die erste Bewegung der klassischen Moderne. […] In den fauvistischen Bildern sollte die Farbgebung nicht mehr der illusionistischen Darstellung eines Gegenstandes dienen. Die malerische Aussage entstand aus dem Zusammenklang der Farbflächen. Typisch für die meisten Werke sind ihre leuchtenden Farben. Die Überlegungen zur Darstellung des Raumes sind jedoch ebenso wesentlicher Bestandteil der Bildkomposition.
Die Wurzeln des Fauvismus entstammen dem Impressionismus, Ziel war aber, der Flüchtigkeit impressionistischer Bilder entgegenzuarbeiten, um dem Werk mehr Dauer (frz. durée) zu verleihen. Eine eigene Theorie oder ein Manifest hatte der Fauvismus dabei nicht. Einer neueren Sichtweise zufolge habe der Fauvismus Gemeinsamkeiten mit dem Expressionismus. 1907 löste der Kubismus den Fauvismus ab und zog einige seiner Vertreter an. Es ist ein Erbe der Fauves, dass moderne Künstler die Farbe als individuelles Ausdrucksmittel sehen.“
Und wer hat es erfunden? Als Lehrer gilt vielen Gustave Moureau. Wer hat sonst noch mitgemacht? Viele, aber eher zufällig. Warum? Weil der Begriff auf einen Ausruf eines Kunstkritikers namens Louis Vauxcelles zurückgeht. Dieser besuchte 1905 eine Ausstellung in der Société du Salon d’Automne und entdeckte zwischen den Malereien der ausgestellten Künstler eine florentinischen Damenbüste von Albert Marque, woraufhin er mit folgendem Satz zitiert wird: „„Tiens, Donatello au milieu des fauves.“ – „Sieh da, Donatello umgeben von wilden Bestien.“ So schnell geht es mit dem Namen. Und ist der Ruf erst „ruiniert“, dann lebt es sich … Ihr wisst schon. So fanden nun Künstler in einer „Gruppe“ zusammen, die eigentlich nie eine sein oder werden wollte – das stieß auf Widerstand, man wollte sich nicht vereinnahmen lassen, nicht zusammengefasst werden. Die Künstler selbst lehnten den Begriff für ihre Kunst ab, verwendeten ihn erst später und nur äußerst zögerlich, vermutlich auch widerwillig. Das wiederum hängt sicherlich auch damit zusammen, dass das Wörtchen „Fauve“ nicht unbedingt schmeichelhaft war – genauso wenig wie der Ausspruch Vauxcelles:
„In dem Wort Fauve steckte unbewusst die zu dieser Zeit noch lebendige Ideologie, die den übermäßigen Farbenreichtum verurteilte und der Zeichnung für die Bildgestaltung den Vorrang gab. Die Farbe galt noch im Sinne Ingres’ als „tierischer Teil der Kunst“.“
Ein paar Namen dürfen an dieser Stelle dennoch nicht fehlen. Wiki nennt drei Pioniere (Matisse, de Vlaminck und Derain) sowie drei Hauptgruppen des Fauvismus: Die Schüler von Moreau und der Académie Carrière, zu denen auch Matisse gehörte, die Gruppe aus Chatou (hier kamen jene drei Pioniere zusammen, weil de Vlaminck und Derain dort lebten) sowie das „bekehrte Trio aus Le Havre von impressionistischer Herkunft“, Friesz, Dufy und Braque. So richtig trennscharf lässt sich der Fauvismus – wie viele andere Kunstrichtungen – nicht abgrenzen: Er ging später in den Kubismus über, der teilweise wieder an der Abstrakten Kunst vorbeischrammte, diverse Künstler hatten fauvististische Phasen oder sahen sich davon inspiriert … Alles, wie immer im Leben, nicht Schwarz und Weiß eben 😉
Puuuh, das war jetzt viel Theorie! Dennoch – die Fauvisten sind natürlich „cool“, ihre farbenprächtigen und -kräftigen Bilder beeindruckend und inspirierend … Deshalb ist Couleur Fauve auch nicht der einzige Duft, der sich von ihnen beeinflussen ließ – aus dem Stehgreif fallen mir noch ein: der tolle Cuir Fauve von Keiko Mecheri und Les Fauves von Les Parfums d’Amando Martinez (der, sorry, nach Pfeffergurke roch).
Wenden wir uns aber endlich Couleur Fauve, dem Duft zu: Ich würde ihn, sollte ich ihn etikettieren, als animalischen Ambraduft bezeichnen. Der Auftakt wird von einer ordentlichen Portion Pfeffer bestritten, die in der Nase kitzelt und bitzelt, dass es eine wahre Freude ist. Pfefferfans, hier entlang! So richtig viele Düfte mit prägnanten Pfeffernoten gibt es nicht, dafür aber viele Fans derselben – diese werden hier in jedem Fall auf ihre Kosten kommen, zumal die schöne Pfeffernote mehr oder weniger den ganzen Duftverlauf hindurch erhalten bleibt. Neben dem Pfeffer zeigt sich anfänglich ein Tier – kein Hauch, es steht real im Raum, meine Lieben 😉 Und zwar ein felliges Tier. Die animalischen Anklänge sind nicht zu leugnen, die im späteren Verlauf durch eine pudrige Würze oder auch würzige Pudrigkeit untermalt werden.
Wie Ihr sicherlich schon ahnt – hier liegt der Hase im Pfeffer oder vielmehr die Süße, denn hier drängt sich eine harzgeschwängerte Wärme wabernd hervor und hindurch, die gewohnt gekonnt verlockt mit ihrer süßen Schwere. Allerdings bleibt diese immer im Zaum, sie wird durch die animalischen Noten ausbalanciert. Ich hätte auf Zibet getippt, es ist allerdings das Castoreum, das neben seiner tierischen Anmutung kühle, mächtige Rauchschwaden zeichnet, die bisweilen sehr dominant sind. Rauch sollte man also etwas abgewinnen können, zumindest zwischendurch, denn Couleur Fauve ist ein verspielter, augenzwinkernder Temperamentsbolzen, der seine Ambivalenz liebend gerne zur Schau stellt: Viel Tier und viel Pfeffer, die sich zwischendurch in kühlen Rauch gewanden und dann wieder von einer schmeichelnden Süße umgarnt werden … Ein erotischer Schönling für die kälteren Jahreszeiten, meine Lieben! Und zwar einer, der, Ihr ahnt es bereits, sowohl an Männern als auch an Frauen exzellent zur Geltung kommt.
In diesem Sinne grüßt Euch ganz herzlich
Eure Ulrike, die heute in Decke eingepackt am Schreibtisch friert 😉
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