das Jahr 1905 unterschlagen: Chronologisch sind wir bisher bei Oriza L. Legrand vorgegangen – und ich habe Jardins D’Armide übersehen. Asche über mein Haupt, wie konnte das nur passieren, vor allem, weil die Namenspatin des Duftes doch so einprägsam ist:
„Les Jardins d’Armide, das Symbol der Schönheit, voller üppiger duftender Blumen und den seltensten Gewürzen. Die wundervollen Gärten blieben lange ein Mythos, aber der Erfolg des Renaissance-Mythos von Armida gab diesen unvergleichlichen Fantasiegärten neuen Schwung.
Armida war eine Zauberin von großer Schönheit und Verführungskraft. Nachdem sie sich in den Ritter Rinaldo verliebt hatte, erschuf sie einen verzauberten Garten, in dem sie ihn als liebeskranken Gefangenen hielt.
Durch das 17. und 18. Jahrhundert hindurch wurden die Gärten der Armida unablässig thematisiert, durch Musik (Lully, Vivaldi, Händel, Haydn, Rossini …), Malerei (Poussin, Van Dyck, Tiepolo, Fragonard …) und Literatur, am bedeutendsten durch den Italienier Torquato Tasso uns sein episches Gedicht aus dem 16. Jahrhundert „Das befreite Jerusalem“.
Im Jahre 1909 bot das Dufthaus Oriza L. Legrand in seiner repräsentativen Boutique am Place de la Madeleine 11 das Parfum „Jardins d’Armide“ an, als Hommage an die legendären Gärten und die magische Verführungskraft Armidas. Die Rose, Königin der Blumen, im Herzen dieses bezaubernden Bouquets, gepflückt im Garten von Armida. Iris aus Florenz und wilde Veilchen vereinen sich mit Glyzinien und Nelke, während Honig, Mandel und Moschus diesem verlockenden Elixier unvergleichliche Stärke verleihen.“
Wie konnte ich nur solch einen schönen Stoff übergehen? Armida entstammt Tassos oben genanntem Gedicht und ist an Homers Zauberin Circe sowie die Zauberin Alcina in Ariosts Orlando Furioso angelehnt. Deren Geschichte ist natürlich tragisch, allerdings mit Ausblick auf ein Happy-End: Die sarazenische Zauberin Armida taucht im Lager der Christen auf und fragt nach deren Ziel; ihre Reden führen zu einem Streit unter den christlichen Rittern. Ein Teil der Ritter verlässt das Lager mit ihr und wird kurz darauf von der Zauberin in Tiere verwandelt. Armida versucht danach den berühmten christlichen Kreuzritter Rinaldo zu töten (sein Name erscheint auch in Ariostos Orlando furioso); aber sie verliebt sich in ihn und nimmt ihn mit auf eine magische Insel. Zwei christliche Ritter suchen Rinaldo und entdecken die magische Festung der Zauberin. Es gelingt ihnen, zu Rinaldo vorzudringen, und sie geben ihm einen Spiegel aus Diamanten. Als Rinaldo in den Spiegel schaut, erkennt er die um ihn verzauberte Welt und verlässt die Zauberinsel, um vor Jerusalem weiter zu kämpfen. Armida bleibt mit gebrochenem Herzen zurück. Sie versucht Selbstmord zu begehen, aber rechtzeitig findet Rinaldo sie und verhindert dies. Er überredet sie, zum Christentum überzutreten (siehe Wiki).
Schönen Jünglingen den Kopf verdrehen und sie Zeit und Raum entfliehen lassen – klappt das mit Jardins D’Armide? Die Ingredienzen: Kopfnote: Rose, Orangenblüte, Iris; Herznote: Iris, Veilchen, Glyzinie, Nelke; Basisnote: Honig, Mandel, Tonkabohne, Moschus.
Ich muss mich ein ums andere Mal wundern: Keine Ahnung, wieviel man, behutsam selbstredend, an den Originalrezepturen geschraubt hat… Oriza L. Legrands Düfte sind eigen, ja. Aber absolut nicht alt im Sinne von altbacken. Ihnen wohnt ein Hauch Nostalgie inne, ja – allerdings sind sie allesamt zeitgemäß. Respekt.
Armidas Garten ist hier noch der nostalgischste der Düfte, was Ihr sicherlich bereits an seiner Rezeptur erahnen könnt: Es pudert von Anfang an sehr, Armida kokettiert, das muss schon sein. Iris und Veilchen geben ihr Allerbestes und zeigen sich von ihrer Schokoladenseite: Subtil-erdig, pudrig-skinnig-süß an Make-Up erinnernd sowie, durch die sich bereits ankündigende Basis, Reminiszenzen weckend. Deliziöser Naschkram kommt mir sofort in den Sinn, dank der fruchtig-samtigen Rose denke ich natürlich umgehend an türkisches Lokum und somit an Mecheris Klassiker zum Thema. Bei Jardins D’Armide steht allerdings das Blumentrio klar im Vordergrund, nicht alleine die Rosen. Die Glyzinien vermag ich nicht herauszuriechen, dafür aber jene frische und dennoch gleichermaßen verhalten scharfe Nelke, die sich hervorragend in das Bouquet einfügt. Marzipanige Mandel stiftet der Pudrigkeit zusätzliches Aroma, von cremig-würzig-vanilliger Tonkabohne untermalt und von Moschus watteweich abgefedert.
Überaus feminin, zart und gleichzeitig sehr kinky. Wer gourmandige Skindüfte, Mecheris Loukhoum-Trio eingeschlossen, schätzt, der sollte Armida in jedem Fall einmal in ihrem Garten besuchen… wer weiß, wen sie sonst noch verzaubert, Gefahr droht, meine Lieben!
Viele herzliche Grüße,
Eure Ulrike, bemüht standhaft wie immer 😉
…und die standhafte Stefanie hat soeben das Probenset bestellt, alle Achte. Klingt nämlich nach echten Entdeckungen, die da möglich sein könnten. Meine Neugier ist geweckt, hellwach sogar. Na danke, Uli 😉 Hoffe allerdings, dass mich bei Wohlgefallen dann schlussendlich die Gestaltung/Aufmachung der Flakons noch von einem Kauf abhalten könnte – ich mag zwar Retro/Nostalgie, aber in diesem Fall: hmm, weißnich… Wir werden sehen, ich werde berichten.
Hallo Uli,
ja, ja, das Nostalgische. Das sagt meine Tochter ja auch zu mir immer: „Die Düfte, die Dir gefallen, haben so einen „alt“-Touch“. Und auch dieser fällt in diese Kategorie. Hab ihn heute getestet und wenn ich nicht schon 3 Düfte in dieser Richtung hätte, wäre er bestimmt mein. Er liegt auf der gleichen Linie mit Maria Candida Gentile/Burlesque und Andy Tauers „Miriam“ – wobei ich ihn näher an Burlesque lege.
LG, Margot
Und Margot – bist Du schon verliebt in die Orizas? Der Heu-Duft durfte ja schon einziehen, gelle?
Und Stefanie – wie fällt Dein Fazit aus?