Wie Ihr als eifrige Blogleser mittlerweile wisst, habe ich Biologie studiert. Ein für mich sehr schönes, hochinteressantes Studium mit einer großen Anzahl an Entfaltungsmöglichkeiten. Gerade im Grundstudium kann man hier in viele verschiedene Bereiche hineinschnuppern. So unternahmen wir nicht nur Ausflüge in die Mathematik, die Physik und die Chemie, sondern auch hinaus in die Natur, um im Feldversuch an Blatt und Blüte die heimische Botanik in all ihrer Mannigfaltigkeit kennenzulernen. Als krönenden Abschluss dieser Exkursionen durften wir eine gefühlte Unendlichkeit an Grün- und Blühzeug selbst pressen, trocknen und bestimmen. Aufgeklebt und gesammelt in einem sogenannten Herbarium mussten unsere Machwerke dann dem kritischen Auge unseres Professors standhalten. Nur am Rande möchte ich erwähnen, dass die zoologische Variante des Herbariums das nur bedingt geliebte Insektenbrett war. Auf diesem opferten etwa ein Dutzend sorgfältig erlesene und liebevoll genadelte Insekten ehrenvoll ihr Leben der Wissenschaft… Doch damit sei erstmal genug in Erinnerungen an Bienchen und Blümchen geschwelgt.
Auf was ich eigentlich hinaus möchte sind nämlich die anderen praktischen Tätigkeiten, die wir während unseres Studiums absolvieren mussten. Ich erinnere mich an mehrere weißbekittelte Chemie-Praktika, in denen wir mit mutig gefüllten Reagenzgläsern an Bunsenbrennern saßen und auf den gewünschten Farbumschlag hofften, schließlich doch nur eine feuerspeiende Verpuffung erzeugten. Tjaja, unsere Betreuer hatten es nicht immer leicht mit uns 😉
Ein beliebter Versuchsaufbau in diesen Praktika war die Destillation. Fast jeder kennt die Destillation von Alkohol (das sogenannte „Brennen“), um aus Wasser, Alkohol und Aromastoffen ein mehr oder weniger schmackhaftes, hochprozentiges Getränk zu kreieren. Auch in Erdölraffinieren wird unter anderem destilliert, um Erdöl in seine einzelnen Bestandteile aufzuspalten und dadurch Heizöl, Kerosin oder Benzin zu gewinnen. Destillationsprodukte sind aus unserem Alltag nicht wegzudenken.
Für uns als Parfumliebhaber ist allerdings die Destillation zur Duftstoffgewinnung am interessantesten.
Das Grundprinzip der Destillation ist recht simpel. Es ist ein thermisches Trennverfahren, bei dem Stoffe durch Erhitzen und darauffolgende Abkühlung voneinander getrennt werden können. Bereits im Alten Ägypten und in der griechischen Antike war diese Methode zur Gewinnung von ätherischen Ölen gang und gäbe. Die Destillationsapparatur (der sogenannte Alambic) besteht im einfachsten Fall aus einem zu Rundkolben (B), der über einem Brenner oder einer Heizplatte erhitzt wird (A). Seitlich weist der Rundkolben ein langes, nach unten führendes Kondensationsrohr auf, an dessen Ende ein Auffangkolben (C) angebracht ist, in den das Destillat abfließen kann. Auf dem nebenstehenden Bild liegt der Auffangkolben in einem kleinen Abkühlbecken (D), um die Kondensation voranzutreiben.
Die Wasserdestillation ist eine der ältesten Destillationsmethoden. Der zerkleinerte Rohstoff wird hier direkt im Wasser erhitzt. Im aufsteigenden Wasserdampf sind die ätherischen Öle des Rohstoffes enthalten. Der Dampf wird im Kondensationsrohr abgekühlt und fließt in einen Auffangkolben. Aufgrund der unterschiedlichen Dichte von Öl und Wasser trennen sich diese in der kondensierten Flüssigkeit von selbst – wie in der Suppe die Fettaugen schwimmt auch das ätherische Öl auf dem Wasser. Das Ganze nur eben im Falle der Duftstoffgewinnung in anderen Relationen 😉
Gebräuchlicherweise wird für die Gewinnung von ätherischen Ölen eine Florentiner Flasche als Auffangbehälter benutzt. Diese besitzt knapp über dem Flaschenboden ein spezielles Abflussrohr, durch das das schwerere Wasser bei der Destillation stetig abfließen kann bis die gesamte Flasche mit dem leichteren, ätherischen Öl gefüllt ist. Korken drauf! Fertig!
Eine schonendere Destillationsmethode als die Wasserdestillation ist die Wasserdampfdestillation. Klingt ähnlich und ist es auch! Hier wird der Duftrohstoff nicht direkt im Wasser erhitzt, sondern befindet sich auf einem kleinen Gitter über dem erhitzten Wasser. Der Wasserdampf löst beim Aufsteigen auf sanfte Art und Weise die ätherischen Öle aus den Pflanzen. Kondensiert und aufgefangen wird wie bei der Wasserdestillation. Diese Art der Destillation ist in der Duftstoffgewinnung am gebräuchlichsten.
Zufällig habe ich entdeckt, dass die Destillation selbst in der Literatur Erwähnung findet.
Wie wir alle wissen rufen Düfte Emotionen und Erinnerungen hervor. Bei uns heute ebenso wie vor vielen, vielen Jahren bei William Shakespeare. Für ihn war die Flüchtigkeit von Düften ein Zeichen für Vergänglichkeit, der nur eines Einhalt gebieten konnte – die Destillation oder Des Sommers Filterung wie er es nannte:
Ums schöne Bild, der Blicke Sammelpunkt,
Sie drohn ihm einst als mächtige Tyrannen
Und machen hässlich, was mit Schönheit prunkt. Denn rastlos jagt die Zeit den Sommer fort
Zum grimmen Winter und vereitelt ihn,
Saft eist in Frost und üpp’ges Laubwerk dorrt,
Verschneit ist Schönheit, Öde starrt weithin. Hielt nicht des Sommers Filterung als Duft
Den flüss’gen Geist im gläsernen Verließe,
Dann wäre Schönheit selbst der Schönheit Gruft,
Weil nichts, auch kein Erinnern mehr, sie priese. Gefiltert aber stirbt im Wintermond
Der Blume Kleid, nicht das, was innewohnt. (William Shakespeare, Fünftes Sonett)
Eine schönes Wochenende wünscht Euch
Eure Stephanie.
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