haben vor nicht allzu langer Zeit zwei neue Düfte lanciert, die ich bereits auf der Mailänder Esxence testen durfte im Frühjahr – nun kann ich sie Euch endlich hier vorstellen: Vorhang auf für Café Chantant und Infinito.
„Ladies and Gentlemen, die Vorstellung kann beginnen… Das Café Chantant war vor allem im Paris des 19. und frühen 20. Jahrhunderts eine verbreitete Form des Konzert-Cafés, das zur Geburtsstätte des modernen Chansons wurde. Der Duft Café Chantant von Nobile 1942 orientiert sich an den gleichnamigen französischen Etablissements der Belle Époque. Das „Singing Café“ beinhaltete Elemente eines Kabaretts, einer Konzertveranstaltung, eines Vaudevilles und hatte meist auch einen Open-Air-Bereich, auch wenn es sich schon nicht ganz im Freien abspielte. Die Stimmung war – ausgelassen, was sonst? Ein heiteres Murmeln, fröhliches Gelächter, Damen in atemberaubenden Belle-Époque-Kleidern, deren chypre-lastige Parfums sich mit dem Tabakgeruch der Herren mischen, bereit, die Vorstellung von einem Tisch in erster Reihe zu genießen. Dieses “Joie de vivre“, die pure Lebensfreude gegen Ende des 19. Jahrhunderts, eroberte die europäischen Hauptstädte. Eine Welle des Optimismus verbreitete sich und beeinflusste vor allem die italienischen Künstler. Berühmte Schriftsteller und Künstler waren Stammgäste der beliebtesten italienischen Café Chantant. Die Damen hatten großen Spaß daran, regelmäßig in den Cafés die Gesten und die Kleidung jener Frauen nachzuahmen und ihre Männer wie eine „Sciantose“ verrückt zu machen.“
Hach, wie ich diese Salonzeiten liebe – und natürlich auch die Düfte dazu, siehe Histoires de Parfums Moulin Rouge 1889. Ich stelle mir das grandios vor und denke sofort an… die Salonkultur, die mondänen Geste, Künstler, Literaten, an gehaltvolle Gelage in jeglicher Hinsicht…
Mmmh. Ich hatte ja schon einmal geschwärmt, dass mich diese Zeiten unglaublich gereizt hätten – seien es die Salons der Romantiker zu Beginn des 18. Jahrhunderts, die, über ganz Deutschland verteilt, die ganze philosophische, literarische und künstlerische Avantgarde anzog. Und sehr oft von Frauen ausgerichtet wurden, die vollkommen selbstverständlich teilnahmen. Darüber hinaus – das ausgehende 18. Jahrhundert, Fin de Siècle und die Folgezeit, die Roaring Twenties… All jene imposanten Damen, die Flappers zum Beispiel… Solchen Frauen waren sicherlich auch die ersten Düfte von Ernest Daltroff gewidmet, seines Zeichens Gründer von Caron. Tabac Blond zum Beispiel, der erste feminine Tabakduft, gewidmet der rauchenden Frau – ein Affront zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Oder En Avion, eine Hommage an die ersten Pilotinnen – und somit eine Aufforderung an die Damenwelt, ihre Träume zu leben, unabhängig von gesellschaftlichen Konventionen. In unserer heutigen Zeit sind derlei Restriktionen, zumindest im westlichen Teil der Welt, nicht mehr wirklich vorstellbar, doch – ein paar Jahre zurück (oder ein paar Kilometer weiter) waren (bzw. sind) sie noch gang und gäbe…
Die Salonkultur an und für sich stelle ich mir überaus reizvoll und bereichernd vor. Da können gelegentliche Single-Malt-Tastings, denen ich beiwohne, leider nicht mithalten. Bei einem solchen Thema muss der Duft dazu natürlich – üppig sein. Ausladend, überbordend. Und er muss – betören, verführen, eine gewisse Koketterie versprühen sowie Freigeistigkeit.
Dann nehmen wir uns Café Chantant doch einmal zur Brust oder vielmehr – Nase. Die Noten: Kopfnote: Kirsche, Lorbeer, Anis; Herznote: Heliotrop, Florale Noten, Eibisch, Iris; Basisnote: Benzoeharz, Patchouli, Vanille, Moschus.
Frisch aufgesprüht becirct mich sofort – Marzipan. Und nochmal Marzipan. Satt und samtig, von pudriger Iris zart untermalt, von Vanille geküsst und in eine Moschuswolke gehüllt. Sehr fein – zumal dieser Gourmand etwas für Erwachsene ist: Souverän und selbstsicher hält er die Balance dank der fruchtigen Kirsche sowie den aromatischen Anklängen, die für Herbheit und eine gewisse Würze sorgen. Fans von gut ausbalancierten Gourmanddüften kommen mit Café Chantant auf ihre Kosten – Marzipanliebhaber ohnehin. Café Chantant ist erotisch – aber nicht offenkundig sexy. Der Duft verkörpert selbstgewisses Understatement. Ein reifer Duft für eine Frau, die weiß, was (und vor allem auch: wen) sie will.
Nächste Woche geht es weiter mit Infinito – bis dahin alles Liebe und ein schönes Wochenende,
Eure Ulrike.
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