En passant …

… heißt „Im Vorübergehen“ und ist der Name eines, was sage ich, DES Fliederduftes überhaupt. Jener entstammt der beachtenswerten Edition Frédéric Malle und wurde von einer alten Bekannten kreiert: Olivia Giacobetti.

Olivia Giacobetti Madame Giacobetti erfreute uns schon in der Vergangenheit mit einer ganzen Reihe an Düften: Bei L’Artisan ist sie unter anderem für Dzing!, Passage d’Enfer, Tea for Two, Fou d’Absinthe, Safran Troublant und Premier Figuier verantwortlich, welchem Diptyques göttlicher Philosykos folgte sowie das beliebte Galliano-Raumspray samt Kerze. Dann kreierte sie die Nummer 1 für das Hôtel Costes, Préparation Parfumée für Andrée Putman, Hiris für Hermès, die Iunx-Düfte, einige Düfte für Honoré des Prés und viele(s) mehr – dies nur als kleinen Überblick.

Die Dame kann also was. Und hat bekanntermaßen eine auch eher leichtere Handschrift: Ihre Düfte sind zeitgemäß, oft puristisch, sie konzentriert sich gerne auf einzelne Facetten und Noten, Klarheit dominiert bei ihr, ohne jedoch auf Komplexität oder Originalität zu verzichten, mitnichten. Dem steht auch En Passant in nichts nach.

Als „impressionistischer Duft“ bezeichnet ihn Malle, der eine Momentaufnahme darstellt, basierend auf einer einzigen einfachen Duftnote: Weißem Flieder. Der Duft huldigt ebenjenem und verbindet ihn mit aquatischen Noten, Orangenblättern, Gurke und Weizen.

manetfliederDas hört sich alles erst einmal wenig spektakulär wenn nicht gar auch ein bißchen sonderbar an. Stimmt nicht. Der Duft ist ein wahres Juwel: Für mich, die ich Flieder liebe, der authentischste Fliederduft überhaupt. Kein einziges Molekül riecht hier chemisch, nein, man bekommt die geballte Wucht blühenden Flieders zu riechen. Eines satt blühenden Flieders, dessen Äste sich unter dem Gewicht der vielen Dolden schon bücken. Regennass sind dessen Blüten und besitzen jene reife Süße, die sie erst dann offenbaren, wenn sie ihre volle Pracht bereits erreicht haben, die vergängliche – kurz vor dem Verwelken.

Genau so einen Flieder rieche ich. Im Gegensatz zu den meisten anderen Fliederdüften sind die aquatischen Noten hier äußerst dezent ausgeprägt, ich würde vielmehr sagen, das Hauptaugenmerk liegt eher auf der Gurke, die hervorragend mit dem Flieder harmoniert, ihn im positiven Sinne verwässert wie ein leichter Pinselstrich bei einem Aquarellgemälde.

schwedenfliederGrüne transparente Noten zeichnen den Hintergrund und Weizen ist subtil wahrnehmbar, eine Ahnung frischer Croissants, frischen Gebäcks vermittelnd, das irgendwo in der Nähe gerade gefertigt wurde…

In der Tat, ein solch wunderschönes Bild, ein solch schöner Augenblick. Der mich immer wieder an folgendes Gedicht erinnert:

Weißer Flieder
Naß war der Tag – die schwarzen Schnecken krochen,
Doch als die Nacht schlich durch die Gärten her,
Da war der weiße Flieder aufgebrochen,
Und über alle Mauern hing er schwer.
Und über alle Mauern tropften leise
Von bleichen Trauben Perlen groß und klar,
Und war ein Duften rings, durch das die Weise
Der Nachtigall wie Gold geflochten war.
Börries Freiherr von Münchhausen

Ich wünsche Euch einen schönen Tag und einen guten Start in die Woche!

Liebe Grüße,

Eure Ulrike.

Bildquelle: Olivia Giacobetti von Guillaume Luisetti , Eduard Manet: Vase de fleurs, lilacs blancs (1882) und Swedish Summerhouse von Per-Åke Byström, some rights reserved. Vielen Dank!

Neueste Kommentare

Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

13 Kommentare

  1. 15. April 2010
    Antworten

    danke für die Duftbeschreibung – danke für das Gedicht.

    Leider ist es so unglaublich schwer, ein Parfüm zu finden, das den natürlichen Blütendüften in ihrer Leichtigkeit und gleichzeitig Intensität wirklich gerecht werden kann.

    Duftet es wirklich wie Flieder ?

    Gespannt bin ich auch auf den Päonienduft von L’Occitane …. und wieso gibt es kein Parfüm, das nach Wicken duftet?

    liebe Grüße, Angelika

  2. Stefan
    15. April 2010
    Antworten

    Danke für die schöne Beschreibung von En Passant… Ich freue mich immer wieder wenn ich aus meiner Probe, ganz sparsam, mir einmal einen Sprüher gönne!

    Der Duft hat eine Intensität und doch Leichtigkeit zu gleich…. Die Gurke ist beim Drill down wirklich zu schnuppern und der Duft ist für mich wahrlich kontemplativ! Ein Traum!

  3. Ingeborg
    15. April 2010
    Antworten

    Eine wunderbare Beschreibung dieses außerordentlichen Duftes. Ich habe ihn mir seit seinem Erscheinen in jedem Frühling gekauft, erst in Paris, dann online.Mit En Passant ist Olivia Giacobetti ein Meisterwerk gelangen. Die künstlerische Überhöhung eines Blütentraums in Gestalt eines Duftes, der weder schwer, noch süßlich ist, sondern das Wesen des Flieder eingefangen hat. Besonders an kühlen, regnerischen Tagen im Mai wirkt dieser Duft wie die Inkarnation des Frühlings.

  4. fredi
    15. April 2010
    Antworten

    Eine wunderbare Beschreibung! Tatsächlich empfinde ich auch diesen Duft als deutlich aquatisch, aber, da hast Du recht liebe Uli, nicht so ausgeprägt wie die anderen Fliederkandidaten, z.B. von Parfumerie Generale (Ether des Lilas blanc …. aus der Private Collection)

    @ Angelika: doch, gibt es – zumindest ein bisschen: Coeur de Fleur von Miller Harris duftet ganz eindeutig nach dem süßlichen Aroma von Wicken. Ein sehr schöner Frühlings-Blütenduft übrigens!

    LG, fredi

  5. Christiane
    15. April 2010
    Antworten

    Ich wollte ja eigentlich auf Entzug gehen, aber nur der Geist ist willig, die Nase ist schwach… Hach, Flieder!!! Aber als bloody beginner muss ich die dumme Frage stellen: wo kann man denn Frederic Malle erschnuppern? Das KadeWe ist ja nicht weit, aber nur auf Verdacht da einzufallen ist auch gefährlich;-))
    Liebe Grüße Christiane

  6. Lara
    15. April 2010
    Antworten

    Hallo Christiane,
    im Kadewe gibt es die Malle-Düfte nicht,aber im Departmentstore in Mitte.
    VG Lara

  7. 16. April 2010
    Antworten

    @ fredi
    danke für den Tip, da werde ich mich mal danach umschauen….

    liebe Grüße, Angelika

  8. Ulrike
    21. April 2010
    Antworten

    Hallo liebe Angelika,

    jaaaa, En Passant riecht wirklich wie Flieder, authentisch und natürlich 🙂 In der Tat ist, wie Fredi schon erwähnte, der Duft ein wenig aquatisch, ohne geht wohl nicht. Da die aquatische Note aber eher eine wässrige ist und von der Gurke herrührt, ist sie nicht störend. Ich persönlich empfinde aquatische Noten in den meisten Fliederdüften nämlich als störend weil irgendwie verfremdend. Das ist hier definitiv nicht der Fall – finde ich.

    „Inkarnation des Frühlings“ trifft es sehr schön Ingeborg!

    Liebe Grüße, Ulrike.

  9. Ulrike
    22. April 2010
    Antworten

    Hach liebe Christiane, Du solltest sie testen gehen die Malles… Aber Vorsicht, wenn Du gerade Abstinenz leben willst ist die Linie brenzlig für Dich- sie hat einige sehr schöne Düfte zu bieten, die Dir ernsthaft gefährlich werden könnten 😉



    Viel Spaß beim Schnuppern 😉

    Liebe Grüße, Ulrike.

  10. Christiane
    28. April 2010
    Antworten

    Also wirklich Ulrike, Du solltet doch schwache Seelen/Nasen nicht auch noch in Versuchung führen,tztztz…
    Liebe Grüße, Christiane

  11. Christiane
    7. Mai 2010
    Antworten

    Nun habe ich ihn endlich auch – könnte mein Heiliger Frühlings-Gral werden. So schön!!! Ingeborgs Meinung werde ich gleich morgen verifizieren(„regnerische Maitage“ gibt es ja gerade reichlichst). Und, liebe Ulrike, Du hattest recht, die Linie ist gefährlich – sehr sehr schöne Düfte dabei (zum Glück liegen mir nicht alle;-)). Und von den „restlichen“ durfte ich Pröbchen mitnehmen…

    • Ulrike
      8. Mai 2010
      Antworten

      Das ist immer die „gottgegebene“ (Atheisten/Agnostiker mögen das Wörtchen Gott bitte als Variable für Unterbewußtsein, Vernunft, whatever sehen) Bremse – wenigstens gefällt einem nicht ALLES in den meisten Linien, das beruhigt (vor allem den Bankberater).
      Aber es gibt auch böse Ausfälle, bei mir zumindest. Z.B. bei Byredo „brauchte“ ich bis auf zwei Düftchen dann doch alle… Wohlgemerkt: Ich rede mal wieder von BRAUCHEN, nicht von zu vernachlässigenden Bedürfnissen…
      😉 😉

      Ich wünsche Dir viel Freude mit dem schönen Fliederdüftchen! Ich trage ihn heute auch, nachdem ich vom Markt zwei Arme voll Flieder mitgebracht habe, die jetzt Wohnung und Katzen erfreuen 😉

      Liebe Grüße,

      die Uli.

  12. Christiane
    8. Mai 2010
    Antworten

    Danke für die Wünsche und Grüße – und falls der Bankberater die Reißleine ziehen sollte, sitze ich wenigstens phänomenal duftend unter der Brücke…
    Liebe Grüße
    Christiane

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert