État Libre d’Oranges Weltuntergang in der Flasche

Der Weltuntergang wurde schon oft prophezeit und in den schillerndsten Farben ausgemalt. Die Idee des nahenden Endes spielt uns narzisstisch veranlagten Menschen einfach in die Karten. Nach uns erlesenen Exemplaren kann die ganze Weltgeschichte eigentlich nur noch an die Wand fahren, oder nicht? Nach mir die Sintflut. Es gibt genug Beispiele, bei denen Menschen angesichts des näherrückenden finalen Datums all ihr Hab und Gut verkauft oder sich selbst und andere umgebracht haben, um sich auf diese Weise angemessen auf das Ereignis vorzubereiten.

MARTIN John Great Day of His Wrath
[Public Domain]
Man denke auch an verschiedene religiöse Gruppen mit offensichtlicher Rechenschwäche, die immer wieder neue Stichtage nachlegen müssen, da die vorhergesagten Großereignisse ausblieben … Alle Weltuntergänge haben eines gemeinsam: sie haben nie stattgefunden. Wir erinnern uns an die Welle des Schwachsinns, die zum Thema Maya-Kalender durch die Medien schwappte und eines ist sicher. All diese Rückschläge werden die Untergangspropheten nicht davon abhalten, sich immer wieder etwas Neues auszudenken.

Entsprechend lapidar beginnt auch der Text des neuen Dufts von État Libre d’Orange „La Fin du Monde“: „Okay, we know what you’re thinking. Been there, done that, bought the t-shirt.“ Der Duft bezieht sich offensichtlich auf das Werk „La Fin du monde filmée par l’Ange Notre-Dame“ des Schriftstellers Blaise Cendrars, das, soweit ich das recherchieren konnte, nicht in deutscher Übersetzung vorliegt. Wie dem auch sei, die Handlung wird ohnehin wortreich nacherzählt, worüber sich Kollegin Evelyn in ihrem Artikel bereits erboste. Obwohl ich ein Literaturfreund bin, halte ich mich da auch lieber an meine eigenen Eindrücke und schließe mich dem Eindruck an, dass dem mehrseitigen Text auch ein wenig Platz für eine Duftbeschreibung hätte abgeknapst werden können.

La Fin du Monde 100mL

Auf dem Etikett des Flakons sehen wir das stilisierte Strahlenwarnzeichen, welches uns daran erinnert, dass es keinerlei kosmischen Kraft zur Vernichtung der Welt bedarf, sondern dass wir uns diese „Kernkompetenz“ mittlerweile selbst angeeignet haben, die charmante, aber auch riskante Fähigkeit, uns nachhaltig vom Erdball zu radieren. Nachhaltigkeit ist ja sowieso ein großes Thema.

Nach dem berühmten Sturm im Wasserglas nun also zum Weltuntergang in der Flasche. Auf dem Teststreifen nur eine diffuse und nicht aussagekräftige, gefällige und süßliche Mischung, die mir unglaubwürdig erscheint. Deswegen lieber gleich der Test auf der Haut: pfeffrige Trockenheit und eine ganz wunderbare Note – hier als Getreide angegeben – die tatsächlich nach trockenem Stroh riecht! Warum liegt beim Weltuntergang Stroh rum? Der Vollständigkeit halber die Duftnoten, die meines Erachtens beim Verständnis des Duftes aber kaum weiterhelfen.

Die Duftnoten
Kopfnote: Getreide, Karottensamen, Kumin, Sesam, Schwarzer Pfeffer
Herznote: Freesie, Vetiver, Sandelholz, Eibisch, Iris
Basisnote: Styraxharz, Metallische Noten, Rauchige Noten

Also nochmal: pfeffrige Trockenheit, getreidige Strohnoten, feine Vetiverrauchigkeit, metallische Noten, hier und da blitzt etwas Florales durch, eingebettet in eine weiche Harzigkeit.

Bei „La Fin du Monde“ ist es wie bei anderen Düften der Krawallbrüder État Libre d’Orange auch. Da wird ein provokantes Konzept aufgelegt, aber die Düfte beißen nicht. „La Fin du Monde“ gefällt mir ausgesprochen gut, eine ausgefallene, ungewöhnliche und bemerkenswerte Kreation, die von einem Konzeptduft aber weit entfernt ist. Ich möchte das ganz wohlwollend als ironische Brechung bezeichnen, dass es bei État Libre eben auch Wahrheit und Dichtung gibt und sich die Düfte gar nicht an den exaltiert vorgetragenen Konzepten messen lassen müssen.

Bis zum nächsten Weltende verbleibe ich mit liebsten Grüßen
Harmen

Neueste Kommentare

Harmen Biró Verfasst von:

Hallo, ich heiße Harmen, war bis vor Kurzem irgendwas­unddreißig und habe immer die Nase im Wind, um Duftschätze für Euch zu finden und hier vorzustellen. Selbst bevorzuge ich feine Lederdüfte oder Gewürzkompositionen, ohne mich da aber festzulegen. Warum auch? Es gibt ständig so viel Neues in der Welt der Düfte zu entdecken. → BIRÓ

11 Kommentare

  1. mareike
    14. Februar 2014
    Antworten

    Aaah, finally. Auf diesen Beitrag warten wir Weltuntergangsfetischisten seit Wochen!

  2. Harmen
    14. Februar 2014
    Antworten

    Nach dem Weltende kommt das Wochenende, yeehhaaaa! 🙂

  3. 14. Februar 2014
    Antworten

    Hahaha! :-)))

    Herrlich! Noch so ein launig-listiger Artikel zu dem ausgesprochen netten Stöffchen. Mochte ich sehr gerne lesen, lieber Kollege. 🙂

    Merci fürs Verlinken!

  4. Dorothea
    14. Februar 2014
    Antworten

    Ein nettes Stöffchen – das ist Fin du Monde auf jeden Fall. Ehrlich gesagt, finde ich ihn jedoch nicht sehr originell. Die metallische Schießpulvernote ist natürlich genial, ansonsten riecht FdM an mir…wie Kurkdjians Amyris Femme. Oder – im späteren Verlauf – wie Popcorn mit Capri Sonne. Heute trage ich übrigens Iris Silver Mist – der duftet für mich schon eher nach Weltuntergang 😉
    Vielleicht sollte man die beiden layern? *schnellwegduck*

  5. Christiane
    15. Februar 2014
    Antworten

    Popcorn … bäh 🙂 Kommt für mich dem olfaktorischen Untergang des Abendlandes schon recht nahe – von daher: Thema nur leicht verfehlt. Nun bin ich noch mehr auf mein Pröbchen, auf dem der Zoll gerade sitzt *grummel*, gespannt.

  6. Barbara
    15. Februar 2014
    Antworten

    Ich hatte den „Weltuntergangsduft“ diese Woche unter meinem Näschen.

    Und jetzt weiss ich: Der Weltuntergang kann nicht so schlimm sein, wenn er so riecht wie dieser Duft.

    Natürlich muss ich noch genauer testen, aber etwas steht für ich auch fest: Am letzten Tag unserer Erde möchte ich nicht unbedingt so wie „La Fin du Monde“ duften. Da gibt es schönere Düfte, die ich an so einem Tag tragen möchte.

    @Dorothea: Ich wäre enttäuscht gewesen, wenn ich zu diesem Duft nichts von Dir gelesen hätte 😀
    Amyris Femme? Da muss ich direkt mal das Pröbchen rauskramen.

  7. Margot
    16. Februar 2014
    Antworten

    Meine lieben Mitstreiter!

    Als eingefleischter ELdO-Fan habe ich den Pressetext natürlich gelesen und auch noch Evelyns Artikel dazu.
    Lieber Harmen, sei mir nicht böse, aber Evelyn verstehe ich besser. Und allein das Lesen hat mir ein fettes Grinsen ins Gesicht gebracht! Ja, genau so hab ich ihn mir vorgestellt! Metallische Noten? Her damit! Ich liebe, liebe Lisa Kirks Revolution ebeso wie ihre kleine Schwester Eau Saharienne von Les Voiles Dépliées! Wenn nun das ganze noch mit Confetto von Profumum vermischt ist …. genial! Zu einem Pröbchen bin ich noch nicht gekommen … aber gut Ding will Weile haben. Da ist die Vorfreude um so größer! Bin fest davon überzeugt, dass ein ganz wunderbarer Gute-Laune-Duft ist.

    LG und einen schönen Sonntag,
    Margot

  8. Dorothea
    16. Februar 2014
    Antworten

    Ein Gute-Laune-Duft ist es allemal, für mich allerdings etwas zu gourmandig.
    Ich bin übrigens gerade dabei, mich hoffnungslos in Andy Tauers Miriam zu verlieben… Gefallen hat er mir schon beim ersten Schnuppern, nun finde ich ihn aber einfach unwiederstehlich… Wobei er sich irgendwie meiner Duftklassifikation nach Jahreszeiten entzieht – ist es vielleicht ein Immergeher?

    @Margot: als großer Iris-Addict, hast Du eigentlich schon mal L’Heure Exquise von Annick Goutal getestet?

    LG Dorothea

  9. Margot
    16. Februar 2014
    Antworten

    Liebe Dorothea,

    *lach* Tauer’s Miriam hat ja nun so gar nichts mit ELdO zu tun … aber was soll ich sagen? Miriam war/ist für mich eine ausgesprochene sofort-und-für-immer-Liebe! Jahreszeiten? Nein … danach kann und werde ich ihn nicht einordnen. Miriam ist ein ganz besonderer Gefühlsmoment und der ist definitiv nicht Jahreszeiten abhängig 🙂

    Um Deine zweite Frage zu beantworten: Nein, ich kenne L’Heure Exquise nicht. Irgendwie hab ich zu Annick Goutal bisher keinen wirklichen Draht gefunden.

    LG, Margot

  10. Dorothea
    16. Februar 2014
    Antworten

    Liebe Margot,

    nein, Miriam kann man wohl wirklich nicht ganz mit ELdO vergleichen, aber mein Gourmand-Pegel ist schon bei Düften wie z.B. Atelier Cologne Silver Iris erreicht (der auch vor Kurzem bei mir eingezogen ist :)), daher ist mir FdM etwas zu süß.

    Zu Confetto fällt mir übrigens ein, dass ich ein einziges Mal einen Profumum-Duft fürs Büro auflegte (ich glaube, es war Acqua e Zucchero oder Vanitas) und es einschlug wie eine Bombe. Ich glaube, die halbe Firma hat mich an dem Tag gefragt, ob wir in der Küche neben meinem Büro vielleicht Marzipan-Croissants aufgebacken hätten…

    Miriam steht auf jeden Fall schon fest auf meiner Liste als nächster Kaufkandidat im Frühjahr. Oder vielleicht übernächster, falls sich herausstellen sollte, dass ich Stilettos on Lex noch dringender brauche! Oder es wird dann doch Jour de Fete von Artisan (kennst Du ihn eigentlich aus früheren Zeiten?)…

    LG und gute Nacht
    Dorothea

  11. Margot
    19. Februar 2014
    Antworten

    Liebe Dorothea,

    Jour de Fete – damit habt ihr mich schon total angefixt und nein, leider kenne ich ihn nicht aus „früheren“ Zeiten 😀 Zu diesen Zeiten hab ich L’Artisan wohl noch nicht einmal gekannt. Ich bewege mich seit hmmm vielleicht 6/7? Jahren im Nischensektor und ich hab eher mit ganz neuen Marken als mit alt eingesessenen angefangen. Deshalb kam L’Artisan bei mir wohl nie richtig zum Zuge. Wenn da nicht jemand gewesen wäre, der mich direkt, so von Nase zu Nase, damit konfrontiert hätte, würde ich diese heute immer noch nicht kennen.

    Ach ja, und über das Thema „Brauchen“ fang ich am besten erst gar nicht an zu reden 🙂 Was ich als allererstes „brauchen“ würde, wäre ein Goldesel – dann wäre es einfacher, diesen „Grundbedürfnissen“ 😀 Genüge zu leisten.

    LG und einen schönen Abend,
    Margot

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