Von Laboratorio Olfattivo gibt es einen Neuling, der „Patchouliful“ getauft wurde. Alle, die beim Stichwort Patchouli die Hände vors Gesicht schlagen und unter dem Tisch Deckung suchen, sollten bei dieser Kreation vielleicht doch kurz einmal die Flucht unterbrechen und das Näschen zaghaft hinausstrecken. Denn ein typischer Patchouli ist der Duft nicht geworden, so viel sei verraten. Die Idee hinter der Kreation erklärt folgender Text:
Die Inspiration
Der König sitzt auf seinem Thron, auf seinem würdevollen Haupt leuchtet sein weißes Haar, sein weißer Bart umrahmt das Antlitz, das Weisheit und Gerechtigkeit ausstrahlt – die Krone verleiht ihm die Macht des Herrscheramtes. Blickt man weiter an ihm herab, überrascht der Regent mit unerwarteter Lässigkeit, einem geblümten Hemd, einem Pareo und Flip-Flops. Das ist „Patchouliful“, das altehrwürdige Patchouli in modernem Gewand!
In diesem Interview mit Roberto Drago von Laboratorio Olfattivo bei Fragrantica erzählt dieser, dass er den Begriff „Patchouliful“ im bekannten Slang-Wörterbuch „Urban Dictionary“ fand – und tatsächlich, dort gibt es den Eintrag zu „Patchouliful“:
its the pinnacle of female beauty and it transcends the normal terms, like beautiful, gorgeous, etc and takes them to a higher level.She wasn’t just that beautiful, she was patchouliful.
So ganz erschließt sich mir der Zusammenhang mit dem König in Flip-Flops nicht, denn diesen als Gipfel weiblicher Schönheit zu bezeichnen, wäre doch eine pauschale Beleidigung der holden Weiblichkeit.
Neben bekennenden Patchouli-Liebhabern wie unserem Chef Georg R. Wuchsa gibt es doch eine große Gemeinde der Verächter, die diese Pflanze aus der Gattung der Lippenblütengewächse rundheraus ablehnt. Hierfür mögen miefige Hippie-Assoziationen verantwortlich sein, oder aber das Öl des Pflänzchens wird als muffig, gruftig oder gar als Leichenöl verspottet.
Genau hier setzt „Patchouliful“ an und zeigt das Patchouli ohne seine erdig-feuchten Aspekte. Der Grufti trägt gewissermaßen bunt. Bergamotte, Zimt und Gewürznelke sorgen für einen frischen und scharf-gewürzigen Einstand. Wie ein Phantom geistert das Patchouli im Duftverlauf umher, im Herzen von fruchtig-floraler Frangipani und pudriger Iris abgemildert, in der Basis von holzig-balsamischem Labdanum, Zedernholz und Moschus unterfüttert.
Wer sich also Patchouli ganz und gar nicht leicht und gut gelaunt vorstellen kann, wird von Cécile Zarokians Komposition überrascht sein. Noch mehr auf dem Duftstreifen als auf der Haut schillert immer wieder das Patchouli hervor – aber sicher nicht mit Gewalt, eher flüchtig und wenig greifbar.
Mir gefällt das Bild des Königs in Wickelrock und Badelatschen gut. Der ehrfurchteinflößende Hauch der Ewigkeit wird aufgebrochen und in eine ganz andere Richtung gelenkt, ohne dass aber das Patchouli einfach nur übertüncht wird. Es erhält einfach eine andere Kulisse, einen anderen Zusammenhang und wandelt sich dadurch fundamental. Eine wirklich spannende Angelegenheit. „Patchouli“ ist ein Duft, für den man sich ein wenig Zeit nehmen und den man vielleicht auch über mehrere Tage testen sollte.
Ganz viele Grüße
Harmen
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