… erreichte mich dieser Tage, besser gesagt: Ein kleines Briefchen. Feines weißes Papier in Kombination mit silbernem Prägedruck weist mich auf einen neuen Vertreter der Luxury Collection hin, deren erklärte Intention ich uns nochmal in Erinnerung rufen möchte:
„Die Luxury Collection ist in erster Linie mein Verständnis von vollkommener Qualität. Ich habe nicht immer die Möglichkeit, all die Materialien zu verwenden, die ich will. Einige davon sind schlicht zu teuer. Doch bei der Kreation der Luxury Collection habe ich mich bei der Auswahl nicht eingeschränkt. Die Düfte sollten vollkommen werden – vollkommen und elegant. Es geht mir bei dieser Kollektion hauptsächlich um die Lust daran, schöne Düfte zu kreieren. Nicht alles, was ich mache, ist von der Vernunft getrieben!“ – Romano Ricci
Viele von Euch werden die Augen rollen – aber es ist in der Tat so: Abseits von speziellen, nach Kundenwünschen angefertigten Kreationen, also Einzelstücken, sind dem Hersteller auch im Nischenbereich die Hände gebunden. Vielleicht etwas lockerer, um in der Terminologie zu verbleiben, sprich: es kann mehr Geld ausgegeben werden für den Juice als im Mainstreamsektor, aber nichtsdestotrotz: Es gibt einfach Rohstoffe, die extrem teuer sind und deshalb nur äußerst selten oder in homöopathischen Dosen Verwendung finden. Inwiefern jetzt Riccis Versprechen auf seine Düfte zutrifft, kann ich Euch nicht sagen – dazu bräuchte ich einen Chromatographen und eine Preisliste, aber … die ersten beiden Vertreter der Luxury Collection von Juliette has a Gun, Moon Dance und Oil Fiction haben mich komplett überzeugt (vor allem ersterer, haaach!).
White Spirit, so heißt der Neuling, macht neugierig – mit einem etwas nebulösen Pressetext:
„White Spirit wurde aus meiner Faszination für das Widersprüchliche, für das Ungewöhnliche geboren. Am Anfang steht der Name. White Spirit. Das ist eine Anspielung auf den englischen Begriff für Spiritus, berühmt-berüchtigt und leicht entzündlich. Wörtlich übersetzt bedeutet es „weißer Geist“. White Spirit ist wie Feuer unter dem Eis. Die reine, weiße Blüte gegenüber einem explosiven, holzigen Akkord. Ein ungewöhnlicher Cocktail, der absolut süchtig macht.
Wie bei einer Droge liegt die Gefahr bei dieser Kreation darin, ihr sofort zu verfallen und sich nicht an die empfohlene Dosierung zu halten. Man setzt sich der Gefahr aus, niemals wieder ohne sie leben zu können.” Romano Ricci
Dosierung
Aufgrund der hoch konzentrierten Formel sollte „White Spirit“ sehr sparsam verwendet werden. Ein oder zwei Tropfen, die sanft auf Ihren Hals aufgetragen werden, sind genug. Die Anwendung sorgfältig wiederholen, wenn nötig. „White Spirit“ wurde Ihnen persönlich verschrieben. Halten Sie den Duft von Ihrem Partner, Ihrer Partnerin und auch von Ihrem Ehemann oder Ihrer Ehefrau fern. Sollten sich diese nicht abhalten lassen, handeln Sie entschieden.Nebenwirkungen
Während der Anwendung kann es dazu kommen, dass sich Fremde dem Bereich um Ihren Hals nähern, begleitet von unablässigen Fragen nach dem Namen Ihres Duftes und woher Sie ihn haben. Halten Sie sich während der Anwendung von jeglichen anderen Düften fern. „White Spirit“ kann auf keinen Fall gemischt werden.Duftbeschreibung
„White Spirit“ ist das Ergebnis des Aufeinanderprallens zweier Welten, die sich am Ende auf einem weißen Bett vereinen. Im Herzen dieses Akkords: ein Blumenbouquet aus Arabischem Jasmin und Tuberose. Hinter einem Himmel voller aufgehender Sterne liegt die Wahrheit verborgen – sinnlich, teuflisch, süchtig machend. Das Sandelholz, das Ambrocenide und das Ambroxan steigen der Reihe nach in den Tanz ein, ein holziges, ambriertes Trio, das den weißblütigen Akkord modernd herausfordert.
Die Beschreibung erinnert mich an Tiziana Terenzis White Fire, der ebenfalls mit Ambivalenzen aufwartet. Und dann – nun ja, ein bisschen weniger Pathos hätte es dann wohl auch getan, oder? Mal schauen, ob White Spirit solch eine Zauberdroge ist … Die Ingredienzen: Kopfnote: Jasmin, Tuberose; Herznote: Sandelholz, Ambra; Basisnote: Ambroxan, Ambrette.
[Ganz nebenbei: White Fire hat ganz ähnliche Noten, zumindest Jasmin, Sandelholz, Ambra und Moschus …]
Ohh – ja. Ok. White Spirit ist toll. Er ist ganz Zeitgeist – ich sage nur: Escentric Molecules, zarkoperfume, Nomenclature und Co.. Ja, es ist ein Duft, in dem auch viel Synthetik Eingang gefunden hat. Und ja, er ist mehr … Aura als Parfum, bewusst wahrgenommenes. Ist leicht, wie das Wörtchen „Weiß“ schon vermuten lässt, ein Schleier über der Haut, irgendwie umhüllend, nicht wirklich greifbar, aber … alles andere als transparent, meine Lieben! Das Ding hat eine Sillage, und was für eine!
Annie Chrstabel „No title“ via Flickr – CC BY-ND 2.0
Sinnlich, feminin, sexy, unschuldig und gleichzeitig lolitaesk betörend … White Spirit ist weich auf der Haut, ganz klar – das macht die Basis. Watteweich und vor allem cremig, er fühlt sich an (ja, anfühlen!) wie eine schöne, gute Bodylotion oder Creme, die die Haut nachhaltig pflegt, Feuchtigkeit spendet und sie satt und edel zurücklässt. Und dann – die Blüten. Nein, eigentlich ziemlich genau eine – eine weiße, große, üppige, majestätische, in die ich mich hineinwerfen kann. White Spirit in Bildern wäre für mich – Däumelinchen sein und mich in eben jene Blüte hineinfallen zu lassen, zwischen ihre Stempelchen, den Nektar genießend, den süßen. Eine Makroaufnahme, vornehmlich eines Jasmins. Süß, opulent und (ver)lockend, kein bisschen indolisch, dafür eher sauber und auf subtile Art und Weise frisch.
Hölzer nehme ich auf meiner Haut nicht wahr, zumindest nicht bewusst. Im Hintergrund sehe ich eine leise Anmutung, die eher Rückgrat des Duftes ist, ihn stützt oder auch trägt wie die Blüte von ihrem Stengel getragen wird. Eine gewisse Trockenheit mitsamt einer leisen, sehr leisen Wärme, mehr einer Liebkosung gleichend.
Annie Chrstabel „…“ via Flickr – CC BY-ND 2.0
White Spirit ist der Frauenwelt gewidmet und verkörpert all jene Facetten, die uns so ausmachen: Sinnlichkeit und Erotik, wie schon erwähnt, Jugend und Esprit, Eleganz, feder(n)gleiche Leichtigkeit (unabhängig vom Körpergewicht, ja ;)), Attraktivität und Schönheit, ja.
Ich mag ihn, diesen Duft. Und denke dass er aufgrund seines „Aura“-Charakters, seiner Strahlkraft, die die Ausstrahlung der Trägerin unterstreicht und weniger als eigenständiges Parfum, aufgetragenes, wirkt, zu so gut wie jeder Gelegenheit und zu jeder Tag- und Jahreszeit getragen werden kann.
Macht er Euch neugierig? Und – gefallen Euch die anderen beiden Kandidaten aus der Luxury Collection?
Viele liebe Grüße,
Eure Ulrike.
Ursprünglich wollte ich den Duft gerne testen und wartete schon gespannt darauf, dass wieder eine Abfüllung erhältlich ist – der Blog-Post aber macht mich als Mann nun zurückhaltender, der Wunsch zum Test verpufft eigentlich sogar gerade, da explizit umschrieben wird, der Duft wäre der Frauenwelt gewidmet. Einerseits ist man(n) froh, die sicherlich auch nicht günstige Abfüllung sich gespart zu haben, andererseits bleibt ein Hauch an Neugierde aber über. Somit zumindest lieben Dank für diesen schönen Artikel, der mich höchstwahrscheinlich von einem Fehlverkauf abgehalten hat, wenngleich ich Pink Molecule von Zarko wirklich sehr, sehr liebe und die Allgemeinheit diesen so fruchtigen Duft vielleicht nicht zwingend als ‚maskulin‘ empfinden würde. Pink ist für mich hier absolut ‚uni‘ 😉