Pineider – Vier auf einen Streich

Unsere To-Smell-Liste ist heute vollgepackt mit vier weiteren Düften aus dem Hause Pineider. Diese hören auf die wohlklingenden italienischen Namen Orchidea Reale, Assoluta di Neroli e Gelsomino, Estratto di Colonia und Oud Assoluto. Auch diese Düfte des Schreibwaren-Unternehmens Pineider entstanden in Zusammenarbeit mit dem jungen Italiener Luca Maffei. Da ich in den letzten beiden Artikeln zu den Hintergründen von Duft-, äh Schreibwarenhaus und Parfümeur bereits das Wichtigste gesagt habe, möchte ich mich nun auch gar nicht lange mit mit weiteren Details hierzu aufhalten, sondern mich gleich ins Rezensionsgeschehen stürzen. Vier Düfte sind schließlich vier Düfte. 🙂

Orchidea Reale – ’Ne echte Orchidee

Unser erster Duft dreht sich (na, wer kann es erraten?) um die Blüte der Blüten, die exotisch-tropisch anmutende, oftmals bizarr gestaltete und immer wunderschöne Orchidee. Für mich stellen Orchideen das Sinnbild meines ewigen Scheiterns und Versagens dar, denn – trotz eines recht ausgeprägten grünen Daumens – schaffe ich es, alle Orchideen in meinem Umfeld innerhalb von kürzester Zeit zum Sterben zu bringen. Allen Tricks und Tipps von Verwandten und Bekannten zum Trotz ist Orchideen bei mir wahrhaftig kein langes, glückliches Leben vergönnt … Als personifizierter Orchideentod schaffe ich es heute hoffentlich dennoch eine gute Rezension zu verfassen und hoffe, dass der Duft nicht gleich nach dem Aufsprühen auf meine Haut kippt. 😉

Gemäß den alten Griechen ist die Orchidee ein Symbol spiritueller Perfektion und Harmonie dank der Symmetrie ihres Stiels und ihrer Blätter. Im Mittelalter wurde sie verwendet, um Aphrodisiaka herzustellen. Die Orchidee ist eine sanfte, geheimnisvolle und faszinierende Blume. In der fernöstlichen Kultur ist sie ein Symbol von Anmut und Eleganz.

Der Duft fesselt die Sinne. Die warme Mischung verbindet kostbare Noten wie Trüffel und dunkle Schokolade. Ein verführerisches Blütenbouquet mit Fruchtakkorden. Neben den wertvollen und einzigartigen Blüten sollte ein neues, reichhaltiges Parfum entstehen, das lang anhaltend, originell und sinnlich ist.

Pineiders Orchidea Reale duftet nach Bergamotte, Nuss, Schwarze Johannisbeere, Lotosblüte, Ylang-Ylang, Jasmin, Trüffel, Vanille, Sandelholz, Vetiver, Patchouli, Schokolade. Und so zeigt sich der Orchideenduft gleich nach dem Aufsprühen deutlich floral. Intensiver und reichhaltiger Ylang-Ylang, Jasmin und Lotosblüte zaubern einen sanften, aber sehr präsenten Blütenduft mit dezent aquatischen Tendenzen. Dunkle Fruchtnoten und eine erfrischende Zitrusherbe akzentuieren das Exotenbouquet.

Im weiteren Verlauf wird der Duft engmaschiger. Sandelholz verleiht Orchidea Reale eine balsamische Süße, die durch zarte Vanille- und Schokoladenoten harmonisch untermalt wird. Vetiver, Patschuli und Trüffel nehme ich nicht gesondert wahr. Dem Duft wohnt jedoch eine sanft-erdige Tiefe inne, die ich diesen letzten drei Kameraden zuschreibe. Ein wirklich sehr schöner Blütenduft, sehr feminin, sehr weich und warm. Für mich ist er eigentlich ganzjährig tragbar, man sollte aber auf florale Düfte mit Präsenz stehen. 😉

Pineider – Assoluta di Neroli e Gelsomino

Floral geht es auch gleich weiter mit einem Duft, der hochkonzentrierte Noten von Neroli und Jasmin verspricht. Meine Weißblüherliebe hält sich ja so in Grenzen, aber ich werde mich selbstverständlich wagemutig und völlig unvoreingenommen ins olfaktorische Blütenmeer stürzen. 🙂 Der Duft mit dem nicht enden wollenden Namen vereint die Ingredienzien Grapefruit, Efeu, Zitrone, Mandarine, Jasmin, Pfingstrose, Orangenblüte, Rhabarber, Glyzinie, Weißer Moschus, Vanille, Ambra und Patchouli.

Frisch und zitrisch beginnt Pineiders Duft „Assoluta di Neroli e Gelsomino“, denn man findet in den Kopfnoten ein frisches Quartett aus Zitrone, Mandarine, Efeu und Grapefruit. Die Herznoten wenden sich der floralen Welt zu: Jasmin, Pfingstrose, Glyzinie und Orangenblüte blühen hier um die Wette und werden von herben Rhabarbernoten verfeinert. Die Basis dieser frisch-floralen Komposition von Pineider lässt alle Protagonisten im Rampenlicht stehen und sorgt mit Weißem Moschus, Vanille, Ambra und Patchouli dafür, dass die sie umso schöner leuchten.

Erfrischende Hesperidennoten zeigen sich direkt nach dem Aufsprühen – nicht zu herb, nicht zu süß, nicht zu sauer, sondern genau richtig dosiert. Efeu sorgt für grüne Blattsaftnoten, während bereits der erste floral-aquatische Hauch der Pfingstrose durch das Duftensemble weht. Rhabarber setzt seine charakteristischen fruchtig-säuerlichen Akzente. Nach und nach wird Assoluta di Neroli e Gelsomino floraler, doch bleibt jene grünlich-zitrische Anfangsnote weiterhin wahrnehmbar.

Jasmin und Orangenblüte zeigen sich von ihrer wunderschönen und zahmen Seite. Langsam fließt das nach wie vor von Hesperiden untermalte Blütensträußlein Richtung Basis, wo ihm ein Bett aus watteweichen und kuschelig-warmen Noten gemacht wird. Assoluta di Neroli e Gelsomino ist für mich eine kleine Wundertüte, denn er ist so ganz anders als befürchtet ich ihn mir vorgestellt habe. Ein erfrischender und zarter Weißblüherduft, bescheiden und fröhlich, transparent und luftig, feminin und jugendlich.

Estratto di Colonia – Da simmer dabei …

Bei dem Wort Colonia fällt mir spontan neben dem Kölsch auch gerne der Schunkel-Party-Hit von den Höhnern ein. Dieser wird mich nun vermutlich den Rest des Tages als Ohrwurm begleiten bis er gegen Abend von der Bibi-und-Tina-Titelmelodie abgelöst wird. Danke, Sohn! 😉

Bei „Estratto di Colonia“ von Pineider handelt es sich ohne Frage um ein klassisches Cologne. Dementsprechend startet es mit einem Hesperiden-Trio aus Bergamotte, Zitrone und Mandarine, abgerundet von einem krautig-grünen Spritzer Muskatellersalbei. Rose und Jasmin erfüllen das Herz und tönen in leichten und zurückhaltenden floralen Klängen. Kristallmoschus, Moschus und Moos runden den Duft ab und vollenden den Akkord harmonisch.

„Estratto di Colonia“ erinnert entschieden an die klassischen Colognes aus Italien, besitzt aber doch so viel Modernität, dass er absolut ins Hier und Jetzt passt. Klar, leicht, edel, frisch und lebendig – das ist „Estratto di Colonia“ von Pineider.

Peter Luca Maffei formiert das moderne Cologne aus den Duftnoten Bergamotte, Zitrone, Mandarine, Muskatellersalbei, Jasmin, Rose, Kristallmoschus, Moschus und Moos. Und so startet Estratto di Colonia auch Cologne-typisch zitrisch-zitrisch-zitrisch mit einer angenehm herben Hesperidennote mit deutlichen Schalenakzenten. Zu diesen gesellen sich alsbald grünliche Kräuternoten und verleihen dem Zitrusfruchtgrüppchen das gewisse Etwas. Die Blüten lassen im Duftverlauf erstaunlich lange auf sich warten.

Auch hier versteht es Luca Maffei den gerne mal etwas protzig auftretenden Jasmin gekonnt einzusetzen und fein auszubalancieren. Zusammen mit der Rose verziert er das grün-zitrische Duftquartett mit zart-floralen Blütennuancen, die absolut unaufdringlich und unprätentiös sind. Nach und nach untermalen weiche und pudrige Moschusnoten Estratto di Colonia und sorgen so für einen außerordentlich harmonischen Ausklang. Ein leichter, transparenter, unkomplizierter Duft für beiderlei Geschlecht. Modern, fröhlich und absolut alltagstauglich. Für Freunde von Cologne-Düften ist dieser ein absolutes Muss, alle anderen sollten ihn zumindest mal testen. 🙂

Oud Assoluto – Absolut Oud

Was will man da hinzufügen? Mit Oud Assoluto entführt uns Pineider in die orientalische Welt der Gewürze, der Harze, des kostbaren Adlerholzes.

Ein holziger Wind weht über die neuen Kreationen! Er duftet nach dem Nahen Osten, nach Sinnlichkeit und Geheimnis. Oud ist ein seltenes Harz, das aus dem Holz des Agarbaums gewonnen wird. Es wird als edelster, feinster und wertvollster Duftstoff in der heutigen Nischenparfümerie angesehen. Es befindet sich olfaktorisch auf halber Strecke zwischen Weihrauch und Leder. Die Essenz besitzt eine dunkle Farbe und ein intensives Aroma und wird weltweit hochgeschätzt. Es wird gesagt, dass Oud wertvoller als sein Gegengewicht in Gold ist. Oud erzeugt in Verbindung mit anderen holzigen Noten eine warme und sinnliche Atmosphäre.

Der Ursprung des Namens Oud (und seines etymologischen Cousins, der Laute) kann wörtlich als dünnes Holzstück definiert werden, das einem Strohhalm ähnelt. Holz ist ein Symbol für Eleganz, das ein warmes Gefühl, Wohlbefinden und Harmonie ausstrahlt.

Als Duftnoten führt Pineider für Oud Assoluto Zimt, Osmanthus, Jasmin, Styraxharz, Geranium, Rose, Adlerholz (Oud), Ambra, Guajakholz, Moschus und Labdanum (Zistrose) auf. Zum Abschluss werden wir es also – wenn man den Duftnoten und der Beschreibung glauben darf – mit einem Kracher zu tun zu haben. Und doch zeigt sich Oud Assoluto nach dem Aufsprühen als überraschend leicht. Der Duft besitzt zwar eine deutliche Präsenz, aber von einem Haudrauf ist er (noch) weit entfernt.

Würzige Rosennoten strahlen mit entgegen, sehr schön, sehr authentisch und mit feinsten Zimtnoten akzentuiert. Nicht dieses 0815-Zimt, das uns sämtliches Supermarkt-Weihnachtsnaschwerk zuwürzt, sondern ein wunderschön ausgewogenes Zimt mit einer dezenten Schärfe und ganz ohne Süße. Das namensgebende Adlerholz gesellt sich hinzu, während sich die Gewürzrinde leise verabschiedet. Rose und Oud, die verstehen sich gut! Dieses Credo hat schon so manche Duftkreation der letzten Jahre gezeigt. Und auch hier gehen die beiden eine sehr harmonische und raumfüllende Gemeinschaft ein. Raumfüllend deshalb, weil von den anderen Duftnoten nicht mehr allzu viel als Einzelingredienz wahrnehmbar ist. Der Duft ist so komplex und dicht verwoben, das sich alles dem holzig-floralen Duo unterordnet und nur noch eine zierende, denn eine tragende Rolle einnimmt.

Oud Assoluto ist ein moderner und transparenter Rosen-Oud-Duft mit sehr feinen Manieren und einem ausgewogenen Gemüt. Ich könnte ihn mir gut als Einsteigerduft vorstelllen für alle, die sich bisher noch nicht an diese Kombi herangewagt haben, sie aber schon immer einmal ausprobieren möchten. 🙂

Das Ende meiner To-Smell-Liste ist erreicht und damit auch das Ende dieser Rezension. Damit verabschiede ich mich und wünsche Euch noch eine schöne Woche. Bis zum nächsten Mal!

Liebe Grüße,
Steffi