Ein Streichholz entzünden, an den Docht halten und schon verströmt die Duftkerze ihre Magie. Es könnte so simpel sein. Aber jeder, der sich mal durch die Wachs-gewordenen Duft-Träume der verschiedenen Anbieter probiert, wird schnell merken: Es ist nicht alles lecker, was brennt…
Ein Wintermärchen:
Der Junge mit den Zündelhölzern
Kerzen faszinieren diesen Jungen, seit er klein ist. Das flackernde Licht, das sie auf die Wände werfen, das Spiel der Schatten, die über den Tisch tanzen, der gold-gelbe Schein, der sich in allen Oberflächen wiederspiegelt. Allein das Wort „Kerze“ übt eine beinahe magische Wirkung auf ihn aus. Denn Cerus, das Wachslicht, wie die alten Lateiner noch sagten, hat die Fähigkeit, dunkle Räume in Licht zu tauchen, und das schon seit vielen tausend Jahren. Als das Christentum noch jung war, mussten sich die Anhänger dieser Religion tief unter Rom, in den Katakomben, verstecken. Und dort war es … dunkel. Welche Freude mussten damals, etwa hundert Jahre nach Christi Geburt, Kerzen bringen – statt der bis dahin verwendeten umständlichen, talggetränkten Fackeln. Den Jungen fasziniert die Kerze, dieser uralte Gegenstand, der in der Geschichte der Menschheit immer wieder modernisiert und verbessert wurde. Die ersten Wachskerzen waren noch unbezahlbar teuer, nur dem Adel vorbehalten, und ihr Docht musste alle paar Minuten gekürzt werden, um das übermäßige Rußen zu verhindern. Erst 1825 kam ein Patent für tropffreie und bezahlbare Parafin-Kerzen auf den Markt. Wieder sind es die Christen, die auf diese Erfindung reagieren und aus der Kerze einen Kultgegenstand machen: Erst erfanden sie den Adventskranz mit vier Kerzen, dann den Weihnachtsbaum, der im festlichen Kerzenschein das Wohnzimmer erstrahlen liess. Einfach nur eine Kerze? Nein, das kleine Licht bedeutet für den Jungen so viel mehr, es bedeutet Ruhe, Kraft und Genuß. Also setzt sich der Junge hin und erfindet die schönsten Duftkerzen, die ein Mensch jemals gerochen hat…
Nun gut, der letzte Teil ist geflunkert. Ich weiß nicht, wieso Ben Gorham, Erfinder der Byredo-Parfums, seine Duft-Kerzen-Kollektion entworfen hat. Aber eines stimmt doch: dass es umwerfend köstliche Kerzen sind, die aus dem einfachen Anzünden jedesmal ein kleines Ritual machen…
Erinnern Sie sich noch an die Zeit vor der Duftkerze?
Da standen schnöde Wachs- Teile auf unseren Tischen, die außer Abzubrennen nicht viel auf dem Kasten hatten. Die schwierigste Kaufentscheidung war bis dato vielleicht Farbe, Form und rußend oder nicht-rußend. Dann kam vor ein paar Jahren (arg lange ist es gar nicht her) ein neuer Trend: Aroma-Kerzen, die gut riechen konnten. Erst gab es sie auf Hippie-Märkten, mit merkwürdig verklärten Noten wie „Meditations-Weihrauch“ und „Seelenrein-Inkarnations-Bla“. Aber der Luxus-Markt lässt ja bekanntlich nicht lange auf sich warten, und plötzlich bekam man ständig Edel-Kerzen in schickem Design geschenkt, die wenigstens vernünftig, wenn auch eindimensional, nach Vanille oder Apfel rochen.
Mittlerweile hat sich der Markt verändert und es ist schon fast schwierig, eine Kerze zu finden, die nicht riecht. Segen oder Fluch? Immerhin, heutzutage kann sich jeder Duftkerzen leisten, die gibt es ja schon für ein paar Euro im Supermarkt. Oder sogar ganze Batterien duftender Teelichter aus dem Möbel-Markt. Der Haken: die meisten riechen scheußlich, Kopfweh inklusive. Aber, meine Damen und Herren, wo viel Schatten, da gibt es auch viel Licht, oder so ähnlich. Und hier kommt Byredo ins Spiel: Die „Bougie Parfumée“, zehn duftende Kunstwerke, sind das köstlichste, was ich seit langem gerochen habe!
Byredo – eine (wahre) Geschichte von Luxus und Perfektion
Ben Gorham ist der vielleicht bestaussehendste Mann der Parfum-Branche. Der in Kanada aufgewachsene Hüne mit den unzähligen Tatoos gründete 2006 ein Unternehmen, das sozusagen über Nacht berühmt wurde. Seine erlesenen Düfte (allen voran das betörende „Fantastic Man“! Unbedingt mal proberiechen…) entstanden in Zusammenarbeit mit Big Names wie Olivia Giacobetti („Idole“ für Lubin, „Premier Figuier“ für L’Artisan Parfumeur) oder Jerome Epinette („Poudre“ für Jovoy Paris). Wo immer man den Namen Byredo heute liest, oder Beauty-Experten über ihn reden, überschlagen sich sofort die Superlative: Beste Zutaten, geniale Kompositionen, Schönstes Design… Und sie alle haben Recht, denn Byredo muss man lieben. Magie in Flaschen sozusagen. Und nun setzt Ben Gorham noch eins oben drauf: Magie in Kerzen.
„Don’t judge a book by it’s Cover“ sagt ein englisches Sprichwort. Bei diesen kleinen Kunstwerken verhält es sich genau anders: Schon das Design – von der edel-puristischen Schachtel bis zum simpel-chic des dunkelgrauen Glases, in dem das duftende Wachs gebettet wurde – machen Lust. Und dann die Namen der zehn Kerzen! Jede Kreation spricht schon im Titel Bände und hält, was sie verspricht. Nomen est Omen könnte nicht treffender umgesetzt werden. So duftet „Bohemia“ sehr mondän und freigeistig nach Opoponax (I love it!), Rum, Labdanum (das schon im alten Ägypten als Räucherwerk eingesetzt wurde) und Vanille. Oder „Bibliothèque“: Ein raffinierter Duft aus Pflaume, Pfirsich, Patchouli und Leder. Fast meint man, das Wohnzimmer würde sich beim Abbrennen der Kerze in eine mittelalterliche Bibliothek verwandeln, in der es dezent nach ledergebundenen Schmökern und jahrhunderte-alter Weisheit riecht. Sie haben keinen offenen Kamin? Dann werden Sie staunen: diese Kerze hat einen fast gleichen, anheimelnden Effekt.
Oder mögen Sie es frischer, verspielter? Dann werden Sie „Carrousel“ lieben. Eine kindlich-heitere Mischung aus Orange, Rhabarber, Alpenveilchen, Guave und Vetiver. Schließen Sie die Augen und drehen Sie eine Runde auf dem Karrussel: die Lichter, die vorbeiziehen, während Sie auf dem liebevoll geschnitzten Holzpferdchen reiten, die Leiernde Musik aus dem Orgel-Automaten… Egal, wie viele Duftkerzen Sie schon ausprobiert haben – die „Bougie Parfumée“ entführen Sie eine ganz neue Welt der Erinnerungen und Assoziationen. Brauchen Sie noch einen guten Vorsatz für 2010? Wie wäre es mit diesem: Nie wieder Duftkerzen kaufen, die den Namen eigentlich gar nicht verdienen. Denn Duft sollte nie synthetisch sein oder nerven. Er sollte köstlich durch den Raum schweben und sie dazu bringen, darauf zu brennen, die Kerze das nächste Mal zu entzünden.
Ben Gorham sei Dank!
– Constantin Herrmann
Lieber Constantin,
ich hoffe, Du hast mit der Lobeshymne auf Byredo-Duftkerzene nicht übertrieben! Ich habe mir vor kurzem eine Hype-Noses Kerze geleistet und bin eingentlich zu tiefst enttäuscht. Brennverhalten, Brenndauer, Knistereffekt – SUPER; Duft – ??? nicht wahrnehmbar. Dagegen habe ich mir vor einiger Zeit eine Duftkerze aus dem (wohl einzigen) Kerzen- und Seifenladen in Stuttgart geleistet (für ganze EUR 7,95) die definitiv mehr hergegeben hat als die Hype-Noses. Ich glaube nicht, dass die Designer-Kerzen unbedingt immer ihren (doch hohen) Preis rechtfertigen und ich mich immer noch schwer dabei tu, mir eine zu leisten (s. oben mein Reinfall). Trotzdem habe ich die eine oder andere im Auge, die ich mir eines Tages gerne leisten möchte. Zur Zeit jedenfalls investiere ich lieber in einen Duft für mich als in eine Kerze, die, wenn man 50 Brennstunden als Maßstab nimmt, innerhalb einer Woche zunichte ist.
Viele Grüsse und einen duftenden, guten Start ins neue Jahr,
Margot
Lieber Tino, liebe Ulrike,
vielen Dank für eure Kommentare und objektive 🙂 Empfehlungen. Ja, ja, Geschmäcker sind schon verschieden! Eine Duftkerze sollte meiner Ansicht nach einfach den Duft verströmen, leicht oder intensiv wahrnehmbar, egal, Hauptsache DUFT. Aber Hype-Noses gab halt gar nichts her. So bleibt mir weiterhin nur die Suche nach dem (für mich) perfekten Objekt, je nach Jahreszeit. Ich glaube auch, dass man nicht grundsätzlich die jeweiligen Hersteller über einen Kamm scheren darf, sondern dass es effektiv auf die Zusammensetzung und die persönlichen Vorlieben ankommt. Allerdings erde ich davon Abstand nehmen, eine weitere Kerze von Hype-Noses zu kaufen.
In diesem Sinne nchmals vielen Dank für eure Gedanken und Meinungen und erst mal einen guten Rutsch in ein neues – duftendes – Jahr 2010!
Viele Grüsse,
Margot