… sind heute an der Reihe – und ich bin sowohl neugierig und gespannt als auch ängstlich: Gestern hatte ich bereits die erste beiden Düfte der neuen Kollektion aus dem Hause Atelier Cologne vorgestellt und mich verliebt – doppelt. Der Auftakt war phänomenal, das macht Hoffnung und schürt gleichermaßen Ängste ums Budget 😉 Trotzdem – ich kann es kaum erwarten!
Poivre Electrique macht den Anfang:
„Der Plan war es, gen Osten zu segeln. Die Wellen riefen sie … Sie waren auf der Suche nach Abenteuern. Herauszufinden, wer sie sind, war ihr gemeinsames Ziel. Als sie ankamen, wurde ihr Traum wahr. Die Atmosphäre war elektrisierend. Sie konnten nicht widerstehen und liefen den Lichtern in der Ferne entgegen.“
Die Ingredienzen: Kopfnote: Bitterorange, Schwarzer Pfeffer, Rosa Pfeffer; Herznote: Weihrauch, Piment, Türkische Rose; Basisnote: Myrrhe, Sandelholz, Zedernholz.
Ich weiß nicht warum, aber das allererste, was mir zu diesem Textchen eingefallen ist, ist das Burning Man-Festival – dabei hat es überhaupt nichts mit Meer zu tun, ganz im Gegenteil, es findet in der (Black Rock-)Wüste in Nevada statt. Ich glaube, es waren die Worte „elektrisierend“, „nicht widerstehen“ und „Lichter“ – manchmal ist es so einfach 😉
„Burning Man 2012“ von Christopher Michel via Wiki Commons CC BY 2.0
„FLG Electra at Dawn“ von Mills42 via Wiki Commons – CC BY-SA 3.0
Ansonsten sieht mir Poivre Electrique aber eher nach Gewürzstraße aus, erinnert auf den ersten Blick ein wenig an Idoles Lubin, aber … bevor ich mich jetzt noch weiter verliere, ab mit dem Duft auf die Haut!
Hach ja … ich wusste es: Auch Poivre Electrique ist ein Schönling! Respekt, ehrlich: Atelier Cologne war schon immer ein gutes Haus, aber irgendwie hat man jetzt nochmals eine gute Schippe draufgelegt hinsichtlich der Innovativität der Kreationen!
Poivre Electrique ist eine … zurückhaltende Kreation, obgleich der Duft eine sehr gute Sillage besitzt. Ich würde in ganz grob mit einsortieren wollen in meine allseits bekannte und gerne zitierte Riege der Kontemplativen: Jener harzig-(ge)würzig-balsamischen Düfte, die allesamt eher in’s Kühle tendieren, so zum Beispiel der Signature von Costes (ok, der hat auch wärmere Noten), 10 Corso Como, Miller et Bertaux A Quiet Morning, der leider vergriffene Cashmere for Men von Cristiano Fissore, Il Profumos Touaregh, Montales Greyland, einige Düftchen von Miller Harris usw.. Er ist pfeffrig, aber eher wenig pfeffrig-prickelnd als vielmehr pfeffrig-kühl-leuchtend, so modern wie die Nicht- oder auch Un-Farben, die ich so an meinen Wänden schätze: Blaugrauviolettgrau, Taupegraubraungrau, Ihr wisst schon, oder? Ein Quentchen (Weih)Rauch nebelt in eleganten Schwaden, von einer frischen, subtil-fruchtigen Rose kontrastiert und von edlen Hölzern untermalt, allen voran die immer „sauber“ wirkende, ernste Zeder.
Poivre Electrique ist für Frauen und Männer gleichermaßen geeignet und nicht nur ein herrlich ausgleichender und entspannender, wohltuender Duft, der zu so gut wie jedem Anlass und zu fast jeder Jahreszeit passt, sondern auch ein schöner neuer Vertreter der ohnehin viel zu rar gesäten Pfefferdüfte.
Tobacco Nuit, der Tabak der Nacht oder auch die Nacht des Tabaks? Nicht nur, wie uns der Text zum Duft verrät:
„An diesem Abend war der Jazz Club gut gefüllt. Die Töne entsprangen seinem Saxophon mühelos. Eine schöne dunkelhaarige Frau kam näher. Ihr Sinn für die Melodie war offensichtlich. Selbstsicher flüsterte sie ihm etwas zu. Ein Moment, von dem er nur träumen konnte.“
Kopfnote: Clementine, Koriander, Kumin; Herznote: Tabakblüte, Labdanum (Zistrose), Weihrauch; Basisnote: Patchouli, Zedernholz, Tonkabohne
Die Assoziation, die ich dazu habe, liegt nahe, wenn man das Buch kennt: „Die gefährliche Geliebte“ von Haruki Murakami. Irgendwann mit circa zwanzig Jahren bin ich über dieses wundervolle Buch gestolpert, in dem es um einen Jazzclubbesitzer geht, der gut, sehr gut im Leben steht, alles hat und doch … immer wieder an seine Jugendliebe, seine Sandkastenfreundin denkt, die ihm nie wieder aus dem Kopf gegangen ist. In einer Szene beschreibt er einen Moment, jenen Augenblick, als er noch Kind war, der ihm unvergesslich geblieben ist: „Es erfüllte mich mit Seligkeit, daß sie meine Hand gehalten hatte. Ihre sanfte Berührung wärmte mir noch tagelang das Herz. Zugleich verwirrte mich dieses Gefühl, machte mich ratlos, in gewisser Weise sogar traurig. Wie würde ich nur je mit dieser Wärme fertig werden können?“ (S. 22; btb DuMont Verlag Köln, 2002). Ganz klare Leseempfehlung, meine Lieben!
Oooh – und auch Tobacco Nuit ist wundervoll, wie sollte es anders sein? Mein Kopf ist voller Assoziationen: Einerseits nehme ich jene Note war, die unter anderem auch Diors Hypnotic Poison so unwiderstehlich gemacht hat, „Knet“, wie ich es immer nenne, vermutlich irgendeine Mischung aus Harzig-Süß-Rauchigem. Tabak, selbstredend. Und dann die Erinnerung an die alten Lutens-Düfte, an Chergui, den Crowd-Pleaser und an Fumerie Turque. Viel Tabakrauch, opulent und raumgreifend, aber auch viel Süße, honiggleich und auf eine Art und Weise samtig mit einer gewissen wild-rauen Anmutung. Allerdings nicht papsig oder „overwhelming“, … je länger ich darüber nachdenke, desto mehr würde ich sagen, dass er wirklich in Richtung Chergui weist. Chergui ist solch ein Chamäleon, ein Unikat, das von wirklich jedem geliebt wird: Von Orientalenfans, von Liebhabern heftiger Kracher genauso wie von ansonsten eher zarteren Düften Zugeneigten, Naschkatzen oder anderen. Tobacco Nuit könnte auch solch ein Universaler werden, ich bin mir sicher, er wird vielen sehr sehr gut gefallen!
Ich bin schon sehr gespannt auf die letzten drei Düfte morgen – ob die genauso „rocken“? In jedem Fall hat man mich schon längst von der Collection Orient überzeugt, das dürfte Euch klar sein 😉
Einen schönen Tag Euch und bis morgen,
viele liebe Grüße,
Uli
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