… beginnen nun auch bei mir so langsam. Kalendarisch hat er ja bereits vorletzte Woche angefangen, genauer: Am Samstag, den 20. März war es soweit – der Frühling war da. Und in der Tat haben wir davon in weiten Teilen Deutschlands auch schon etwas gespürt Ende letzter Woche. So wirklich überzeugend und dauerhaft war das alles noch nicht, aber vielleicht ist er einfach aus der Übung, der gute Frühling, und muß sich erst „warmlaufen“, wie bei Theodor Fontane:
Nun ist er endlich kommen dochIn grünem Knospenschuh;
„Er kam, er kam ja immer noch“
Die Bäume nicken sich’s zu.
Sie konnten ihn all erwarten kaum,
Nun treiben sie Schuß auf Schuß;
Im Garten der alte Apfelbaum,
Er sträubt sich, aber er muß.
Wohl zögert auch das alte Herz
Und atmet noch nicht frei,
Es bangt und sorgt; „Es ist erst März,
Und März ist noch nicht Mai.“
O schüttle ab den schweren Traum
Und die lange Winterruh:
Es wagt es der alte Apfelbaum,
Herze, wag’s auch du.
Mein Fuß hat sich zwar noch nicht in die Sommerschuhe gewagt, ich bin aber bereits gewappnet und pedikürt. Mein Geldbeutel läßt eine neue Garderobe gerade mal nicht zu, da ich aber ohnehin ein antizyklischer Käufer aus Bedürfnis, nicht aus Bedarf heraus bin ist auch jenes nicht so tragisch – genügend Kleidungsstücke harren noch des ersten Tragens… Mein Herz aber hat sich schon getraut und gewagt: Frühlingsgefühle müssen olfaktorisch unterstützt werden – so ließ ich Herzenswünschen Taten folgen und habe – the same procedure as every year – meine Duftbestände einmal mehr „umgegraben“, um Frühlingshaftes zutage zu fördern.
Und habe Euch just eine Liste meiner Lieblingsfrühlingsboten erstellt, die ich gerne mit Euch teilen mag – verknüpft natürlich mit der Frage nach EUREN Lieblingen! Die Reihenfolge spielt im übrigen keine Rolle und ist bewußt unbewußt gewählt 😉
The Different Company Divine Bergamote
Vor einigen Tagen schon zur Sprache gekommen: Meine Lieblingsbergamotte. Nomen ist hier omen, absolut: Eine Göttliche, sanft, elegant, feminin, erwachsen und sich permanent verändernd im stetigen Spiel. Süße, spritzig-prickelnde Hesperidenfrische, Ingwertee, säuerlich-herbfruchtiger Rhabarber = die immer ein wenig melancholische Leichtigkeit des Seins – herrlich!
Parfum d’Empire Eau de Gloire
Eine Hommage an Napoleon Bonaparte und nach dessen angeblichen Duftvorlieben hergestellt. Kleine Männer mit großem Ego hin oder her, mir alles ganz gleich, ich brauche nur: Den Duft. Den Eau de Gloire eignet sich ganz hervorragend für den Frühling: Hesperiden in einem klassischen strengen Kräutermantel, ein Tupfer Tee für die Weite um die Brust und ein wenig Anis und Immortelle, die mit ihren charakteristischen Dufteigenschaften eine trockene, fast lakritzige Süße bescheren. Ledernoten gruppieren sich hinzu samt frischer Tabakblätter, die von einer Basis von Weihrauch und Eichenmoos getragen werden. Ein wunderschöner krautig-(er)frisch(end)er Geselle und einer der wenigen im Frühjahr/Sommer wirklich tragbaren Lederdüfte.
Vip Room Signature (leider discontinued)
Vip Rooms Signature, den ich neulich in der Lederserie bereits erwähnte, ist auch eines jener Sommerlederchen: Ein herrlich fruchtig-floraler, exotischer Lederling, sehr feminin und sinnlich. Spritzige Ananas und betörend-tropische Tiaréblüte treffen hier auf feinstes, buttrig-weiches Wildleder. Untermalt wird das Ganze durch pudrige Vanille, samtene Iris sowie Harze und Sandelholz. Man nehme, wie ich schon sagte, Maitre Parfumeur et Gantiers Bahiana, einen meiner Sommerfavoriten, und kreuze diesen mit Annick Ménardos kongenialem Bulgari Black. Dann dürfte man in etwa bei Vip Room landen. Ein echter Jammer, daß dieser Duft nicht mehr produziert wird. Allerdings hat man manchmal noch Glück bei Ebay…
Hermès Hermessence Osmanthe Yunnan
Und schon wieder ein Lederchen, wenn auch ein gut verstecktes: Ja, Osmanthe Yunnan ist ein Lederchen. Aber – nicht nur. Und dürfte deshalb auch Nicht-Leder-Herzen höher schlagen lassen. Jean Claude Ellena, Hermès-Hausparfumeur in seinem Element: Puristisch-minimalistische Düfte, transparent und luzide, aber trotzdem komplex. Siehe auch Divine Bergamot. Und hier sind durchaus bestimmte Ähnlichkeiten feststellbar, aber riecht selbst. Ich finde Osmanthus hier perfekt umgesetzt: Fruchtig-frisch mit den ihm typischen Aprikosen/Pfirsich-Noten ist jener mit subtil rauchigen Teenoten versetzt, die im Zusammenspiel mit Freesie für sanft-wässrige Anklänge sorgen, unterstrichen von einem Hauch zarten Wildleders. Edel. Elegant. Understatement. Und sowas von perfekt für den Frühling.
Jo Malone Black Vetyver Café Cologne
Wie ich neulich am Counter meines Vertrauens sah, nun endlich auch in Deutschland gelandet und erhältlich: Black Vetyver Café. Bei mir weilt schon seit Jahren eine Flasche, denn: Ich liebe Kaffee. Und: Ich liebe Vetiver. Black Vetyver Café ist ein typischer Malone und somit auch ein typischer Engländer: Ecken und Kanten sucht man vergebens, aber, ganz ehrlich – die braucht man auch nicht immer. Zwischendurch darf es auch ein Immergeher sein, und dafür sind die meisten Malones ja ohnehin prädestiniert, zumindest meines Erachtens nach. Black Vetyver Café ist ein Bestandteil ihres Layering-Konzeptes und somit wie die meisten seiner Malone-Kollegen nicht über die Maßen komplex. You get what you read: Grün-grasiger und verstohlen rauchiger, vermehrt aber frischer Vetiver mit einer Sauberkomponente trifft auf zum Teil noch grüne, dennoch leicht angeröstete und würzige Kaffeebohnen. Sehr nett wie ich finde.
Welches sind denn nun Eure FRÜHLINGSFAVORITEN? Ich bin gespannt. Und Ihr dürft es auch sein, morgen gibt es nämlich einen Bericht von der Messe und übermorgen Teil 2 meiner Frühlingsboten 😉
Liebe Grüße und einen schönen Tag Euch,
Eure Ulrike.
Gerade trage ich erstmals die ehemals göttliche Bergamotte und muss sagen: Lecker! Lecker! Lecker!
Ein Duft, der dem sonnigen Frühlingswetter draußen entspricht: Sommer, Sonne, Bergamotte! Und gleichzeitig so schillernd ist wie das Aprilwetter – immer wieder für eine Überraschung gut und langanhaltend spannend 🙂