Atelier Cologne haben soeben zwei neue Düfte lanciert – und ich musste feststellen, dass da ohnehin eine Lücke klafft hinsichtlich unserer Rezensionen. Es fehlen einige Düfte, obschon wir eine überwiegende Mehrzahl der mittlerweile gar nicht mehr kleinen Kollektion bereits vorgestellt haben. Ich denke, ich muss demnächst mal komplettieren, denn ich mag die Linie, die mittlerweile zu L’Oréal gehört, überaus gerne. So bin ich natürlich wirklich sehr gespannt, wie sich die Neulinge machen, zumal der erste dem Namen nach gleich zwei Ingredienzen verspricht, die sofort Begehrlichkeiten und Neugierde wecken …
… Café Tuberosa. Kaffee und Tuberose in einem Duft? Hört sich vorzüglich an und ganz so, als müsste ich den haben 😉 Schauen wir ihn uns doch gleich an:
„Er hatte eine geheimnisvolle Einladung nach Venedig erhalten, nur wenige Tage nach dieser unvergesslichen Nacht. Er fragte sich, was es damit wohl auf sich hatte, bis er das „Café Tuberosa“ erkannte. Dort saß sie und beobachtete ihn. Sofort wurde es ihm klar. In einem Moment würden sie die Chance haben, von Neuem zu beginnen.“
Die Geschichte dazu ist ergebnisoffen, sehr viel ergebnisoffener als der Test, da bin ich mir sicher, denn es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn ich ihn nicht lieben würde …
Seine Ingredienzen: Kopfnote: Bergamotte, Mandarine, Kardamom; Herznote: Tuberose, Kakao, Damaszener Rose; Basisnote: Kaffee, Patchouli, Vanille.
Im übrigen, da jahreszeitentechnisch Sofa lümmeln angesagt ist – kennt Ihr Richard Linklaters Before-Trilogie mit Ethan Hawke und Julie Delpy? Jahrelang war ich der Ansicht, dass es sich dabei um eine stinknormale „RomCom“ handelt, eine Romantic Comedy, die ich meistens scheue ob ihrer Seichtigkeit und ihrem meistens auch recht flachen Humor. Vollkommen falsch, wie sich im Nachhinein herausstellte. Vielleicht ging es jemand wie Euch auch so? Oder die Filme sind aus anderen Gründen an Euch vorbeigerauscht?
Um was geht es? Um zwei Menschen, Männlein und Weiblein selbstredend, eine Zufallsbekanntschaft, die während einer Zugfahrt entsteht und darin gipfelt, dass die beiden eine gemeinsame Nacht durch Wien schlendern. Und nur darum geht es in dem Film – über dieses Aufeinandertreffen zweier Menschen, die sich sympathisch sind, die sich treiben lassen für wenige begrenzte Stunden, sich unterhaltend über das Leben, den Sinn und Unsinn desselben, über Gott und die Welt. Sie trennen sich danach und – kein echter Spoiler, da es sich um eine Trilogie handelt, die allerdings mit großem zeitlichem Abstand gedreht wurde, 1995, 2004 und 2013 – treffen sich wieder. Das war die Überleitung zu Café Tuberosa, denn so könnte das Wiedersehen aussehen … Wer die Filme noch nicht kennt – eine dringende Empfehlung, und zwar nicht nur für Frauen, es sind keine „Frauenfilme“ 😉 Die Drehbücher sind wirklich exzellent geschrieben, wenn möglich also im Original schauen, wobei die deutsche Synchronisation gut gelungen ist.
Kommen wir zurück zum Duft, zu Café Tuberosa …
… ok, verloren. Oder gewonnen, je nach Perspektive. Verloren hat mein Geldbeutel, mein Budget. Ich muss ihn haben. Er ist wahnsinnig toll, wundervoll, wunderbar, wunderschön. Ihm wohnt eine der authentischsten, vielleicht gar die authentischste Kaffeenote inne, die ich jemals in einem Duft erlebt habe. Kaffee, herb und mit Röstaromen, samtig und pudrig dank einer dezenten Kakaonote. Gewürzt von Kardamom, während irgendwo im Hintergrund ein paar zitrische Sprenklerchen bitzeln und prickeln. Und dann ist da noch die Tuberose, eine, die zumindest auf meiner Haut einmal nur die zweite oder vielmehr hintere Geige spielt, bildlich gesprochen. Sie ist da, wahrnehmbar als cremige, süß-florale Seite des Duftes. Eine, die „parfümig“ duftet, opulent ist, aber von der Herbheit des Kaffees hervorragend in Schach gehalten und ausbalanciert, vielleicht auch – in die zweite Reihe verbannt.
Tuberosenzögerer oder -ablehner müssen hier demnach gar keine Angst haben, denn wir haben es nicht mit einer dominanten Tuberose zu tun, die darüber hinaus auch keine sonstigen weißblühertypischen Zicken macht.
Café Tuberosa ist sinnlich und ich empfinde ihn als sehr sexy – aufgrund seiner Ambivalenz, die logischerweise den fast schon gegensätzlichen Protagonisten Kaffee und Tuberose zu verdanken ist und ihrer wahnsinnig schönen und eleganten Ausstrahlung. Unbedingte Testempfehlung! Harmen ist im übrigen auch sehr angetan 😉
Musc Impérial ist unser zweiter Kandidat:
„Emotionen und Orte sind manchmal untrennbar miteinander verbunden. Belebt von der Energie der Sonnenstrahlen und der leichten mediterranen Brise erwacht die Stadt gegen Abend zum Leben. Das Treffen findet ganz oben auf dem Dach statt. Aufregung ist unvermeidlich. Die Party wird legendär.“
Die Ingredienzen: Kopfnote: Bergamotte, Muskatellersalbei, Schwarze Johannisbeere; Herznote: Lavendel, Feige, Leder; Basisnote: Ambrette, Virginia-Zedernholz, Moschus.
Dachpartys kenne ich leider nur aus … der Werbung 😉 Meistens für irgendwelche Alkoholika, manchmal aber auch für Versicherungen oder ähnliches. Lachende ausgelassene Menschen, traumhafte Temperaturen, Tanzen und so weiter. Vielleicht bin ich auch schon zu alt dafür 😀 … oder muss an die „falschen“ Filme denken. Ihr seht schon, mit Filmen habe ich es heute – ebenfalls ein grandioses Werk, und zwar über einen Journalisten-Lebemann und Casanova, der nach Jahrzehnten im Nachtleben Roms die Oberflächlichkeit seiner bisherigen Welt entdeckt …
Spätestens jetzt wisst Ihr es: Ich tanze nicht mehr gar zu oft auf ausschweifenden Festen, erst recht nicht auf solchen, die auf Dächern stattfinden. Dennoch lasse ich mir Musc Impérial nicht entgehen, den ich auf Basis seiner Duftnoten so gar nicht einordnen kann, vielmehr: so gar keine Vorstellung davon habe, wohin die Reise gehen könnte. Dass ich kein ausgesprochener Moschusliebhaber bin, hatte ich auch schon erwähnt – ich habe zwar auch nichts gegen diese Ingredienz, allerdings haben es nur sehr wenige Moschusdüfte in meine Sammlung geschafft, was daran liegt, dass Moschus im Normalfall einfach fast immer an meinem persönlichen Geschmack vorbeizielt. Mal schauen, ob Atelier Cologne nicht dazu in der Lage sind, bei mir einen (weiteren) Nerv zu treffen und mich zu begeistern!
… ein neuer Duft reicht für heute. Musc Impérial ist es nicht. … oder doch? Nach einigen „Metern“ bin ich mir nicht mehr so sicher: Hat er mir auf den ersten, die ersten Schnupperer „nur“ gefallen, sehr gut gefallen, war aber objektiv nichts für mich, muss ich vielleicht revidieren. Er ist … spannend. Und ich würde ihn sehr gerne mal auf ein paar Männerhäute sprühen, die gerade leider nicht zur Verfügung stehen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass er an Männern auch ziemlich toll sein kann, so er zum Typ passt.
Auf den ersten Blick und Schnupperer ist Musc Impérial nichts Besonderes. Weich ist er, und zeigt eine grüne Feige. Ok. Mag ich, ist aber nichts Ungewöhnliches und erst recht nichts Neues. Nase weg vom Handgelenk. Und … zehn, zwanzig Sekunden später wieder ran. Denn Musc Impérial hat etwas Magisches. Er ist ein Duftchamäleon, besteht aus unterschiedlichen Schichten, die sich miteinander verbinden, zum Teil aber auch einzeln hervorstrahlen, neugierig machen, locken. Er wirkt bisweilen auf mich so, als hätte ich ein Duftlayering gemacht, einzelne Düfte kombiniert, die sich nur teilweise vermischt haben. Mit drin ist auf jeden Fall der mediterrane Garten von Hermès, allerdings ist bei Musc Impérial die Feige grüner. Dann ist da noch eine Moschuswolke, eine überaus zarte, die aber hin und wieder eine feine Lavendelwürze durchscheinen lässt. Entschwindet meine Nase hinsichtlich des Handgelenks, grüßt mich mitunter auch ein Hesperidenlüftchen. Eines, das mit fruchtig-säuerlichen Johannisbeeren keck und dynamisch erscheint und darüber hinaus eine ganz und gar un-aquatische Frisch-Geduscht-Assoziation weckt, die sogar mir gefällt und im weiteren Verlauf Erinnerungen an Creeds Aventus heraufbeschwört. Und kaum ist die Nase wieder am Handgelenk zurück, erwartet mich eine sandige Wildlederwärme, wie ich sie unter anderem aus L’Artisan Parfumeurs Dzing! kenne.
Musc Impérial ist extrem wandlungsfähig, eigentlich eine eierlegende Wollmilchsau in Sachen Duft, wie man so schön sagt. Er ist deshalb, überflüssig zu erwähnen, ein echter Immergeher sehr moderner Natur. Und hätte sicher auch in die Kollektion von Byredo gepasst seinem Charakter nach.
Na, neugierig geworden? Wer testet wen?
Viele herzliche Grüße
Eure Ulrike
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