… hat vermutlich zu Lebzeiten nie Urlaub in der Karibik gemacht oder auf Hawaii. Und hätte er das jemals getan, es wäre vermutlich etwas ganz Ähnliches herausgekommen wie bei Heeleys Coccobello, der mich heute verzauberte.
Monsieur Heeley lebt und arbeitet, wie viele wissen, mittlerweile in Paris, ist aber gebürtiger Engländer. Sein Hintergrund ist ein ungewöhnlicher, obgleich für den Nischenduftmarkt nicht komplett außergewöhnlicher: Philosophie und Ästhetik hat er studiert – wofür er bei mir natürlich schon den oder die ersten Steine im Brett hatte – und war danach im Design tätig, bis ihn die Leidenschaft für Düfte als Autodidakten zu der Herstellung derselben trieb. Sehr gut, dass er diesem Ruf gefolgt ist, denn Heeleys Düfte bereichern meiner Meinung nach den Markt sehr. Ich mag sie, diese von Understatement und Purismus geprägte und dennoch sehr charakteristische Kollektion. Allerdings fehlte natürlich zu deren Vielfalt noch ein Duft wie Coccobello, der mir ehrlich gesagt vorher Rätsel aufgab: Heeley und ein Südseeduft? Mit Kokos?
Als „tropisches Inselparadies“ beschreibt der Pressetext den Duft und skizziert eine herrliche Impression: „Der Strand einer sonnenüberfluteten Insel am Morgen – noch liegt frischer Tau auf den Palmblättern und im Rhythmus der glasklaren, ruhigen See weht ein Hauch von tahitianischer Gardenie. Bildschön rekelt sich ein in Kokosnuss getauchter und nahtlos gebräunter Körper im feinen weißen Sand, während leichte Noten von Virginia-Zedernholz und exotischem Benzoeharz vorbeiziehen.“
Männer sollen sich dabei fühlen wie „Robinson Crusoe, der sich seines Lebens in der Karibik freut. Verschollen, irgendwo zwischen Mustique und St. Barths.“ Und der Damenwelt verleiht Coccobello das Gefühl einer „brasilianische Schönheit nach einem Tag am Strand“, nach dem vielleicht eine herrliche Nacht lockt? Werfen wir mal einen Blick auf die Ingredienzen: Kopfnote: Blätter, Gardenie ; Herznote: Tiaréblüte, Kokosnuss, Bourbon-Vanille; Basisnote: Virginia-Zedernholz, Sandelholz, Benzoeharz.
Heeleys Coccobello startet mit cremig-würziger, vanillegeküsster Kokosnuss, die von Gardenien eingerahmt wird. Betörende Gardenienblüten, Tiaré ist ja nichts anderes als eine Gardenie. Ich erkenne im Auftakt aber noch wesentlich mehr: Ich meine, subtile Aldehyde wahrzunehmen, säuerlich-spritzige, prickelnde. Liegt es an dem grünen, fast schon ein bisschen avantgardistisch wirkenden und somit an Comme des Garçons erinnernden Blattwerk? Auf mich wirkt es wie ein Sammelsurium verschiedenster Pflanzen: Einerseits meine ich Papyrus zu entdecken, dann wieder Gräser und daneben auch eine wächserne Pflanze mit wulstigen Blättern, ähnlich einer Aloe Vera. Diese stiften Frische, Herbheit, bittere Noten und bescheren wässrige Anklänge. Dieses grüne Geschehen sieht sich bald gezähmt und kommt auf einer würzig-warm-sandigen Basis zur Ruhe. Kokosnuss, Vanille und Blüten bleiben und von Anfang bis Ende erhalten.
Regelmäßige Blogleser werden sich vielleicht daran erinnern, dass ich vor einiger Zeit auf den Kapverden war, auf Boa Vista, wovon ich sehr begeistert war. Die Insel hat es mir absolut angetan, und zwar vor allem aufgrund ihres entschleunigten Tempos und der Mentalität der Menschen. Ein Schmelztiegel der Kulturen sind die Kapverden, und die Menschen dort sind zwar größtenteils arm, aber auf ihre Art und Weise fröhlich und unbekümmert. Diese Unbekümmertheit war es, die mich so fasziniert hat, jene Leichtigkeit, die ich als alter Melancholiker so nie leben können werde – einfach, weil es nicht meinem Naturell entspricht, weil ich nicht so bin. Nichtsdestotrotz hat es mich angezogen und tut es auch immer noch, obgleich nicht für immer und jederzeit…
Ich kenne James Heeley nicht persönlich, aber ich würde jetzt einfach mal anhand seines Auftretens, seines Images, seiner Bilder und Interviews vermuten, dass sein Charakter nicht dem eines beispielsweise lateinamerikanischen Lebemanns entspricht.
Für mich scheint Coccobello eine Hommage zu sein: Eine Ode eines eher intellektuell geprägten Menschen, der, ich hoffe, ich lehne mich damit nicht zu weit aus dem Fenster, leicht melancholische Züge hat, eine Ode an… die Freude. Eine an die Schönheit der Ungezwungenheit, an das Loslassen (das oft genug schwerfällt), an das unbekümmerte Sein, das sich nirgends besser verorten lässt als an einem (Kokos)Palmenstrand.
Mich hat Coccobello sofort für sich eingenommen – Euch auch?
Ein schönes Wochenende wünscht Euch
Eure Ulrike.
Sehr schön beschrieben, liebe Uli!
Ich kenne Cocobello leider noch nicht, aber mit deiner Sehnsüchte erweckenden Beschreibung rennst du bei mir natürlich offene Türen ein. Nun steht er auf meiner Merkliste und ich bin sicher, ich werde ihn mögen für Frühjahr und Sommer. Vielleicht nächstes Jahr.
Ganz liebe Grüße
Almut
Die Beschreibung ist verlockend und betörend, ich kenne den Duft nicht aber meine Begierde ist groß *lach* nach diesem Bericht.
Danke und lieben Gruß
Manu
Ich habe mir den Duft auf Verdacht gekauft, weil ich Kokosnuss in allen Variationen liebe. Nun – ich wurde nicht enttäuscht. Es riecht eher süßlich, also weniger frisch oder würzig. So möchte ich nach einem langen Tag am Strand riechen wenn ich am Abend ausgehe. Alles was man sich unter Duft der Karibik vorstellt ist hier eingefangen: Wärme, Süße, Sonne, der schwere Geruch exotischer Pflanzen, Kokos. Ich mag das!
Ja, liebe Petra – ein bisschen Karibik wäre gerade auch nicht schlecht. Oder zumindest Frühling. Da helfen Düfte ungemein, denn ich glaube, wir haben alle gerade die Nase voll von trüben Temperaturen und Aschenbecherwetter, oder nicht? Viel Freude mit dem Schönling, dem duftenden!
Liebe Grüße
Ulrike