Clemency oder: Die verlorene Tochter

Wie kürzlich schon angekündigt, erscheint dieser Tage Clemency von Humiecki & Graef und ich harrte schon voller Spannung der ersten Riechprobe, die uns vor kurzem ins Haus trudelte.

Am samstäglichen Beautyboardtreffen (Bericht siehe hier) war es dann soweit: Die ersten lang ersehnten Probetropfen waren angekommen und einige der Teilnehmerinnen testeten bereits ganz fleißig. Ich begnügte mich damit, die Testergebnisse auf deren Armen zu begutachten, wußte ich doch, daß das Pröbchen für eben diesen Bericht hier mit mir nach Hause wandern würde.

Und jetzt? Jetzt sitze ich schon seit geraumer Zeit da und lasse die Feder über dem Papier oder besser die Finger über den Tasten kreisen… und hadere mit der Welt. Oder mit Herrn Laudamiel und Herrn Hornetz, dem bewährten „Les Christoph’s“ genannten Parfumeursduo, das auch schon die letzten fünf Düfte für und in Zusammenarbeit mit Fischenich und Müksch, den Kölner Kommunikationsdesignern hinter Humiecki & Graef, kreierten.

Wie man bereits in der Vorankündigung lesen konnte, bin ich ein großer Fan des Hauses: Ich liebe Idee und Konzept, Inhalt und Form, schlicht die ganze Firma. Und eigentlich alle, wirklich alle Düfte.

Humiecki & Graef Clemency

Auch Clemency ist sehr besonders – nur möchte sich der Duft so gar nicht verstehen mit meiner Haut. Was an anderen am vorigen Samstag auf so unterschiedlichste Weise interessant und zum Teil ganz wunderbar roch, geht auf meinem Handrücken so gar nicht. Insofern erspare ich Euch nähere Details zu der völlig verunglückten Mischung welche mir entgegenwallt und beschäftige mich lieber mit den verschiedenen Duftstreifen, die ich mir anstattdessen zu Gemüte führen werde.

Wie schon erwähnt widmet sich Clemency ganz gemäß dem Konzept Humiecki & Graefs einer bestimmten Emotion, nämlich der Milde oder Gnade und dem Stolz – und nicht irgendeiner Person, sondern, ganz spezifisch bezogen auf die Mutter. Clemency ist Ausdruck der Huldigung an die Figur der Mutter, wie ich bereits schrieb, um nochmals meine Ankündigung aufzugreifen: In höchstem Maße feminin verströmt eine Mutter naturaliter eine Art Stolz, der in ihrer Authentizität begründet liegt. Einen Stolz, der Erhabenheit ausstrahlt, aber nie vordergründig ist und sich nicht profilieren muß. Clemency möchte genau diesen bisweilen kontrastierenden Eigenschaften Ausdruck verleihen, die eine Mutter auszeichnen: Weichheit und Größe, Großzügigkeit, Begeisterungsfähigkeit und die Gabe zu Verzeihen, Stolz, Ernsthaftigkeit und Unergründlichkeit.

Typisch für alle Humiecki & Graef-Düfte ist deren Aufbau, an den sich auch Clemency hält: Es gibt hier keinen klassischen pyramidalen Aufbau ergo einen Duftverlauf mit Kopf-, Herz- und Basisnote. Der Aufbau der Düfte ist sternförmig, das heißt alle Komponenten kommen gleichzeitig und ergänzend zum Tragen.

Allerdings meine ich bei Clemency schon gewisse Verschiebungen während des Duftverlaufs feststellen zu können: Der Auftakt ist zitrisch-säuerlich und gleichermaßen floral – eine frische Rose, dekonstruiert, zugespitzt, metallisch und mit einem Hauch jenes Aquatischen versehen, das ich nicht anders zu benennen vermag, aber auch jeder reinen Teerose wie zum Beispiel der in Creeds Fleurs de Thé Rose Bulgare andichte. Darüber lappt später honiglich-fruchtsüße Lindenblüte und Cassie, eine Mimosenverwandte, abgerundet durch Noten feinsten Leders, hell und butterweich, sowie Anklänge von würzigem Sandelholz und Milch.

Ein eigener, erwachsener und facettenreicher Duft – wie Mütter eben so sind 😉

Wenn auch ich für diese wundervolle Mutter verlorengegangen bin dank meiner Hautchemie – ich denke und hoffe, sie findet genügend andere Töchter 😉

Einen schönen Tag Euch allen –

Liebe Grüße,

Ulrike.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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