Urlaubsstimmung mit Ligne St Barth …

… beschwöre ich heute wieder herauf, so hoffe ich, waren doch die ersten Düfte gestern für mich eine überaus positive Überraschung. Einmal mehr wird mir bewusst, dass man sich Marken, die man früher bereits einmal getestet hat, in meinem Fall: vor Jahren, häufig nochmal unter die Nase klemmen sollte. Der Geschmack verändert sich, der Horizont erweitert sich, man erweitert sein Wissen und seine Kenntnisse – und stolpert so hin und wieder über Düfte, die man meinte zu kennen und die dann vielleicht doch zur späten Entdeckung werden, vielleicht auch zum neuen Holy Grail. So ist es mir schon mehrfach passiert, unter anderem mit Frédéric Malles Iris Poudre sowie Parfum de Thérèse und Calypso von Robert Piguet, die sich zu echten Lieblingen und All-Time-Favoriten gemausert haben. Ist Euch das auch schon passiert? Und – mit welchen Firmen habt Ihr zur Nische gefunden?

Fleur de Gingembre ist heute mein erster Kandidat von Ligne St Barth, weil mich der Ingwer im Namen selbstredend gleich neugierig macht:

„Als Hommage an die tropischen Blüten, die die Küsten des Ozeans schmücken, duftet das Eau de Toilette Fleur de Gingembre nach fruchtigen, grünen Amber-Noten. Der zitronig-frische Duft dieser temperamentvollen Komposition wird durch karibischen Ingwer mit einem marinen Einfluss und aromatischen, holzigen Nuancen unterstrichen.“

Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was mit „fruchtig-grünen Amber-Noten“ gemeint sein soll? Amber kann für Ambra stehen (und ist dann meist Ambroxan oder ein anderes Molekül, weil echte Ambra viel zu selten ist, um in jedem zweiten Parfum zu landen), seltener in der Tat auch mal für Bernstein (nichtsdestoweniger bin ich mir ziemlich sicher, dass die meisten Düfte, die Bernstein als Ingredienz listen, keinen solchen enthalten, sondern dass das schlicht auf Übersetzungsfehler eines Duftlaien zurückzuführen ist) – aber grün und fruchtig? Ich verstehe es nicht, widme mich deshalb einfach umgehend dem Duft, der … nachdem er auf der Haut gelandet ist, gleich mit einer cremigen Ingwernote startet. Cremig, aber dennoch auch typisch fruchtig-scharf und säuerlich-bitter, wie ich diese Ingredienz mag. Alsbald sieht sich unser Ingwer eingebettet in zitrisch-prickelnde und in der Tat maritime Noten, letztere aquatisch auf eine betont nicht-nervige Art, was zu erwähnen sicherlich wichtig ist.

Insgesamt wirkt Fleur de Gingembre auf mich Türkis-Blau gleichermaßen „dumpf“ (im Sinne von sehr dicht, es lassen sich im späteren Verlauf kaum mehr einzelne Ingredienzen ausmachen) als auch schillernd und strahlend, so als ob ich von oben ins Meer schaue – nicht an der Nordsee, versteht sich 😉 Ein bisschen wärmer darf es schon sein und ist es hier auch, es duftet aromatisch nach … Flora, vielleicht: Unterwasserflora? Erfrischend und belebend, ein hübscher Immergeher für wärmere Jahreszeiten, der meiner Meinung nach von beiden Geschlechtern gleichermaßen getragen werden kann.

Bisher hatten wir fast nur was für das weibliche Geschlecht, wenden wir uns deshalb nun jenem explizit an die Herrenwelt adressierten Duft von Ligne St Barth zu:

„Das Eau de Toilette präsentiert sich in dem charakteristischen Duft der Reihe ST BARTH HOMME – ein leichtes, frisches und klassisches Parfum für alle Fans von Saint-Barth. Die perfekte Kombination von entspanntem Luxus und Natur, eine Mischung aus Dolce Vita, Sport und erlesener Umgebung, atmet entspannte Jet-Set-Stimmung.“

Aha, hört sich ehrlich gesagt etwas schnöselig an, vielleicht bin ich aber nur empfindlich, weil ich keine Barbie bin und erst recht keine Kens mag 😉 Die Duftnoten unseres Jetsetters: Kopfnote: Lavendel, Rosmarin und Limette; Herznote: Anis und Orangenblüte; Basisnote: Königsfarn, Moos und Heu.

Zu St. Barth Homme gibt es im übrigen, das sei vorab angemerkt, eine Pflegeserie – vielleicht nicht uninteressant für den einen oder anderen?

Zuallererst erweckt der Mann in mir den Eindruck, eben „ein Netter“ zu sein. Das ist er auch später noch, zeigt sich aber als stilles Wassser oder vielmehr als weniger „einfach gestrickt“, als ich anfänglich dachte … Ja, Monsieur hier ist ein aquatischer. Aber wie die bisher rezensierten Düfte von Ligne St Barth kein nerviger Vertreter seiner Gattung, was mich überaus erfreut. Es ist das Zusammenspiel von aromatischen, grün-krautigen Noten, Rosmarin und Lavendel, von Anis hell angestrahlt und von leisen Anleihen von Salz überzogen und in kühl-erfrischendes Limettenwasser getaucht, dass jene aquatisch-maritimen Anmutungen kreiert. Moosig-Grasiges wächst irgendwo in der Nähe und haucht dem Duft markant-männliche Anklänge ein.

St. Barth Homme ist nun keine totale Innovation, aber für mich ist es ein hübscher tragbarer Begleiter für den Mann. Primär ist er für die wärmeren Jahreszeiten gedacht, aber wir kennen sie alle, die Kandidaten, die männlichen, die gerne einen Immergeher (oder auch mehrere) im Regal stehen haben, der immer passt. In genau diese Kategorie fällt St. Barth Homme für mich. Sicherlich, beim Date mit einer Parfumista wird „er“ damit jetzt nicht mit dem Hinterteil durch den Tisch krachen, aber „er“ katapultiert sich damit auch nicht ins Aus, keineswegs. St. Barth Homme hat keine Ecken oder Kanten, ist aber auch kein konturlos-mutloser Duft, von denen es zu viele gibt. Und – man braucht sie einfach, die Düfte für jeden Tag, mit denen man immer „angezogen“ ist.

Eau de St. Barth, unser letzter Duft für heute, ist ein Unisex-Duft, ganz klar:

„Mit seinem blumigen, würzig-frischen Duft eines entspannten Strandtags zeichnet Eau de St Barth das klare Bild eines einsamen Inselparadieses. Die frische Komposition lässt an Treibholz und türkisblaues Meer denken, unterstrichen durch eine Nuance Muskat und einen zitronigen Touch.“

Die Ingredienzen: Kopfnote: Limone, Jasmin, Litsea cubeba; Herznote: Teeblüte, Bergamotte, Pfingstrose; Basisnote: Moschus, Guajakholz, Muskat.

Eau de St. Barth fängt die heitere Unbeschwertheit und Fröhlichkeit jener Insel perfekt ein, das meine ich sagen zu können, ohne jemals dort gewesen zu sein nach einem Blick auf die vielen schönen Bilder. Fruchtig-aquatisch ist sein Naturell, sportlich und dynamisch seine Ausstrahlung – und dennoch, er unterscheidet sich auf angenehme Art und Weise, hebt sich wohltuend vom Einheitsbrei ab, obgleich er sicherlich ein Crowdpleaser ist.

Warum? Ganz einfach: Die Kombination von zitrischen Noten, in diesem Fall Bergamotte und, ich meine, Limette (Limone ist immer nicht ganz klar in der Übersetzung, manchmal ist schlicht Zitrone gemeint, manchmal aber auch ihre Schwester, die Limette) mit Tee. Schlicht, aber perfekt – das funktioniert einfach immer und ist eine sichere Bank. Ihr erinnert Euch sicherlich noch, dass ich bei unseren Schwaben „vom Daimler“ zu Besuch war und deren flüssige Raumbeduftung für die Automobile kennenlernen durfte? Der Standardduft, der weltweit mit jedem Modell ausgeliefert wird, das über eine Innenraumbeduftung verfügt, ist – ein zitrischer Teeduft. „Easy to like“ war der Arbeitstitel, und das ist mitnichten schmälernd gemeint. Hesperidenfrüchtchen und Tee mag so gut wie jeder, es wird von fast allen als angenehm empfunden, und das kulturenübergreifend.

Man nehme also für das Wasser von St. Barth: Spritzig-zitrische, herb-prickelnde Zitrusfrüchtchen, schwenke sie in eisgekühltem (Schwarz)Tee, verziere das ganze mit ein paar tropischen Blüten, deren Nektar dezent-süß lockt, kreiere mit Moschus eine federleichte Basis gleich einer Hängematte, einer imaginären, in die sich der Geist entspannt werfen kann, zwischen zwei Holzpfähle gespannt (das schöne balsamisch-würzige Guajakholz) und zaubere mit Pfingstrose ein paar wässrige Anklänge, die an das nahe Meer erinnern. Fertig ist das Sommerwunder! Absolut Dolce Vita-tauglich, sonnig und beschwingend – ein toller Duft für die heißen Tage.

Nun entlasse ich Euch in das ebenfalls recht warme Wochenende, bis nächste Woche Ihr Lieben, habt eine schöne Zeit!

Viele Grüße,

Eure Ulrike