ist mein ganz persönlicher Keiko Mecheri Favorit – zumindest von den „alten“ Düften. Bei den neueren Irisdüften ist durchaus auch etwas für mich dabei, der Cuir Cordoba ließ mich auch nicht kalt – aber ganz generell sind mir persönlich auf meiner Haut einige ihrer Düfte zu feminin, leider.
Nur Umé, Umé liebe ich, obgleich ich ihn selbst kaum trage. Und obgleich es durchaus auch andere schöne Pflaumendüfte gibt wie zum Beispiel Parfum d’Orsays Dandy von letzter Woche. Ein paar andere habe ich mir bereits herausgekramt und werde diese Thematik lose verfolgen, eignet sich doch die jetzige Jahreszeit noch perfekt für Pflaumen und deren oft üppigere Fruchtigkeit. Üppig ist im Zusammenhang mit Umé genau das richtige Wort.
Aber ich werde jetzt erst noch einmal gewollt abschweifen. Nämlich zu Mecheri. Ein Aspekt, der mir anfänglich wohl etwas im Wege stand bei Mecheri war meine Erwartungshaltung: Als ich das erste Mal über ihre Düfte stolperte, erwartete ich etwas – Asiatisches. Japanisches. Oder, besser: Etwas, was ich mir als semi-vorgebildeter Europäer unter einem asiatischen Duft vorstelle. Ätherische Züge, eine gewisse Strenge, Transparenz, Zurückhaltung, Unergründlichkeit, eine gewisse Melancholie, die die vermeintliche Leichtigkeit des Seins naturaliter durchdringt. Das findet sich so bei Mecheri, darüber hinaus aber auch eine Art Opulenz, ob nun amerikanisch oder europäisch oder was auch immer, in jedem Falle war dieser Aspekt für mich anfänglich schwierig nachzuvollziehen. Eine Grube, die ich mir ganz offensichtlich selbst gegraben habe 😉
Für mich, die ich schon seit langer Zeit vor allem der japanischen Literatur verfallen bin, derjenigen aus dem 20. Jahrhundert. Kawabata, Mishima, Akutagawa, Dazai, Inoue, ?e und wie sie alle heißen. Den Zugang dazu fand ich, wie viele, vor Jahren über – Murakami, den zeitgenössischen Bestsellerautor und zwar über seine „Gefährliche Geliebte“. Ein Roman über einen erfolgreichen Geschäftsmann, der an der Erinnerung an seine erste Liebe krankt und leidet, weil er sich Jahre nicht von der Vorstellung an sie befreien kann, diese seine Sandkastenliebe, was er retrospektiv an vor allem an einer Situation festmacht, welche er in folgende Worte faßt: „Das Gefühl, ihre Hand zu halten, hat mich nie wieder verlassen. […] Es war lediglich die kleine, warme Hand eines zwölfjährigen Mädchens, aber diese fünf Finger, diese Handfläche waren wie eine Vitrine, die absollut alles enthielt, was ich wissen wollte – und was ich wissen mußte. Indem sie meine Hand nahm, zeigte sie mir, was dieses „alles“ war. Zeigte mir, daß es hier, in der realen Welt, einen solchen Ort gab. […] Es erfüllte mich mit Seligkeit, daß sie meine Hand gehalten hatte. Ihre sanfte Berührung wärmte mir noch tagelang das Herz. Zugleich verwirrte mich dieses Gefühl, machte mich ratlos, in gewisser Weise sogar traurig. Wie würde ich nur je mit dieser Wärme fertig werden können.“ (20)
Dieses Sehnen, dieses defizitäre Moment, dieses Nicht-Ganz-Sein ohne den Anderen ist typisch für die japanische Literatur. Und für mich somit auch etwas, daß ich ganz fest mit Japanischem verbinde, ohne je Japan besucht zu haben – diese mitschwingende Traurigkeit aus der Vergänglichkeit heraus. So ist für mich eigentlich auch die Iris jene welche Blüte, die ich am besten mit japanischen Düften und somit auch ihren Trägerinnen, den Frauen, gedanklich in Einklang bringe.
Eine kühle und kühne überlegene Iris wie die anbetungswürdige Iris Pallida von L’Artisan Parfumeur. Oder eine elegant-zurückhaltende wie jene von Meisterparfumeur Pierre Bourdon für Roméa d’Améor kreierte namens Les Impératrices Japonaises. Perfekt an einer Adligen, an einer Frau aus gutem Hause, an einer Intellektuellen und auch an einer Geisha, jenen in Liebeskünsten bewanderten Frauen. Was aber trägt exakt diese – abends?
Ich glaube, sie trägt abends oder besser: nachts eben keine Iris. Sondern Ume. Weil Umé so opulent ist, so reich und so wollüstig. So tief, so verführerisch und so prachtvoll. Intelligent, dekadent und sinnlich – kein Wunder, steht die Blüte der gleichnamigen japanischen Pflaume für Femininität, Schönheit und Erhabenheit. Im Auftakt zeigt Umé einen Hauch Hesperiden, die aber fast sofort von einer likörigen Fruchtigkeit überlagert werden, die gleich den Weg ebnet in das ausladende Herz: Pfirsichhafter Osmanthus umrankt von Blüten, unter anderem betörender Jasmin und eben – die Pflaume, die Hauptprotagonistin, die im Duftverlauf an Würze und Tiefe gewinnt und sich in der Basis auf einem warm-würzigen Lager bettet, stetig umweht von einer leichten Chypre-Ahnung.
Mich erinnert Umé immer an all jene großen Worte, die ich so passend für mich vielfach in japanischer Literatur wiedergefunden habe, die sich so ambivalent verhalten und zum Teil gegensätzlich: An Schönheit und an Trauer, an Glück, Jugend und Vergänglichkeit, an Tiefe und Leichtigkeit, an Liebe, an Gleichgültigkeit, an Alter und an Reife, – diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen… Für mich ist Umé „voll“ – diese Fülle muß man aushalten können. Kann ich nicht immer, will ich nicht immer. Wenn dann ist aber Umé genau richtig.
Liebe Grüße,
Eure Ulrike.
P.S.: Bevor ich es vergesse – die Ingredienzen zu Umé: Kopfnote: japanische Pflaume, Bergamotte; Herznote: Osmanthus, Glyzinie, Sasanqua-Kamelie, Jasmin; Basisnote: Gewürze, Hölzer, Eichenmoos, Patchouli.
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