Die Krachledernen Teil 2

Heuer erwarten Euch nun die restlichen angekündigten kantigen Lederkerle. Den Anfang macht einer meiner speziellen Lieblinge: Oud Cuir d’Arabie.

leder2Was war das damals schwierig, diesen Duft zu ergattern, als ich ihn vor Jahren das erste Mal unter der Nase hatte… kein Geschäft führte ihn, die „Verhandlungen“ mit den Franzosen zäh… irgendwann endlich war er dann mein eigen. Ich weiß noch, daß ich damals eine Kurzrezension über ihn gelesen hatte im Netz, in der jemand schrieb, er rieche ein wenig Mullbinden und Krankenhaus und Stützkorsette aber trotzdem oder besser: gerade deswegen „terribly sexy“. Die restlichen Rezensionen klafften meilenweit auseinander und meine Neugierde war dann natürlich sowas von geweckt, das muß ich Euch nicht weiter erklären…

Nun – was die Mullbinden angeht: Ich weiß und kann nachvollziehen, was dieser Schreiberling damit gemeint hat. Es ist eben wieder unser Freund Oud, das in letzter Zeit häufig zitierte, das in Kombination mit den vorhandenen Ledernoten eine Allianz bildet, die sich sehen läßt: Medizinisch anmutendes Oud in Verbindung mit schönstem frisch verarbeiteten Leder, würzig und animalisch. Was soll ich sagen? Oud Cuir d’Arabie ist das, was manche einen Stinker nennen würden. Andere wiederum versetzt der Duft in Verzückung. So unter anderem auch mich. Er riecht wie die beste Handtasche, die ich je hatte und ist wirklich sehr sexy, gleichermaßen wohnt ihm aber auch eine Vertrautheit inne, die ihn Geborgenheit und Sicherheit vermitteln läßt. Ein Duft, der für mich schon öfter die starke Schulter war in Situationen, in denen ich einer unsichtbaren solchen bedurfte. Sehr ungewöhnlich und – immer wieder hochgelobt und gerne komplimentiert, wenn ich ihn trage. Insofern – vielleicht ist es es so ähnlich wie mit dem Käse… Ihr erinnert Euch? 😉

Serge Lutens Cuir MauresqueMit Cuir Mauresque bleiben wir im arabischen Raum – der ohnehin bevorzugte Tummeplatz von Herrn Lutens. Cuir Mauresque stammt aus der Paris-exklusiven Serie, das heißt der Duft ist, wie eine Reihe anderer, nur in Paris direkt zu kaufen (oder europaweit auch zu bestellen). Cuir Mauresque ist ein bemerkenswerter und seltsamer Mischling: Ein fruchtiges Lederchen, definitiv geschlechtslos oder besser: ein Hermaphrodit, er wird nämlich Männlein wie Weiblein bestens zu Gesichte stehen. Darüber hinaus scheint Sheldrake, der Parfumeur Lutens‘, hier einige seiner eigenen Besten sowie einige Klassiker zu vereinigen. Fast riecht sich Cuir Mauresque wie ein Gang querfeldein durch die schönsten Lutens-Düfte: Anfänglich hell und buttrig-ledrig mit floralen Noten durch Orangenblüten bewegt sich der schillernde Duft oszillierend umher, ein reichhaltiges Repertoire ausbreitend: Zimt samt würzig-scharfer Gewürznelke, Muskat und Mandarine breiten sich auf einem warmen Gewürzteppich aus und wecken Reminiszenzen an Ambre Sultan und Arabie, während die Basis von kostbaren Hölzern und Harzen sowie weichem Moschus mit animalischen Anklängen geprägt ist. Ein wenig Cuir de Russie von Chanel wage ich zu entdecken und Hochachtung vor den alten Carons, den Piguetschen Banditen hat der Duft auf jeden Fall auch ein wenig gestreift… ein echtes Chamäleon. Und, noch einer der „alten“ Lutens: Ein Lutens, der Bilder malen kann, Farben und Impressionen heraufbeschwört, einer, der eine Menge zu erzählen hat.

Die Ingredienzen: Leder, Ambra, Moschus, Zimt, Mandarinenschale, Orangenblüte, Zedernholz, Muskatnuss, Gewürznelke, Cumin, Hölzer.

Wer es gerne fruchtig, aber weniger würzig mag und nicht orientalisch, der sollte mal einen Blick auf meinen letzten Lederkandidaten heute und vorerst werfen – das ist Cuir Venenum von Parfumerie Générale. Hier kracht es nun weniger als in der Überschrift versprochen, denn Cuir Venenum ist ein eher leiserer Vertreter seiner Gattung – kein „Ruf-mich-an“-Dompteur in Lederkluft mit schwingender Peitsche, nein. Und doch lohnt sich ein zweiter Blick – ich gestehe, den habe ich auch gebraucht. Riskiert man ihn, fällt schnell auf, daß Cuir Venenum doch recht einzigartig ist in seiner Kombination. Ein helles Wildleder, wie man es aus Daim Blond von Lutens kennt, gepaart mit einer ähnlichen Süße – Honig ist da zu riechen und honigsüße Orangenblüte. Schatten und Licht also, ein Spiel: Die animalisch-ungezügelte Seite und die Unschuld gegenüber in ihrer reinen Natur – tjaja, der Name ist Programm, den uns der Herr Guillaume hier vorsetzt. Venenum wie die Gifte, aber wie sagt der Volksmund so schön? Die Dosis alleine macht’s. Und hierum wird man sich im Badezimmer streiten müssen mit dem Partner – sowohl auf männlicher wie auf weiblicher Haut kann dieser Duft sehr schön zur Geltung kommen.

Die Ingredienzen: Leder, Orangenblüte, Myrrhe, Moschus, Hesperiden

So – jetzt sind wir vorerst mit den Lederchen durch, obgleich ich das Thema sehr gerne lose immer mal wieder aufgreifen würde… Was hat Euch denn nun am meisten neugierig gemacht die Tage, was wollt Ihr auf jeden Fall noch testen?

Und, die Gretchenfrage: Wie haltet Ihr es mit den Lederchen? Welches sind Eure Lieblinge? Ich bin gespannt!

Liebe Grüße,

Eure Ulrike.

Bildquelle: Leather 1 von Matteo Pescarin, Ramadan 3 von Dennis M. Andrews de Paul, beides via stockxchng – vielen lieben Dank für die schönen Fotos!

Neueste Kommentare

Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

6 Kommentare

  1. Margot
    2. März 2010
    Antworten

    Liebe Ulli,
    mir ist vor lauter Leder schon ganz schummrig im Kopf und ich weiß gar nicht mehr, was ich alles gelesen habe … Schöner wäre natürlich, im Moment des Lesens den entsprechenden Duft zur Hand zu haben, Internet-Duft gibt es ja noch nicht 🙁
    Aber ja, ich bin auf jeden Fall auch ein Leder-Duft-Fan, wohl unbewußt, Daim Blond und Charonge nenne ich mein eigen und das seit einer Zeit, in der es Deine netten Rezensionen noch nicht gab. Die wirklich „Krachledernen“ kenne ich nicht wirklich. Werde das aber wohl nachholen. Momentan komme ich mir auf jeden Fall fast erschlagen vor mit den gesammten Leder-Impressionen der letzten Tage, vielleicht solltest Du Dir Mal die Gestaltung eines „Sammelhefts“, am besten gleich mit Duftpatches, überlegen.
    Liebe Grüsse,
    Margot

    • Ulrike
      3. März 2010
      Antworten

      Habe ich Dir soo den Kopf verdreht liebe Margot? 😉
      Einen Teil der Krachledernen kannst Du gerne hier beim städtischen Kaffeekränzchen testen 🙂
      Und sei auf der Hut – die Lederimpressionen setze ich sicher zu gegebener Zeit fort, denn auch mein Herz gehört Ihnen!

      Liebe Grüße zurück,

      Uli.

  2. Carola
    16. März 2010
    Antworten

    Liebe Ulrike,

    Dank Euch konnte ich Oud Cuir D’Arabie testen. Selbst hätte ich mich wahrscheinlich nicht dazu entschlossen, denn meine Liebe zu Lederdüften geht bis Daim Blond, also sanft, weich, elegant. Allerdings mag ich auch Oud, was ja in Oud Cuir D’Arabie reichlich vorhanden ist. Diese herrliche leicht medizinische Note am Anfang wird aber schon kräftig von Leder durchzogen, und was für eins! Intensiv, rauchig, etwas würzig, als würde man eine edle Lederboutique betreten. Trotz aller Intensität wird nichts stechend, im Gegenteil, der Duft hüllt ein, beschützt. Unglaublich, ich weiß nicht, ob ich ihn oft tragen könnte, er zu mir passt, aber auf jeden Fall ist er wunderschön.

    Liebe Grüße
    Carola

    • Ulrike
      17. März 2010
      Antworten

      Tja, liebe Carola, mit dem Oud Cuir d’Arabie ist das so ein Ding: Ich habe bereits einmal auf einem Forum einer lieben Frau ein Pröbchen aus meinem Bestand abgegeben, die neugierig war – und eigentlich einen gaaanz anderen Duftgeschmack hat(te)… und siehe da: Auch hier hat jemand Feuer gefangen. In ähnlicher Ausprägung wie Du – sie betonte ebenfalls den Beschützeraspekt, dieses beruhigende und vertrauenserweckende Moment, das Geborgenheit vermittelt. Schön, es freut mich sehr, daß er Dir so gut gefällt 🙂

      Liebe Grüße zurück,

      Ulrike.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert