Die Kollektion von Morph …

… ist vor nicht allzu langer Zeit bei uns im Shop eingetrudelt und macht Lust auf einen Rundumtest: Ins Leben gerufen von einer Dame namens Dr. Andrea Angelino in Zusammenarbeit mit „jungen Designern und Marketingspezialisten aus der Parfumbranche“ handelt es sich um ein neues Duftlabel, dessen Name auf das schöne Wörtchen „Metamorphose(n)“ zurückzuführen ist, Verwandlung(en).

Wie sich die Düfte auf der Haut machen und wie sie diese verwandeln – das werde ich die nächsten Tage für Euch testen. Bühne frei also für Morph!

morph

Los geht es mit den ersten Kandidaten, Antigua, Arles und Cruda.

Antigua erzählt folgende Geschichte, die auf der Seite von Morph selbst noch in einer längeren Version zu lesen ist:

antiqua1 „Antigua 1937: Man kann es nicht erklären, man muss es erlebt haben.

Dies ist die Geschichte von Kapitän Oliver und seiner Geliebten Dulce, die er stets in Antigua besuchte. Der süße Geruch ihrer Haut verband sich mit der Seeluft, die Oliver immer begleitete. Als er eines Nachts zum letzten Mal neben Dulce lag, liebkoste er ihre Haut mit einem Tuch. Ihr Duft blieb daran haften. Dann rieb er das Tuch auch an seinen Körper.

Ein Hauch von Meer, Sand und Salz wurde eingefangen. Oliver ließ das duftende Gewebe liegen und am folgenden Morgen verließ er die Insel Antigua. Nie würde er zurückkommen und er würde Dulce niemals wiedersehen. Als Dulce aufwachte und das Tuch auf dem Nachttisch fand, verstand sie, dass der Kapitän nicht mehr zurückkommen würde. Alles, was blieb, war die Alchimie ihrer beiden Düfte …“

Eine Liebesgeschichte also – leider ohne Happy End … Angefüllt mit Sehnsucht, Melancholie und wehmütiger Erinnerung, was die Leutchen von Morph mittels Myrte, Seerose und aquatischen Noten, Algen, Eukalyptus, Thymian, Moschus und Tonkabohne in Flaschen gegossen haben.

Morph_Parfum_storie_Antigua

Herrlich leicht startet Antigua, deutet aquatische Anklänge an, das nahe Meer mit seiner Gischt, eine Ahnung von Sauberkeit und Transparenz. Um wirklich „aquatisch“ zu sein ist Antigua allerdings zu plastisch, der Charakter des Duftes eigentlich zu maritim – also keine Angst, Euch erwartet hier kein Saubermann-Duschgel-Duft, sondern ein schöner Vertreter eines Meerduftes. Wer es sehr maritim im Sinne von krautig-würzig mag, dem wird Antigua nicht gerecht werden – ganz getreu seiner Inspiration, seinem Motto evoziert er Erinnnerungen: Die Impression des Meeres, ewig in Bewegung, Wellen, leise rauschend und salzgeküsst. Ein Hauch Flora schwingt mit, Eindrücke von Wasser- und eventuell auch Dünenpflanzen, während Eukalyptus die Frische eines (neuen?) Morgens heraufbeschwört, der hier fast sinnbildlich für die Veränderung stehen kann – das Ende einer Liebe, der Anfang von etwas Neuem, einem neuen Lebensabschnitt. Und ja, Antigua vermag es auch, jene Bittersüße darzustellen, die dem innewohnt: Saubere weiße Laken, die noch von der letzten Nacht, der allerletzten erzählen. Von der Anwesenheit des Geliebten, die nun lediglich Erinnerung sein wird. Eine allerletzte Ahnung von Wärme, von der Süße des Gewesenen verschmilzt mit einem Quentchen grün-herber Bitterkeit …

Arles erzählt ebenfalls die Geschichte einer einseitig beendeten Liebe – auch hier gibt es auf der Webpage von Morph noch eine Langfassung:

morpharles „Arles 1955: Der Duft der Befreiung.

Fanny hatte eine große Leidenschaft: Blumen. Sie pflanzte und hegte Tausende Blumen in allen Farben und Duftrichtungen. Das Gewächshaus in Arles war das erste Geschenk ihres Mannes Charles. Seine Leidenschaft war Fanny und eben jenes gläserne Gebäude sein Weg ihr nahe zu bleiben. Sie hingegen fühlte sich durch ihn beklommen, eingesperrt. Eines Tages kam Charles nach Hause und er konnte seine Frau nicht finden.

Sie hatte das Gewächshaus zerstört, die Blumen vernichtet und war verschwunden. In der Nacht zuvor hatte Fanny ihre schönste Komposition vollendet: Sie hatte Blütenknospen, Blüten und Blumenblätter destilliert und kreierte ein wohlduftendes, mysteriöses Elixier. In dieser Nacht erschuf sie den Duft ihrer Freiheit.“

Mich erinnert diese Geschichte an eines meiner Lieblingswerke, Flauberts Madame Bovary, der allerdings nicht das Entrinnen aus ihrem mehr oder weniger goldenen (und selbstverständlich auch mehr oder weniger selbstverschuldeten) Käfig vergönnt war und die ihre Freiheit erst im (selbstgewählten) Tod findet …

Morph_Parfum_storie_Arles

Auf den ersten Schnupperer erinnert mich Arles ganz frappierend an einen Duft, den ich einmal sehr geliebt habe – und den ich ebenfalls mit einer missglückten Lieben verbinde: Yves Saint Laurents alten Champagne, heute Yvresse. Die Noten ähneln sich in der Tat etwas, ich bin mir deshalb sicher, wer das Original von YSL mochte, nicht den heutigen Yvresse, der wird Arles ohne Zweifel ins Herz schließen.

Arles‘ Auftakt beginnt subtil-fruchtig – Aprikosen oder Nektarinen, Pfirsiche … gelb in jedem Fall, und alsbald flankiert von ausladenden Blüten. Präsent zeigen sich vor allem eine betörende Lilie in voller Blüte als auch samtige Rosen, von süß-scharfem Zimt und würziger Gewürznelke flankiert. Letztere ist es auch, die den Duft dominiert: Eine weiche, warme, würzige Gewürznelke, umgeben von üppigen Blüten und gebettet auf einer ebenfalls würzigen Basis voller ambrierter Wärme und Vanillesüße.

Feminin und erotisch, ein kleines bisschen orientalisch anmutend und überaus deliziös auf der Haut!

Cruda, unser dritter und letzter Duft für heute – hier komme ich nicht umhin, den englischen Originaltext in voller Länge zu zitieren, so schön, so herzzerreißend finde ich ihn:

cruda2 „This story has neither place nor time. It doesn’t need an its own dimension to live, because this story it’s life itself. You could contextualize it in a far away time or just few days ago, it doesn’t matter.

Time and place are simply details compare to the true essence of the things. You don’t need too many details to speak about her, you don’t need any redundances or pretenses. You need only few words.
What does it matter her name? Don’t call her, she wouldn’t have answered. Viola. Erica. Or Sophia. You must just known that sooner or later I had to meet someone like her. A real woman. Simply imperfect.

She is the only one that has enchanted my heart. Many girls has tried to stole my heart, but she is the only one that has stolen my soul.
Believe me, when someone steal your soul it is very different. There is nothing else that makes you happy, nothing that you desire, nothing that you want, nothing that you dream. Because you are not the same person you were before, you don’t exist. You don’t know what you like or don’t, you don’t know if it’s night or day, or maybe you know it, but it doesn’t matter to you. Everything becames a detail, and the details have no value. I will talk about that night.

She was there in front of me. No make up changing the beauty of her lineaments or the taste of her lips. No dress covering the perfection of her shapes, no barriers between our lustful bodies. I felt my asleep desire re-emerging next to her, the most natural emotion.
The instinct took the place of the rationality, the thoughts ran away followed by the actions.

Can you imagine how you would be hungry looking at raw food?
A delicious taste that you never tasted before, not altered by the conventions. A transgression of the soul. Without spices changing the flavour , without cooking that mitigates its flavor. A moment of hesitation and then the instinct that arrives suddenly.
Its smell will seduce you .. Simply but irresistibly appealing, because it’s true, real. Maybe you will understand that you have always desired it unconsciously. As something that has to be consumed quickly, because you can not wait, because you do not want to wait.
That night was followed by many other nights. And she was always there, in front of me. Raw.

Relying only on my nose, I reproduced her scent in the lab. The only thing that she wore those nights. The only thing I have left of her.“

Morph_Parfum_storie_Cruda

Fies. Ganz fies. Ich könnte mal wieder Nietzsches „Denn alle Lust will Ewigkeit“ zitieren oder den japanischen Ästhetikbegriff des Mono No Aware, jener Traurigkeit, die einen umfängt bei der Betrachtung, dem Genuss von Schönem, das gleichzeitig die eigene Vergänglichkeit transportiert … Wieso muss etwas enden, das so schön ist? Weil es der natürliche Lauf der Dinge ist – den ich zugegebenermaßen oft schwer akzeptieren kann, entzündet sich mein Flämmchen doch eher schwer und brennt dafür dann doch ziemlich dolle …


The Cleftones – Heart and Soul von rockinbart

Auf meiner Haut ist Cruda – Zimt. Süß und scharf, verführerisch, erotisch, verheißungsvoll. Zimt, unterlegt mit harziger Wärme, skinniger Weichheit, pudrigem Patchouli, sachtem Rauch und sanfter Vanillecreme. Sicher, es finden sich daneben noch einige andere Noten, so zumindest laut Ingredienzen: Kopfnote: Bergamotte, Zedernholz, Kumin; Herznote: Damaszener Rose, Zimt, Nelke; Basisnote: Ambra, Patchouli, Kaschmirholz, Muskatnuss, Vanille, Moschus, Tonkabohne. Aber bei mir ist und bleibt Cruda in allererster Linie Zimt – und zwar in all seinen Facetten, für den man den Verführer lieben kann und sollte!

Herzlichen Glückwunsch liebe Morph-Macher, das hier ist ab jetzt DIE Zimt-Referenz!

Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht – Ihr auch?

Viele liebe Grüße,

Eure Ulrike.

P.S.: Ganz vergessen – Cruda erinnert mich an Deeply von Marialux. Vielleicht hilft es dem einen oder anderen 😉

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

Ein Kommentar

  1. Margot
    6. August 2015
    Antworten

    Hallo Uli,
    ich konnte vor Kurzem nochmals meine Nase an die Morph-Flakons im Vorbeilaufen halten. Und sorry, aber ich wußte, irgendwie kenn ich die schon.
    Antigua hatte was von Farm. SS Annunziatas Hyle und bei Cruda kam mir L’Erbolario Dolcelissir in den Sinn. Ich kann halt am Besten mit Dingen vergleichen, die ich auch hier habe.
    LG, Margot

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