… waren Thema bei meiner kurzen Stippvisite in der Hauptstadt: Wie am Montag bereits erzählt, bin ich kurzentschlossen für zwei Tage nach Berlin gefahren, hauptsächlich, um mich dort mit Saskia Wilson-Brown vom Institute for Art and Olfaction zu treffen. Saskia bereitet gerade ihre jährlichen Art and Olfaction Awards vor, die 2017 erstmalig in Europa verliehen werden – in Berlin. Als Veranstaltungsort hat sie sich das Silent Green herausgesucht, eine Kulturstätte mit schönem Café, die in den Räumlichkeiten des ehemaligen Krematoriums Wedding untergebracht ist.
Ein besonderer Ort, ein schöner Ort – etwas morbide sicherlich ob seiner Vergangenheit, auch der Friedhof liegt noch nebenan, aber mit Leben gefüllt und architektonisch wirklich top hergerichtet:
„Das silent green Kulturquartier: ein neuer Veranstaltungsort und ein unabhängiges Projekt, das von den Biografien und Interessen aller Beteiligten geprägt ist und in den historischen Räumlichkeiten des ehemaligen Krematorium Wedding eine in Berlin einzigartige Heimat gefunden hat.
In privater Trägerschaft versteht sich das silent green als geschützter Raum, in dem gedacht, geforscht und experimentiert werden kann. „Transformation“ ist dabei eines der programmatischen Schlüsselworte, nicht nur hinsichtlich der neuen Funktion des denkmalgeschützten Gebäudes, sondern auch in Bezug auf ein formübergreifendes Arbeiten: Grenzen einzelner Disziplinen sollen verschoben werden, um zu neuen, hybriden Formen verknüpft werden zu können. „Transformation“ findet sich ebenfalls in der Betrachtung des Umfelds: Berlin als Lebens- und Schaffensort und Knotenpunkt deutsch-deutscher Geschichte, in der wir uns als Veranstaltungsort kulturell und politisch positionieren. Aspekte des ästhetischen, zeitgeschichtlichen und gesellschaftspolitischen Wandels werden unser Programm begleiten.“
Ich finde, es passt perfekt – das dachte ich schon vorher, jetzt, nach eingehender Besichtigung der Räumlichkeiten, sehe ich mich bestätigt. Zur Verfügung steht der Hauptraum, die Kuppelhalle, darüber hinaus der Kubus, welcher auf drei Flächen verteilt Tagungs- und Seminarräume für Rahmenprogramm bietet sowie die hauseigene Gastronomie, die wir vor Ort ebenfalls getestet und für wunderbar befunden haben.
Hier ein paar Eindrücke des Hauses, seiner Renovierung als auch von früheren Veranstaltungen – Copyright by Silent Green:
Im Silent Green finden regelmäßig Veranstaltungen statt – ein Blick auf das Programm lohnt sich, es liest sich durchweg spannend, seht hier. Berliner unter Euch, kennt Ihr es? Wart Ihr schon dort, im Café oder zu einem Event?
Natürlich habe ich auch ein paar eigene Fotos gemacht von unserer Besichtigung – ich kann mir das Silent Green so herrlich vorstellen im Mai, wenn es drumherum und im Innenhof grünt, dieser schön ausgeleuchtet ist …
Für ein wenig Kultur zwischendurch war auch Zeit, allerdings waren wir anderweitig limitiert, und zwar durch den Wochentag: Montag haben Museen gerne mal zu, so auch in Berlin. Schade, ich hätte mir wahnsinnig gerne noch die Ausstellung Surreale Sachlichkeit angeschaut, unter anderem, weil ich ein großer Fan von Christian Schad bin. Nun ja – sie läuft noch bis Ende April, vielleicht schaffe ich es ja noch vorher …
Selbstredend gibt es aber in einer Metropole wie Berlin auch Museen, die montags geöffnet haben – so unter anderem das kleine, aber feine Bauhaus-Archiv. Ich bin ein Fan der Bewegung, würde sofort in die Stuttgarter Weißenhofsiedlung ziehen und warte immer noch darauf, bei einer kleinen Deutschlandreise mal in dem Haus Schminke übernachten zu können (ok, nicht wirklich Bauhaus, aber der Architekt Scharoun hat auch mit den Bauhäuslern gewerkelt). Jedes Möbelstück, jeden Stoff und jeden Gebrauchsgegenstand hätte ich mitnehmen können, meine Lieben, unter anderem natürlich die WG24 von Wagenfeld, jene ikonische Tischleuchte, oder auch den Stahlrohrsessel von Breuer, unten im Bild auf der linken Seite.
Hier eine eigene Außenansicht – der Gebäudeentwurf ist im übrigen von Gropius:
Bei einem Aufenthalt in Berlin darf ein Besuch bei Harry Lehmann nicht fehlen auf dem Programm, zumal Saskia noch nie dort war. Ich hatte bereits in der Vergangenheit über Harry Lehmann berichtet, hier nachzulesen, jene kleine Parfümerie, in der man seit 1926 selbst hergestellte Düfte „nach Gewicht“ kaufen kann. Harry Lehmann wirkt wohltuend wie aus der Zeit gefallen – ich kann mir nicht vorstellen, dass es noch viele solche Geschäfte gibt. Und ich hoffe sehr, dass es Harry Lehmann noch ganz lange geben wird. In meinem alten Artikel könnt Ihr einiges über das schöne Geschäft nachlesen, darüber hinaus gibt es auch zwei nette Artikel, einen in der Stuttgarter Zeitung „Deutschlands kleinste Duftfabrik – Der Nase nach: Berliner Duft“, einen im Tagesspiegel „Berlin, aber oho – Harry Lehmann“ sowie einen aktuelleren in der TAZ. Alle Düfte von Harry Lehmann kann man auch online bestellen, und zwar über die etwas altertümliche, aber umso reizendere Webseite.
Die Verkäuferinnen bei Harry Lehmann sind überaus freundlich und zuvorkommend, man kann die Düfte alle an den Flaschen schnuppern und sich dann seine Lieblinge aussuchen: 100ml Cologne oder After Shave bekommt man für 3-7 Euro, 10ml Eau de Toilette oder Eau de Parfum gibt es für 4,50 bis 7 Euro, exklusive Fläschchen. Das kostet extra, je nach Wunsch – und kann selbstverständlich auch erneut befüllt werden vor Ort, wenn man den Duft verbraucht hat.
Seit meinem letzten Besuch gibt es einige neue Düfte, von denen einige auf dem letzten Foto zu sehen sind, unter anderem:
- Acajou – ein beschwingt-heiterer, junger Pfirsichduft
- Esterel – ein grün-grasiger, aromatischer Frischling mit dezent fruchtigen Anklängen, der sofort mitdurfte
- Jubiläum 90 – ganz klar, der Geburtstagsduft; von Allem etwas und somit ein echter Allrounder: frisch, holzig, grün mit einer Prise Pfeffer, einem Hauch Minze, ein bisschen Aqua sowie metallischen Tönen – auch der durfte mit
- Vanille – irgendwo zwischen Puddingcreme, Schote, Vanillekipferl und Karamellvergnügen: fröhlicher Mono-Duft, der sowohl einzeln getragen als auch gelayert Spaß macht … und deshalb als kleines Fläschchen mitdurfte
- Oud – echtes Oud ist vermutlich nicht drin, das dürfte aber auf einen Großteil der Ouddüfte auf dem Markt zutreffen; Balsamisch und holzig, harzig-warm und gleichermaßen auch von einer grünen Nadelbaumfrische, einen Holzduftliebhaber wie mich hat er überzeugt, ein Flakönchen mitzunehmen
Darüber hinaus durfte Habanero mit, ein echter Vintage-Schönling und wummsiger Kracher: Ein (Weih)Räuchermännchen mit Leder, Aldehyden, Puder und animalischen Noten sowie Vanille und ein paar Blümelein. Retro-Düfte sollte man schon mögen und sich nicht vor einem „echten“ Parfum scheuen, dann aber … ist Habanero einen Test wert, absolut!
Nachgefragt: Am beliebtesten sind momentan die Tulpe, Oud und Vanille sowie auch MOL Intens.
Die zwei Tage sind schnell vorbeigegangen – und ich habe mich wirklich sehr wohlgefühlt in meinem Wallyard Concept Hostel, das ich Euch an dieser Stelle wärmstens ans Herz legen kann: Sehr modern und durchgängig im Industrie-Look gehalten, minimalistisch eingerichtete, geschmackvolle Zimmer (Mehrbettzimmer mit Gemeinschaftsbad sowie Doppel/Einzelzimmer mit eigenem Bad), kleines, aber sehr gutes Frühstück (frische Waffeln, danke Katie!), diverse Kleinigkeiten zum Essen, die man tagsüber erwerben kann (frisches Obst, hausgemachten Kuchen) und eine nette Lounge (in der auch die Rezeption ist und man frühstückt) sowie Breitband-Internet im ganzen Haus.
Sicherlich, das Wallyard ist kein Hotel und man findet vielleicht den einen oder anderen „Makel“, wenn man sich an etwas aufhängen möchte, wie z.B. ein paar Flecken auf dem Teppich oder im Bad eine fehlende Ablage (auf konstruktive Kritik hat man sehr positiv reagiert – die Ablage war schon vorher bestellt, es ist noch ein junges Haus), das Wallyard begeistert aber mit etwas, das man in Hotels nur sehr selten finden wird: Einer wirklich intimen, familiär-freundschaftlichen Atmosphäre – sehr nette Mitarbeiter als auch Inhaber (ein Familienunternehmen zweier Brüder mit Unterstützung der Eltern, „Mama’s Food“ ist wirklich von Muttern gemacht!), die einem auch mit Sightseeing-Tipps, Restaurant-Vorschlägen und ähnlichem zur Seite stehen. Es wird für mich sicherlich nicht der letzte Aufenthalt im Wallyard sein, ich komme gerne wieder!
Dienstag Abend ging es wieder zurück ins Ländle nach zweieinhalb kurzen Tagen – aber Berlin hat mich bald wieder, spätestens im Mai zu den Art and Olfaction Awards, versprochen!
Viele liebe Grüße,
Eure Ulrike
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