… ist vor kurzem im Shop gelandet. Grund genug, sie sich näher anzusehen, allerdings konnte ich mir ein Seufzen nicht verkneifen: Ein Pröbchen nach dem anderen zog ich aus meinem Paket … über ein Dutzend Düfte. Das ermüdet mich bisweilen, wenn eine neue Marke mit derart vielen Düften ankommt – Blend Oud zugute halten muss ich aber, dass sie nicht mit mehreren Handvoll Parfums gestartet sind. Es gibt die italienische Marke schon seit 2014 und mittlerweile umfasst sie drei Kollektionen, die Original Collection, Private Collection und die Reserve Collection. Dennoch kann ich eine gewisse Neugierde natürlich nicht unterdrücken, deshalb habe ich beschlossen, dass wir uns die Düfte „im Schnelldurchlauf“ ansehen. Beginnen werden wir mit der Classic Collection.
BARK – … nein, hier geht es weder um ein Segelschiff noch um Borke oder einen bellenden Hund, im Arabischen gibt es das Wörtchen wohl auch, wo es für einen besonderen Schutz steht, vielleicht auch Heimat. In der Duftbeschreibung des Herstellers ist von einem schützenden, starken Schild die Rede – und selbstredend von einem Gentleman, der mit Humor und Verführungskraft, Kraft und Harmonie überzeugt … oder so.
Bark öffnet mit einer Erinnerung, einer guten, die ich nicht näher identifizieren kann. Er erinnert mich an etwas, und ich komme einmal mehr nicht drauf. Egal. Kurz denke ich „Hier wird doch nicht schon wieder ein Aventus-Klon …“, verwerfe den Gedanken aber umgehend wieder. Bark ist frisch-fruchtig und hat als Gegengewicht Ledernoten und Wärme in und aus der Basis, wird aber nicht zum Creed-Wiedergänger. Vielmehr fühle ich mich an einen anderen Duft erinnert, einen Liebling von mir – Carons Anarchisten. Der brilliert ebenfalls mit Mandarine und Pfefferminze im Kopf, denen Bark allerdings süße Zimtschärfe, samtige Rose sowie Leder entgegensetzt, die auf einer feinen Harz-Holz-Basis ruhen. Kann was – und ist definitiv was für adrette Männer.
OUD AL EMARAT – das Oud der Emirate, inspiriert von „Oldschool“-Männern, die ihre Wurzeln kennen und so weiter. Spannend: der Pfeffer im Auftakt, der ordentlich in der Nase kitzelt. Schwarzer Pfeffer, von balsamischen Noten begleitet, dunkelgrün-aromatisch wird es ebenfalls. Rosenholz, ja, das eher kühle, begleitet von frischem Kardamom und … für mich – Honig. Aber gekühlter Honig. Honigeis. Und rauchiges Oud, holziges Oud, Oud mit einer Ahnung Tier. Ich mag das. Es gibt zig Ouddüfte, ich weiß. Der hier ist aber richtig gut und für mich, obschon ich bereits etliche Ouddüfte in meinem Repertoire habe, definitiv einen Kauf wert, ich werde ihn weiter testen. Seine Farbigkeit – dunkelgrün-schwarzer Samt. Toll.
GHAZAL – … gefällt mir besonders gut, weil das Wort der Name der Wüstenziegen ist – hätte man, hätte ich ahnen können, Gazelle … Frei, wild, intelligent und instinktiv handelnd sind diese, darauf zielt der Duft wohl auch ab, auf diese Charaktereigenschaften. Nebenbei bemerkt: Ich möchte auch eine Ziege. Zurück zum Duft – den würde ich auch nehmen 😉 Unsere „Ziege“ hier ist eine wundervolle Weibse. Eine, die mit cremigstem Jasmin lockt, mit herrlich taubenetzten Pfingstrosen. Eine, die generell an Blumenmeer erinnert, an Sommer, an unbeschwertes Sein. Und weiblich ist, keine Frage, eine Verführerin, den unter den Blümelein wird es wärmer, der allumfassenden Cremigkeit wohnt eine samtige Harzwärme inne, die verheißungsvoll wirkt. Eine Handvoll Hesperidenfrüchtchen zitrisch-frischer Natur in der Kopfnote halten die Balance. Edel, elegant, feminin und sinnlich bei Ghazal keine Worthülsen, sondern Wahrheit.
TEEB – … kommt aus dem Arabischen, heißt soviel wie „rein“ oder auch „gut“. Der Duft soll eine Hommage sein an die Göttin der Reinheit, der Natur, darüber hinaus fällt in diesem Zusammenhang das Wörtchen Wald. Und waldig geht es hier in der Tat zu … Seltsam ist der erste Eindruck und selten: eine fast schon aquatisch anmutende Frische, fruchtig dank eines grünen Apfels, mitten im Wald, Pinien, Zedernholz und viel Baumharz. Das bleibt, beides – und gewinnt noch eine dritte Facette hinzu, und zwar eine samtige, pastellfarbene Lavendelnote, weniger krautig-ernst als vielmehr süß-würzig und zart. Jicky meets Aventus – und das Ganze für Männer? Ja, könnte hinkommen. Samtweich-cremiger Lavendel, Äpfel und kühler Forst, ein Immergeher, der sich definitiv eher an das männliche Publikum richtet und bei diesem auch gut ankommen dürfte.
MAZYON – … ist der Kreativität gewidmet und sieht sich inspiriert vom „künstlerischen Genie“, dem, in diesem Falle ganz unreligiös gemeinten Schöpfergeist, der sich in Kunst, Malerei oder Musik ausdrückt, wobei ich bitte um Literatur und Film ergänzen möchte, des Weiteren Architektur, Design et cetera. Egal, unsere Muse hier wird von einem ausladenden, aber sehr modernen Jasmin dargestellt, ein kühler, von minzig-mentholischen Anklängen begleitet, der darüber hinaus eine gewisse seifig-würzige Anisnote versteckt, die ab und an hervorschillert. Getragen wird diese stolze Vertreterin der Flora von watteweichem und wolkengleichem Moschus, der eine leise Harzwärme aufweist. So oszilliert unser Kreativling beständig zwischen Wärme und Kühle, wobei er letzterer meist näher ist, was ihn bisweilen ein wenig unnahbar erscheinen lässt. Aber ist Kunst nicht auch oft … zu erobern? In jedem Fall ist Mazyon keine Kuschelmaus, was mir den Duft sehr sympathisch macht 😉
Morgen geht es weiter mit Blend Oud – bis dahin alles Liebe und viele Grüße
Eure Ulrike
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