… verbringen wir heute mit Chabaud: Ich hatte Euch bereits einen Großteil der Linie vorgestellt, die mir insgesamt, wie ich sagen muss, ausnehmend gut gefällt. Mittlerweile sind dann auch schon ein paar Düfte bei mir eingezogen: Natürlich Chic et Bohème, von dem ich letzte Woche so schwärmte, Vert D’Eau, da ein Grünling für die warmen Tage auch noch Platz bei mir hatte, und – ja, Lait de Vanille. Ich und Vanille, ich und Gourmand – der geneigte Leser wird sich etwas wundern und vermutlich vergnügt schmunzeln… genauso wie ich, wenn ich diesen Seelenschmeichler trage. Tja, öfter mal was Neues, oder nicht? 😉
Étoile de Lune, Mysterious Oud und Eau Ambrée fehlen uns noch – die drei Hübschen werden wir uns heute zu Gemüte führen.
Étoile de Lune, der Mondstern – was für ein schöner Name. Meine erste Assoziation ist klar: Eichendorffs Mondnacht, eines der bekanntesten Gedichte der (deutschen) Romantik, das in keinem Deutschbuch fehlen darf – zu Recht, ist es doch ein gar wundervolles Exemplar (romantischer) Lyrik:
Es war, als hätt’ der Himmel
Die Erde still geküsst,
Dass sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müsst‘.
Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis’ die Wälder,
So sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.
Vielleicht muss man die Schule ein paar Jahre zurückgelassen haben, um daran (wieder?) Gefallen zu haben – ich in jedem Falle liebe das Gedicht, unabhängig davon, wie oft man es zu lesen bekommt. Sophie Chabaud dachte vielleicht auch an Eichendorffs Zeilen, ließ sie sich zu ihrem Duft doch von nächtlichen Spaziergängen inspirieren, von einer „verzauberten Szenerie inmitten des Mondlichts einer sternklaren Nacht“. Und wenn dann noch von „einer Hommage an die Anmut und die Romantik“ die Rede ist, dann kann ich gar nicht anders als an jene Mondnacht zu denken…
Einfangen hat Sophie Chabaud die Nachtstunden mit folgenden Ingredienzen: Kopfnote: Bergamotte; Herznote: Türkische Rose, Jasmin, Orangenblüte; Basisnote: Ambra, Moschus.
Étoile de Lune ist eine herrliche Nacht: Oszillierend zwischen den Polen ist der Duft von Wärme gefüllt und gleichermaßen nächtlich kühl, was dem Zusammenspiel der Zutaten geschuldet ist. Bergamotte sorgt für Frische und eine leichte kühle Herbheit, ganz subtil, während Moschus gleichzeitig einhüllt und erfrischt. Ambra wärmt seidig und nur verhalten würzig, was dem Duft sehr gut zu Gesicht steht, verhilft dieser Aspekt doch den Blüten zum Strahlen: Betörend und lockend erfüllen sie die Nachtluft mit ihrem Duft, der von weit her die Fülle des Tages kündet. Zarte fruchtige Rose, cremiger Jasmin und eine nektarsüße Orangenblüte spinnen Träume, versprechen Verheißungsvolles… Eine sanfte und feminine Schönheit.
Mysterious Oud soll „die ungeheure Anziehungskraft des Adlerholzes“ widerspiegeln, die Sophie Chabaud auf ihrer Reise durch die Arabische Halbinsel erlebte. „Edel, feingeistig und hypnotisch“ soll er sein, ihr Duft, der für Männlein und Weiblein gleichermaßen tragbar ist. Die Ingredienzen: Kopfnote: Elemiharz; Herznote: Zedernholz, Labdanum (Zistrose), Jasmin; Basisnote: Adlerholz (Oud), Ambra, Sandelholz, Moschus.
Ein reiner Oudduft ist Mysterious Oud für mich nicht – und das ist auch gut so: Ein sanfter holziger Harzling oder vielmehr: ein harziger Holzling. Sauber-seidig-ernstes Zedernholz, cremig-würziges Sandelholz, kuschelweicher Muckelmoschus, wärmende Ambra und zart-rauchige Harzverwandte. Ein kontemplativer Duft, der den von Sophie Chabaud gewählten drei Attributen überaus gerecht wird. Mich erinnert er etwas an den kultiviert-zurückhaltenderen Bruder von Loggia dei Mercanti von La Collina Toscana – ein Kompliment, keine Frage. Allerdings: Wer auf der Suche nach einem Oudkracher ist, ist hier falsch – das Oud zeigt sich als ein Teil jenes symbiotischen Ganzen und ist bei mir sowohl auf Haut als auch auf dem Teststreifen sehr dezent.
Eau Ambrée weckt bei mir nur gute Erwartungen – und zwar fühle ich mich erinnert an L’Artisan Parfumeurs sachtes L’Eau d’Ambre, einen der wenigen eher leichteren Ambradüfte. Die Inspiration zu Chabauds Duft ist eine ehrenwerte: Sophie Chabaud träumte schon immer davon, den Duft par excellence für Frauen und Männer zu kreieren. Wie ein behaglicher Zufluchtsort, der zwischen Leichtigkeit, Wärme, Frische und Charakter liegt – eine duftende Umhüllung der Haut – sowohl für Frauen als auch für Männer. Eine leichte Ambrainterpretation ist da wahrlich eine naheliegende Idee, die prompt in die Tat umgesetzt wurde – und zwar mit folgenden Zutaten: Kopfnote: Bergamotte, Zitrone, Neroli; Herznote: Rose, Iris; Basisnote: Ambra, Leder, Benzoeharz.
Im Auftakt tanzen die Hesperidengesellen auf meiner Haut, lassen aber bereits einiges erahnen: Würzig-samtige Noten mit knetartigen Anklängen, die mit meiner Haut verschmelzen, während noch die Agrumenkollegen für zitrische Frische sorgen. Im weiteren Verlauf wird es hautnaher, die Zitrusfreunde überlassen dem Rest das Feld: Pudrige Iris, die Samtigkeit des Duftes aufgreifend und betonend, sachte Anleihen von feinstem Wildleder und Harzwärme von delikater Würzigkeit, wobei sich Ambra immer durchscheinend strahlend zeigt.
In der Tat kann ich mir Eau Ambrée an so gut wie jedem vorstellen: Ein Wohlfühlduft für jede Gelegenheit, der sowohl an weiblicher als auch an männlicher Haut seine Wirkung (beim Träger als auch beim Gegenüber) nicht verfehlen wird!
Einen schönen Feiertag meine Lieben und viele Grüße,
Eure Ulrike.
P.S.: Habt Ihr schon einen Liebling oder gar Kaufkandidaten unter den Chabaud-Düften ausgemacht?
die milchigen Düfte von Chabaud haben mich ja nicht so begeistert, trotz der – wie immer – hervorragenden Rezensionen!!! Aber „Étoile de Lune“ ist schon auf meine Wunschliste gewandert – der Kontrast zwischen warm und kühl scheint extrem interessant – ich stelle ihn mir so ähnlich vor wie „Iris d’Argent“ von Keiko Mecheri, vielleicht nicht so kühl und silbrig bleibend, sondern nach der Kühle wärmer in der Duftentwicklung?
Schönes Wochenende an Ulrike und alle anderen Duft-Fans
Susanne