Weiter geht es heute in Kilians Garten des Guten und Bösen – In the Garden of Good and Evil. Die beiden Düfte „Playing with the Devil“ und „Forbidden Games“ ließen an die verbotenen Früchte des Baums der Erkenntnis denken, heute könnte es allerdings noch sündiger werden, wenn ich mir die Namen „In the City of Sin“, „Good Girl gone Bad“ und „Voulez-vous coucher avec Moi?“ so betrachte.
In the City of Sin
Ich muss an Sin City denken, der Filmadaption des Comics von Frank Miller. Sündig, düster und gewalttätig geht es dort zu, nicht ohne dabei aber eine ganz eigene Ästhetik zu verströmen. Den zweiten Teil habe ich noch nicht gesehen, da muss ich einmal unsere Cineastin Uli befragen, ob er sich ebenso wie der erste Teil lohnt.
Im Pressetext zum Duft heißt es:
Die Reise zu ekstatischen Höhepunkten kann beginnen.
… ein Ort extremer Verlockungen, ein Ort, an dem an jeder Straßenecke die Möglichkeit unverhoffter verführerischer Begegnungen lauert und auf uns wartet. Dieses Parfum verkörpert als Sinnbild all unsere größten Versuchungen und Begierden und betört durch eine vielschichtige Komposition aus Früchten und Gewürzen, Blumen und Hölzern, in der sich fruchtige Essenzen verflüssigen und mit betörenden Hölzern verschmelzen.
Nun schaue ich einmal, was Parfümeurin Calice Becker sich unter dieser sündigen Stadt vorstellt: Wer einen Moloch und Sündenpfuhl erwartet, wird überrascht. Hier haben wir es mit einem Gourmand-Duft zu tun, der nach einem kurzen zitrischen-würzigen Auftakt seinen Charakter offenbart. Die Früchtchen setzen sich auch hier fort, denn ich kann die Duftnotenangabe „Aprikose“ und „Pflaume“ durchaus nachvollziehen. Köstliche Verlockungen, soweit kann ich folgen. Um den Titel richtig wiederzugeben, hätte man noch einen urbanen Kontrast setzen können. Es folgen aber weiche Hölzer, vor allem Zedernholz mit seiner trockenen Art und die Pudrigkeit von Moschus.
Duftkomposition
Kopfnote: Bergamotte, Rosa Pfeffer, Kardamom
Herznote: Aprikose, Pflaume, Rose
Basisnote: Weihrauch, Zedernholz, Sandelholz, Patchouli, Weißer Moschus
„In the City of Sin“ wird alle Freunde fruchtiger Gourmanddüfte begeistern. Nicht ganz meine Welt – „In the City of Gin“ würde ich persönlich lieber mal ein Wochenende verbringen. 😉
Good Girl gone Bad
„Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überall hin“, heißt es in einem Spruch. Ob Alberto Morillas an ihn dachte, als er „Good Girl Gone Bad“ kreierte, ist nicht überliefert.
Keine Früchte! Aber auch kein böses Mädchen. Es blühen um die Wette weiße Blüten, aber selbst die Tuberose kommt nicht so recht in Fahrt, kennt man doch gerade sie als lüsternes Wesen. Aprikosig-süßer Osmanthus verleiht der Kreation nun doch eine fruchtige Note.
Duftkomposition
Kopfnote: Jasmin, Osmanthus, Mai-Rose
Herznote: Tuberose, Narzisse, Veilchen, Pflaume
Basisnote: Ambra, Patchouli, Zedernholz, Vetiver, Moschus
Für die Frau, die sich traut, etwas zu wagen und ihre Kühnheit auslebt. „Good girl gone Bad“ verkörpert einen speziellen Frauentyp. Ein Parfum, das jene Fülle und opulente Lust repräsentiert, die Kilian so liebt. Sinnlich und hemmungslos. Eine Frau, die für alles steht, für alles zu haben ist – in der Welt der Liebe, des Begehrens, des Verbotenen. Eine Komposition aus Früchten und Blumen. Ein Parfum, so unwiderstehlich wie das Lachen, wie eine Barriere, die aufgehoben wurde, wie ein vergessenes Verbot.
Es tut mir leid, hier muss ich passen. Meine ganz persönliche Meinung ist, dass die Blüten etwas unstrukturiert umherwabern, zwar findet sich hier eine spannende Vintage-Note – dahinter vermute ich Patschuli –, die dem Duft eine interessante Wendung gibt. Trotzdem bin ich geneigt zu unterstellen, dass die Herren hinter diesem Duft noch keine wirklich bösen Mädchen kennengelernt haben. Ein ambrierter Blütenduft, der in seiner Bravheit hinter den Erwartungen bleibt. Vielleicht ist diese Verführungskunst aber auch zu subtil für meine Nase. 🙂
Voulez-vous coucher avec Moi?
Na, jetzt aber. Eine direkte Einladung zum Liebemachen wird als „Essenz der Nacht im Garten von Gut und Böse“ bezeichnet. Alberto Morillas griff tief in die Kiste der betörenden Lockstoffe und zauberte Noten von Gardenien, Ylang-Ylang, Tuberosen und Rosen hervor, eine Blütenarmada, die überwältigt und jegliche Hemmungen zu überwinden vermag.
Duftkomposition
Kopfnote: Neroli, Gardenie
Herznote: Ylang-Ylang, Tuberose, Bulgarische Rose
Basisnote: Sandelholz, Vanille, Zedernholz
Wer jetzt noch zögert, wird mit einer verführerischen Vanillenote zu Fall gebracht – im moralischen Sinne natürlich –, die in einer warmen hautnahen Sandelholz-Cremigkeit ausklingt. Achtung, leicht ölige Konsistenz.
Eine gerissene Verführerin hinter einer unschuldigen Fassade – Dieser strahlende Duft trägt eine Maske. Eine helle, florale Herznote – wie ein Sommermorgen, mit einer sinnlichen, holzigen Note, die wiederum an den Sonnenuntergang erinnert.
Um „Voulez-vous coucher avec Moi“ zu kreieren, brachte Parfümeur Alberto Morillas frischen Neroli und leuchtende Gardenie auf einer exquisiten Sandelholzkomposition zusammen. Ein sonniges, cremiges Herz aus weißen Blüten: Ylang-Ylang und Tuberose. Der verführerische Atem einer schüchternen bulgarischen Rose. Ein seidig-sanfter, doch auch provokativer Ausklang mit Vanille und Zedernholz. Ein Duft, dessen vorgetäuschte Unschuld die Macht besitzt zu fesseln.
„Voulez-vous coucher avec Moi“ soll den Geist benebeln, die Sinne überwätigen und das Herz rasen machen. Der Duft steht für die Geheimnisse und die dunkle Seite der Kollektion.
In the Garden of Good and Evil – der Wolf im Schafspelz?
Zurecht wird In the Garden of Good and Evil eine „trügerisch brave Kollektion“ genannt. Die doch sehr mutigen Titel der Kreationen kommen doch recht zahm daher. Viele Blüten, Früchte, liebliche Noten, die eher an das Paradies vor dem Sündenfall erinnern, als an die Verlockungen der Sünde und Lust. Die Sünde ist eine sehr unterschwellige. Wer Kontraste und Provokation und Erotik sucht ist, muss abstrahieren können.
Es geht nichts über einen eigenen Test. Habt Ihr die „Garten-Düfte“ schon unter der Nase gehabt?
Liebe Grüße
Harmen
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