… hat uns der Berliner Erik Kormann dieser Tage spendiert – und zwar mit seinem Duft September, der vor nicht allzu langer Zeit bei meinen Kollegen in Bruchsal eintrudelte.
Jahreszeitendüfte hat Monsieur – Inhaber des herrlichen Seifenladens 1000&1 Seife und Verfasser des tollen Aromatischen Blogs – bereits zwei andere gefertigt, den Juli und den August. Beide waren sehr schön, sein größter Erfolg beim Publikum war allerdings wohl sein September, der Erik selbst auch sehr am Herzen liegt. Wieso lass ich ihn gleich selbst erklären, Erik ist ohnehin ein perfekter Unterhalter:
„Zum Duft selber: Der Duft ist überhaupt nur entstanden, weil ich das Chemical JAVANOL über alles liebe. Von mir aus kann die ganze Welt nach JAVANOL riechen. Der eigentlich recht schwache Duftstoff (bei einigen Leuten kommt da – ähnlich wie bei vielen Moschuskörpern – nicht viel an) wird auch als Sandelholz-Chemical bezeichnet; was ich aber so gar nicht sagen würde. Für mich riecht es nur ganz leicht holzig, etwas süß, auf jeden Fall fruchtig und blumig zugleich. Wer meint, er müsse Javanol mit echtem Sandelholz vergleichen hat wirklich nicht viel Ahnung von Parfum und der Rest ist hoffentlich Geschmackssache. Man muß vielleicht noch wissen, daß dieser in der konzentrierten Form recht schwache Duftstoff in einem Parfum von absolut durchschlagender Wirkung ist. […] Ich liebe JAVANOL. Kann gar nicht dolle und lange genug sein und deshalb würde es mir reichen, wenn ein Duft nur aus JAVANOL bestehen würde. Doch die Idee, einen Duft mit nur einem Riechstoff zu machen, die hatte bereits ein anderer. Für mich einer der berühmtesten Parfumeure dieser Welt, zudem noch ausgesprochen freundlich, lustig und einfach genial – Geza Schön [Anmerkung: Erik Kormann spielt hier auf die Kollektion Escentric Molecules an.] Solche Ideen kann man nicht klauen, das wäre peinlich (es sei denn, man heißt Guttenberg), und deshalb habe ich das Javanol etwas eingepackt.“
„Etwas eingepackt“ ist natürlich, wie meist bei Erik, komplett untertrieben – der Autodidakt hat um einiges mehr in seinem Duft verwendet und in diesem Falle sogar das Design der Flasche komplett selbst entworfen. Aber fangen wir erst einmal ganz von vorne an: Die erste Auflage des olfaktorischen Septembers erfolgte im Jahre 2010, nicht mehr ganz rechtzeitig für den Spätsommer im Frühherbst. Schon damals schwärmte Erik vorab in seinem Blog über seine Liebe zu Javanol:
„Javanol ist mein Lieblingsriechstoff. Von mir aus könnte alles nach Javanol riechen. Ich kann gar nicht genug davon bekommen und wenn es die Idee nicht schon geben würde, dann könnte man darüber nachdenken, ob man einen Duft nur aus diesem einen Chemical entwickeln könnte. Javanol ist für mich der unbeschreiblichste und unwiderstehlichste Riechstoff. Manchmal mache ich mir einen Tropfen davon auf die Kleidung und dann berausche ich mich über Tage hinweg an diesem Duft. Problematisch dabei ist eigentlich nur der Preis und außerdem braucht es schon einige Dinge mehr für einen richtigen Duft. Einige weitere Riechstoffe, mit denen man den Eigengeruch des Javanols noch etwas verstärken kann. Mir ist schon klar, daß Javanol wegen seiner durchschlagenden Wirkung von Parfumeuren nur in sehr geringen Mengen (2 bis 5 % einer 10%igen Lösung reichen völlig aus) eingesetzt wird und mein verschwenderischer Umgang mit dem Stoff nicht nur auf Zustimmung stoßen wird; das ist mir alles egal. Mir geht es um diesen Geruch und deshalb mußte eine Mischung gefunden werden, in der das Chemical so perfekt wie möglich aufgeht und schon heute kann ich sagen, daß mein nächstes Parfum September heißen wird. 9 Riechstoffe für den neunten Monat im Jahr – September.“
Die Idee also ward geboren: Ein Javanol-Duft, und zwar einer, der zusammen mit acht weiteren Zutaten das olfaktorische Äquivalent zum Monat September sein soll. Gesagt, getan – Herr Kormann machte sich ans Werk. Und weil sein Freund Jo Zarth, der Designer, der uns bereits von den wunderbaren Entwürfen für Eriks Eau-de-Fröhliche-Editionen bekannt ist, einmal nicht da war, kreierte Erik das Motiv zum Duft kurzerhand selbst, was wohl einige Zeit in Anspruch nahm, wie er erzählte:
„In der letzten Woche habe ich ziemlich viele Elefanten gezeichnet und inzwischen gelingen mir die Rüsseltierchen immer besser. Doch ganz glücklich bin ich mit meinen Bildchen nicht, was daran liegt, daß Herr Z. gerade nicht da ist und ich nun selber meine Vorstellungen umsetzen mußte. Es war gar nicht so einfach einen Elefanten zu zeichnen, dessen Kopf zugleich eine 9 stilisiert.“
Ich finde, wir können ihn beruhigen, den Herrn Kormann, oder? Mir zumindest gefällt der Elefant mindestens ebenso gut wie die anderen Tierchen, die sich auf seinen Kreationen tummeln. Wie eigentlich meist geizt Erik nicht mit den Angaben zu seinen Düften, ganz im Gegenteil: Als Lösungsmittel und somit Grundlage für den Duft dient DPG, ansonsten besteht der erste von ihm kreierte September aus Iso e Super, Hedione, Galaxolid, Polysantol, Javanol (pur, 6%), Timberol, echtes Sandelholz-Öl, Ketamber und Citral.
Das dröseln wir jetzt mal für den Nicht-Chemiker und Nicht-Parfumeur auf: Iso E Super ist jenes Wundersynthesemolekül, mit dem Geza Schön mit seinen Escentric No. 1 aus seiner Kollektion Escentric Molecules so bekannt geworden ist. Das Stöffchen stammt aus dem Hause des Aromastoffherstellers IFF und riecht laut deren Angaben „smooth, woody, amber with unique aspects giving a ”velvet” like sensation. Used to impart fullness and subtle strength to fragrances. Superb floralizer found in the majority of newer fine fragrances and also useful in soaps.“ Einer der am meisten verwendeten Duftstoffe. Der, der Lancômes Trésor seine Einzigartigkeit verlieh. Und einer, der eigentlich nach Nichts riecht – aber das auf eine so unnachahmlich gute Art und Weise, dass er süchtig machen kann.
Hedione kommt aus den Phiolen des Aromastoffherstellers Firmenich und soll angeblich nach Jasmin riechen – so zumindest klassifiziert man das Molekül, das seinen Namen von dem griechischen Wort „hedone“ [= Lust, Vergnügen, Genuss ? siehe auch die Göttin Hedone] hat. Allerdings stellt Hedione weniger den eigentlichen Duft dar, vielmehr bringt der Stoff Anderes zum Erblühen. Wie schrieb Erik so schön in seinem Blog:
„Hedione ist ein eher schwach wirkender Riechstoff, der irre Eigenschaften mitbringt. Sie wollen wissen, woher in vielen Düften diese Strahlkraft kommt? Nehmen sie Hedione. Sie wollen wissen, warum ein sanft blumiges Herz so eine verdammt gute Haftung hat? Nehmen sie Hedione. Sie wollen wissen, wie man einer Komponente auf die Sprünge helfen kann, ohne diese höher dosieren zu müssen? Nehmen sie Hedione. Ihren eigenen Mischungen fehlt Transparenz? Nehmen sie Hedione. Angst vor Überdosierung? Keine Sorge, nur immer rein damit (was ich mit echtem Jasmin nicht empfehlen würde!). Hedione ist einfach fantastisch und es ist gar nicht mal teuer. Wer also selber Parfum mischt und nicht unbedingt auf dem Naturtrip ist, der sollte sich unbedingt Hedione besorgen. Ich wüßte nicht, wozu Hedion nicht passen sollte. Und wer nun unbedingt wissen will, wie Hedione in einer Mischung vielleicht riechen könnte, der geht einfach in die nächste Parfumerie und schnuppert dort mal am Clinique Happy , das ist voll davon und nun wissen sie auch, warum Hedione mich glücklich macht.“
Hedione finden sich zum Beispiel auch in Diors Eau Savage als auch in Diorella und in vielen weiteren Düften. Martine Pallix allerdings war diejenige Parfumeurin, die Ende der 90er für Comme de Garçons mit Odeur 53 den Duft kreierte, der bis heute weltweit den meisten Anteil an Hedione enthält – nämlich mehr als die Hälfte.
Galaxolid ist eine synthetische Moschusverbindung, während Ketamber ein holzig-warm-ambriert wirkender Duftstoff ist. Timberol ist ebenfalls ein Holzling, diesmal aus dem Hause Symrise: „highly diffusive, powdery-woody, with notes of ambergris aroma chemical“.
Nun aber genug der chemischen Hintergründe – morgen geht es weiter mit dem Duft, den Düften September 🙂
Einen schönen Tag Euch und viele liebe Grüße,
Uli.
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