Heute und morgen beschäftigen wir uns nochmals mit den neuen Parfums aus dem Hause Cire Trudon. Vorgestern hatte ich Euch bereits Révolution vorgestellt, heute geht es weiter mit Olim und Bruma.
Olim macht den Anfang:
„Olim represents the vanity and emotion of a royal era. Powdery notes touch on beauty; spices evoke decadence and resins hint towards opulence. Olim refers to a form of purity with an underlying richness.“
Und weiter:
„Olim (Latin for “once”) recalls the first four registers of the old Parliament of Paris, including the numerous texts and laws delivered to the King’s court between 1254 and 1318 under different reigns, particularly St. Louis (1214-1270). Olim shines light on the evolution of royal power and the decline of 13th-century French feudalism.“
Parfümeurin Lyn Harris kommentiert ihre Kreation folgendermaßen:
„A spirit, a veil of elegance, and beauty…the scent is full of history. Better still, it has the power to reveal history. Cold notes, reinterpreted in a modern way leave a lasting impression in those around and purity on those who wear it.“
Ok, wovon ist hier die Rede? Lasst uns ein bisschen in den hinteren Kämmerlein unseres Gedächtnisses „kruschteln“: Ludwig der VIII. macht Frankreich zu Beginn des 13. Jahrhunderts zur Erbmonarchie, sein Nachfolger Ludwig der IX., auch Ludwig der Heilige genannt, ist dann eine richtig große Nummer. Er gilt als einer der bedeutendsten Herrscher des Mittelalters (in Europa). „Reinheit“ mit darunter verborgener „Reichhaltigkeit“, unabhängig davon ob nun Luxus, Opulenz oder Vielfalt gemeint ist – das kommt schon hin, denn bei diesen Königen haben wir es mit sehr christlichen Herrschern zu tun. Dennoch habe ich ein bisschen ein Problem damit, mir so richtig vorzustellen, was wirklich damit gemeint ist. Ich empfinde die Impression als zu schwammig weil zu weit gefasst. Egal – ab auf die Haut, ich bin nämlich äußerst gespannt, was Lyn Harris denn hier kreiert hat!
Hach, ich mag einfach die Handschrift von Lyn Harris! Was für ein wunderschöner Duft! Er ist keinem Geschlecht eindeutig zuzuordnen, kann also von Männlein wie Weiblein getragen werden. Ein Gewürzling, aber kein Orientale im klassischen Sinn – könnte unter der Bezeichnung moderner Orientale laufen, was zum Duft, nicht aber zu seiner Einordnung passen würde. Komplex, aber dennoch in seiner Aussage minimalistisch, wahnsinnig fein gewebt und definitiv ein Understatement-Duft, der aber gleichzeitig über eine sehr gute Sillage und Strahlkraft verfügt und einen sehr besonderen Charakter aufweist, was ihn wiederum zum Statement-Duft macht. Werfen wir doch einen Blick auf die Duftnoten: Kopfnote: Bergamotte, Lavendel, Anis; Herznote: Rosa Pfeffer, Gewürznelke; Basisnote: Patchouli, Benzoeharz, Myrrhe, Moschus.
Lavendel krautet in meiner Nase, ehrwürdig, stolz und trocken, von dezentem Anis hintergründig beleuchtet. Wir haben es hier keinesfalls mit einem Ouzo-gleichen Anis zu tun, einem vordergründig präsenten, sondern mit einem, der seine aromatisch-likörig-krautigen Töne als Beiwerk einsetzt, gleich einem Chor. Pfeffer kontrastiert, in allererster Linie aber mehr würzig als scharf, während Gewürznelke ihre samtig-dumpfen Fühlerchen ausstreckt, dem Duft Süße schenkend und Wärme, welche von den Harzen aus der Basis aufgegriffen und verstärkt wird. Olim ist einerseits harzwarm und durch seine Gewürznelke auch würzig-pudrig, andererseits grün-krautig-aromatisch sowie im weiteren Duftverlauf kokelig-holzig. Ihm wohnt eine dezente Süße inne, alles in allem ist er trocken, strahlt eine gewisse Erhabenheit aus – hier sehe ich jenen Geschichtsaspekt erfüllt, er ist bedeutungsschwer, wenn man es so möchte, ohne jedoch zuviel zu sein. Nicht vergessen – Olim ist modern interpretiert und umgesetzt. Für mich steht er in einer schönen Reihe mit jenen gewürzigen Modernen, die ich so liebe – der Signature von Costes, einige Düfte von Miller et Bertaux etc.. Wer diese Art Duft mag wird Olim lieben!
Bruma ist unser zweiter Kandidat:
„Bruma contains a distinguished, almost animal-like sensuality. In the night, a feminine rider draws inner strength from the elements that surround her: her horse and the depth of the forest at night seem to give her a magnetic and carnal aura.“
Und weiter:
„Bruma (“solstice” in Latin) is intrinsically tied to the sun. And to royalty. An icy solstice, Bruma feeds on the moon and the forest to evoke the inner metamorphosis of a character in contact with the nature surrounding her.“
Der Parfumeur von Bruma ist diesmal ein anderer – Antoine Lie, der Folgendes über seine Kreation sagt:
„A noble figure leaves the comfort of her rooms on horseback at night to discover a part of herself in another, nearly supernatural place. Her appearance is evoked by the notes that transcribe her femininity as well as her elevated rank. The rider crosses a clearing, passing from the half-dark into the nocturnal light, shrouded in mystery, enigma and a distinguished sensuality that is almost animal-like. Her beauty is suddenly revealed by a spiritual energy.“
… bin ich die einzige, die an Game of Thrones denkt? 😉 Ich bin mir sicher, einige von Euch sind genauso große Fans dieser Serie wie ich – Steffi und Harmen sind in jedem Fall „an Bord“. Eine Reiterin von nobler Gestalt und Abstammung, mysteriös, mit einer Sensibilität, die an ein instinkthaftes Tier erinnert … eine (Raub)Katze vielleicht? Von spiritueller Energie ist die Rede … hier kämen selbstverständlich einige Charaktere aus Game of Thrones in Frage … vielleicht Arya Stark? Oder Brienne von Tarth? Die ist allerdings ein ziemliches Mannsweib 😀 Ygritte? Oder gleich Daenerys Targaryen, die Mutter der Drachen? Wer Game of Thrones noch nicht kennt, sollte sich einmal überlegen, ob er dieser hervorragenden Serie eine Chance gibt: Es ist – eine Fantasy-Serie. Und ja, es gibt Drachen und Zauberer. Aber gleichzeitig ist Game of Thrones auch ein Epos, eines, das nicht das typische Schwarz-Weiß vieler Fantasy-Werke malt. Die Bücher dazu sind genau deswegen Kult – aufgrund ihrer Komplexität, ihres Facettenreichtums, der Entwicklung ihrer Figuren, die allesamt nicht in die profanen Schubladen „Gut“ oder „Böse“ passen wollen.
Wer von Euch schaut denn Game of Thrones und/oder kennt die Bücher dazu (A Song of Ice and Fire/Das Lied von Eis und Feuer von George R. R. Martin)?
Kommen wir zurück zu Bruma – die Ingredienzen: Kopfnote: Schwarzer Pfeffer, Lavendel, Galbanum; Herznote: Veilchen, Pfingstrose, Iris, Jasmin; Basisnote: Labdanum (Zistrose), Vetiver, Tonkabohne.
Bruma hätte auch Iris de Nuit heißen können, allerdings ist der Name schon belegt und wäre sicherlich auch zu simpel gewesen … Eine samtig-seidige, kühle Irisschönheit, von Pfeffer kokett akzentuiert. Verhalten rosige und fruchtige Anklänge wohnen ihr inne, Jasmin untermalt die Cremigkeit, die von Tonkabohne eine leise Vanillenote erfährt. Aus der Basis strömt eine subtile Wärme hervor, die hin und wieder die Oberhand gewinnt, wobei Bruma im Allgemeinen ein eher kühler Duft ist. Und dennoch ist er – sinnlich. Fließend, auf eine Art. Was sicherlich der anmutigen cremigen Seidigkeit geschuldet ist, die sein Naturell ausmacht. Ich fühle mich hier entfernt erinnert an Juliette has a Guns Moon Dance, der eine eine ähnliche Strahlkraft aufbot, allerdings wesentlich üppiger ist. Allerdings wären wir bei diesem Label richtig, denn Bruma bietet jenes Strahlen, das einigen Juliette has a Gun-Düften eigen ist. Für mich ist er – schwarz-weiß. Oder zumindest „fahl“ leuchtend in nächtlichen Tönen, ohne viel Farbe – im allerbesten Sinne gemeint.
Ich bin mir noch nicht ganz sicher – zumal uns ja auch noch zwei weitere Düfte erwarten -, aber ich denke, dass Bruma mein bisheriger Favorit ist.
Morgen geht es weiter – bis dahin alles Liebe und ein schönes Wochenende
Eure Ulrike
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