… werden uns heute beschäftigen: Nachdem ich letzte Woche bereits den ersten Duft der bei uns soeben eingetrudelten neuen Marke aus New York vorgestellt hatte, folgen nun noch die drei anderen Düfte, mit denen Nomenclature „an den Start“ gegangen sind.
orb_ital macht den Anfang und zitiert ein Molekül, ein Stöffchen, das viele von uns spätestens seit Escentric Molecules Dauerbrenner Molecule 01 ein Begriff ist – Iso E Super:
„Orbiton
Es macht andere Stoffe weich, verringert Spannungen zwischen Moschus, holzigen und floralen Noten und lässt Parfums verschmelzen, leicht wie Wolken … Seit den frühen 1990er Jahren „formte und definierte der transparente holzig-ambrierte Duft von Iso E Super die moderne Parfümerie wie kaum ein anderer Stoff“, schreibt der Duftchemiker Philip Kraft. Mit Orbiton bietet Takasago eine anspruchsvolle, überraschend strukturierte Version dieses unverzichtbaren Moleküls.Der Duft: Holz im Orbit
Orbits bzw. Umlaufbahnen sind das Ergebnis einer perfekten Balance zwischen Impuls und Schwerkraft. Und in orb_ital setzte Patricia Choux die balancierenden Eigenschaften ihres Starmoleküls brillant ein, um ein neues duftendes Planetensystem zu erschaffen. Veilchen und Rhabarber; Pfeffer, Zeder und Röstkaffee; Tabak, Rauch und der Hauch eines angezündeten Streichholzes. Von den vielen Facetten, die um Orbiton kreisen, wählte die Parfümeurin Pfeffer als Hauptanziehungskraft. Das kühl-scharfe Brennen des Gewürzes wirkt von den Kopf- bis zu den Basisnoten und zeigt sich auch bei der cremigen Sandelholzkomponente, Takasagos Hindinol, welche in einem heiligen Weihrauch verankert wurde.“
By Kavewall – CC BY 2.5 –> https://creativecommons.org/licenses/by/2.5/
Patricia Choux ist die Parfumeurin, die orb_ital kreierte – eine alte Bekannte: Für Clive Christian war sie bereits mehrfach tätig genauso wie für Biehls Parfumkunstwerke, Blue Agava and Cocoa von Jo Malone geht auf ihr Konto ebenso wie Revolution von Ulrich Lang, Very Pretty für Michael Kors und viele weitere, die Ihr in diesem brandaktuellen Interview bei Çafleurebon mit ihr nachlesen könnt.
Was soll ich sagen? Choux, Iso E Super, Pfeffer, Zeder, Sandelholz und Rhabarber? Das kann eigentlich nur funktionieren – und tut es auch. Es pfeffert im Auftakt angenehm ausdrucksstark in meiner Nase, um meine Nase herum, kühl, knackig und keck. Zeder vernehme ich alsbald, einmal mehr sauber, holzig und dezent seifig, in Begleitung von einer ordentlichen Dosis Iso E Super. Wie duftet Iso E super denn nun? Tja, nach allem und keinem – und das unverschämt gut. Ein Quentchen Hölzer, ein subtiler Hauch Frucht, viel Frische, luftig und ein klitzekleines bisschen aquatisch, sanft-sauber und irgendwie ebenfalls ein wenig floral. Hier weht ein Hauch kühlender Weihrauch, hüllt ein, während Rhabarber herb-holzige Fruchtigkeit zaubert. Das passt perfekt zusammen und macht sich außerordentlich modern und angenehm auf meiner Haut. Doch, ja, ein Immergeher, nichts anderes hatte ich erwartet – und zudem noch ein richtig hübscher!
By Kavewall – CC BY 2.5 –> https://creativecommons.org/licenses/by/2.5/
iri_del, unsere Nummer Zwei, entstammt ebenfalls den Händen von Patricia Choux:
„Iris-Aldehyd
Diese moderne, kraftvolle, organische Komponente mit ihren gurkig-kühlen, erdigen, leicht hautartigen Facetten, kontrastiert von hellen, sauberen, wäscheleinentrockenen Lakeneffekten, kommt der Irisbutter so nah wie nur irgend möglich, ohne dass man eine Iriswurzel ausgraben und sechs Jahre warten muss, um den Duft zu erzeugen.Der Duft: Urbane Iris
In iri_del verlieh Patricia Choux der Iris eine moderne Wendung, indem sie ihre aristokratische, gepuderte Perücke verschwinden ließ und sie in einen schmalen, eng geschnittenen Anzug kleidete. Verstärkt durch Iris-Concrète und Alpha-Iron (das Hauptmolekül des natürlichen Rohstoffs), erstreckt sich der Irisakkord über eine Winkelstruktur aus krachenden Holz-Ambra-Noten. Bergamotte und Ambrette – ein pflanzlicher Moschus mit kristallinen Rosen-, Birnen- und Irisfacetten – verbreiten ihren Glanz in dieser reduzierten und trockenen Mischung. So sieht eine urbane Iris aus: schlank, wild und sexy.“
By Kavewall – CC BY 2.5 –> https://creativecommons.org/licenses/by/2.5/
Ich höre sie schon, die Irisliebhaber – eine künstliche Iris, duftet sie auch wirklich wirklich so … gut, so herrlich wie – das Original? Nun, diesbezüglich sei in jedem Falle bemerkt, dass es zweifelhaft ist, wieviel „echte“ Iris in den meisten Düften vorhanden ist, denn 1.) ist Iris eine extrem teure Ingredienz und 2.) ist ihre Anwendung in Düften, die Konzentration darin limitiert durch die IFRA-Reglementierungen. Choux‘ Iris ist eine sehr sehr schöne Interpretation, obgleich eine, das sei bemerkt, auch sehr moderne: Eine kühle, majestätisch-minimalistische Variante mit Anmutungen von Karottenbutter, trockenem Holz, mehliger Birne und fein-feuchter Erdigkeit. Strahlend weiß und anmutig – bisher mein Favorit aus der Linie.
By Kavewall – CC BY 2.5 –> https://creativecommons.org/licenses/by/2.5/
Dritter und letzter Kandidat von Nomenclature ist efflor_esce:
„Paradison
Seitdem es Edmond Roudnitskas bahnbrechendes „Eau Sauvage“ mit seiner zitrusgeschwängerten, floralen Luftigkeit erfüllte, wurde Hedion, Gegenstück einer natürlich vorkommenden Jasminkomponente, zu einem der am meisten verbreiteten Duftstoffe der Parfümerie. Paradison, ein captives Molekül, wurde 1996 von Firmenich patentiert und ist dessen reinster, kostbarster und kraftvollster Ausdruck.Der Duft: Blüte der Engel
Paradison ist „das engelsgleiche Aroma einer Million Blüten … ein Sturm der Zartheit und Ausströmung“ in den poetischen Worten des Parfümeurs Arcadi Boix-Camps. In dem erstaunlich leuchtenden efflor_esce bläst Frank Voelkl diese himmlische Brise über einen paradiesischen sizilianischen Obstgarten. Berührt von der glänzenden Seele des Jasmin, entfalten die Früchte, Blätter, Zweige und Blüten des Orangenbaums ihren berauschenden, sonnenverwöhnten Duft. Bergamotte spendet ihr pfeffriges Funkeln, Osmanthus den geschmeidigen Samt seines Aprikosen- und Wildlederfleisches, Tuberose, ihre berauschende Sillage. Das ist die Natur, nur besser: das gefundene Paradies.“
By Kavewall – CC BY 2.5 –> https://creativecommons.org/licenses/by/2.5/
Wie Ihr ja wisst – Eau Sauvage ist gerade erneut bei mir eingezogen. Ich liebe ihn einfach, diesen Duft. Einmal mehr war hier Frank Voelkl am Werk, der bereits adr_ett schuf, den ersten von mir vorgestellten Duft aus dem Hause Nomenclature. efflor_esce liest sich sehr spannend – und landet deshalb schwupps … umgehend auf meiner Haut … Oh – wow. Das hier ist ein leuchtendes, strahlendes, funkelndes, mächtiges Beispiel für all jene, die immer noch glauben, dass Natur, reine, unachahmlich ist in Düften und das Nonplusultra. Voelkls Blütenparadies ist ein Wunderwerk an Aromen, eine Duftachterbahn, die meine Nase sekündlich mit neuen Eindrücken überrascht und betört – Blüten und Früchte, satt, reif, süß und frisch, herb und gleichermaßen lieblich. Orangen- und Zitronenbäume, ihre Früchte als auch ihre Blüten, Osmanthus, Jasmin, Pfirsich und Aprikosen liebkosen meine Nase, ein Feuerwerk an Wohlgerüchen, die schillern und glitzern wie Sterne. efflor_esce ist herrlich – vielfältig und satt, aber gleichzeitig nie zu viel, zu üppig oder zu überbordend. Ein heiterer, lebensfroher und wundervoller Duft, der, ja – für meine Nase einen überaus authentischen Charakter ausstrahlt und keinesfalls quietschebunt oder künstlich duftet, ganz im Gegenteil. Für mich kommt er umgehend auf meine Liste für die (hoffentlich bald) kommenden wärmeren Jahreszeiten!
By Kavewall – CC BY 2.5 –> https://creativecommons.org/licenses/by/2.5/
Ich bin wirklich sehr gespannt, wie Ihr das Konzept und die Düfte von Nomenclature findet, wie Ihr generell zu komplett synthetischen Düften steht. Erzählt mal!
Herzlichst,
Eure Ulrike.
Bildquelle: Alle Bilder via Kavewall – thanks a lot!
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