… entgegen – Lass uns heiraten!
Ich habe länger überlegt, wie ich dieser Tage die Überleitung schaffe: Zwei der drei Neuen von Oriza L. Legrand stehen nach gestern noch aus zur Rezension, Heliotrope Blanc und Marions Nous. Und heute, gerade heute, gibt es DREI Geburtstagskinder, denen ich gratulieren mag: Meinem Chef, Harmen und natürlich Dirk.
Oriza L. Legrand gehören zwar zu MEINEN Lieblingen aus dem letzten Jahr – für Harmen war allerdings nicht wirklich was dabei. Und unsere zwei Neuen haben auch kein Patchouli oder irgendwelche dominanten Harze in petto, die das Herz meines Chefs erfreuen könnten. Was tun? Heliotrope Blanc nehmen – und darüber sinnieren, wie weich-würzig-vanillig der Duft ist, wie ich mal annehme? Mmmmhh. Passt nicht wirklich.
Also muss Marions Nous dran glauben – und, in der Tat, Ihr Lieben: Es gibt bei jedem von Euch zig Gründe, ihn zu heiraten (was ja auch schon andere feststellen durften und Euch bestätigten ;))! Meine liebenswerte „Bande“ – ich wünsche Euch von ganzem Herzen einen wundervollen Geburtstag! Lasst Euch feiern, verbringt einen schönen Tag mit Euren Liebsten und lasst es Euch gut gehen, jeder von Euch! Fühlt Euch lieb gedrückt!
„Gai! Marions-Nous“ – „Großartig! Lass uns heiraten“ – war der Titel eines erfolgreichen Romans von Germaine Acrement, die den Prix National de Littérature 1927 gewann. Er wurde als Bühnenstück adaptiert und in Paris und anderen großen europäischen Hauptstädten aufgeführt und – auf dem Höhepunkt seines Erfolgs – inspirierte er das Haus Oriza L. Legrand, einen neuen Duft zu kreieren.
„Marions-nous“ (1928) war selbst fast ein Roman in seinem Ausdruck sinnlicher Verspieltheit. Inspiriert durch die Liebe und die Hochzeit, die nicht immer zusammengehören, offenbart „Marions-nous“ einen jungfräulichen Hauch von Orangenblüten, Rose, Jasmin und Hyazinthe.
In einem Wechselspiel aus Anstand und informellen Absprachen erreicht die Hochzeit ihren Höhepunkt, wenn das Herz den Essenzen von Nelken und Iris erliegt sowie den wohligen Akzenten von Aldehyden und Ylang-Ylang. Auf dem „Schachbrett der Liebe“ besiegelt das gegenseitige Einvernehmen das Arrangement … und wir geraten in die sanften Fänge süßer Emotionen. Tonkabohne, ein Moschusakkord, Zibet und Sandelholz schenken der fröhlichen Zeremonie ihren Duft … „Gai! Marions-Nous“
Ich habe besagten Roman noch nie gelesen, Ihr? Germaine Fanny Marie Joséphine Acremant, früher Poulin, ist 1986 mit 97 Jahren gestorben und hat diverse Bücher geschrieben, von denen die meisten überhaupt nicht (mehr?) auf Deutsch erhältlich sind. Marions-nous scheint eine Komödie zu sein und ich würde liebend gerne mal hineinschnuppern – allerdings bezweifle ich, dass mein nur noch rudimentär vorhandenes Schulfranzösisch das mitmacht. Insofern muss ich mir wohl meinen Teil denken, wenn es ums Heiraten und um Komödien geht, denn praktische Erfahrung weiß ich diesbezüglich auch nicht vorzubringen 😉
Die Ingredienzen, die zu einer lustigen Hochzeit gehören – zumindest bei Oriza L. Legrand – sind folgende: Kopfnote: Orange, Rose, Jasmin, Hyazinthe; Herznote: Nelke, Kräuter, Iris, Aldehyde, Ylang-Ylang; Basisnote: Tonkabohne, Kräuter, Moschus, Sandelholz.
Was soll ich sagen … Alte Liebe rostet nicht? Aus junger Verliebtheit wird Liebe – und im besten Falle folgt dann eine rauschende Hochzeitsfeier anlässlich einer Heirat, die ewig hält? Ein wunderschöner Gedanke. Und das soll es ja auch geben. Zugegeben, ich selbst bin schon zu alt, um noch meine diamantene Hochzeit zu erleben. Aber immer wieder sieht man doch ältere Paare, Hand in Hand, die einem ein Lächeln ins Gesicht zaubern – zusammen mit dem Gedanken, ja dem Wunsch: Das möchte ich auch haben. Und am besten nicht erst, wenn ich alt bin, sondern schon jetzt – und bis ins hohe Alter. In diesem Zusammenhang muss ich immer an die herrliche (späte) Liebeserklärung des Philosophen André Gorz denken, den „Brief an D.“ – veröffentlicht kurz nach dem Tode des Paares, das aufgrund der Krebserkrankung von Dorine Gorz nach fast sechzig Jahren Ehe den gemeinsamen Freitod wählte. Wie schreibt er so schön am Anfang?
„Du wirst zweiundachtzig. Du bist sechs Zentimeter kleiner geworden, du wiegst nur noch fünfundvierzig Kilo, und immer noch bist du schön, graziös und begehrenswert. Seit achtundfünfzig Jahren leben wir nun zusammen, und ich liebe dich mehr denn je. Wieder trage ich eine verzehrende Leere in meiner Brust, die einzig die Wärme deines Körpers an dem meinen auszufüllen vermag.“
Eine solche Liebe ist jedem zu wünschen.
Marions Nous ist ein nostalgischer Duft: Ein Vintage-Parfum allerfeinster Art. Saftige Orangenschnitzchen erwarten mich in der Kopfnote, von Aldehyden um knackig-frische Fruchtanleihen ergänzt. Wie immer sind die eher diffus von ihrem Charakter her, ich würde hier Anklänge von Honigmelone, zarte, attestieren, die im Zusammenspiel mit der Nektarsüße der fröhlichen Ylang-Blüten ein heiteres Bild malen. Es pudert hier, und zwar ziemlich schön – Iris ist dafür verantwortlich genauso wie die feine Nelke, die dem Duft darüber hinaus eine feine Würze spendiert. Das Röschen ist von der frischen Sorte, zeigt sich meiner Nase taubenetzt, während Jasmin angenehm un-indolisch cremige Anklänge zaubert. Was hier vage als „Kräuter“ bezeichnet wird ist herb-grünes Beiwerk, das unser Blütengemälde, das feminine, umrankt und einrahmt, gleichermaßen Balance schaffend und somit Akzente setzend. Die kühle, sacht-herbe Grünfärbung verhindert, dass unsere Hochzeit hier kitschig wird, ergo zu süß oder rosarot. Das macht den Duft erwachsen, entschlossen – und die Heirat hoffentlich nachhaltig! Die Basis ist wie die Grundlage einer echten Liebe: wohlig, vertraut, zuverlässig und umhüllend, charaktervoll, rückgratstiftend, weich und von einer angenehmen Würzigkeit.
Wem Vintagedüfte gefallen, für den wird Marions Nous ganz bestimmt zur immerwährenden Hochzeit – denn er ist wirklich außerordentlich gut gelungen! Caron- und Guerlain-Fans hier entlang, bitteschön!
Ganz viele liebe Grüße an Euch alle,
Eure Ulrike.
Bildquelle Vorschaubild: „Balloons“ Shaun Fisher, some rights reserved – vielen lieben Dank!
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