Robert Piguets Nouvelle Collection – Die Zweite.

Einen weiteren Tag verbringen wir mit der Nouvelle Collection von Robert Piguet, und zwar mit Oud, Mademoiselle Piguet und Notes.

oud1_1 Einen Oudduft im Sortiment zu haben ist ja heutzutage eigentlich schon Pflicht, oder nicht? Ich freue mich nach wie vor immer noch sehr über jeden neuen Oudduft, da ich nicht genug kriegen kann von der Ingredienz. Wie sieht es bei Euch aus? Wie steht Ihr zu Oud und zu dem Oudhype, welche Ouddüfte habt Ihr und wie haltet Ihr es überhaupt mit diesem Stöffchen?

Mit dem schlicht „Oud“ benannten Vertreter von Robert Piguet fange ich gleich an – hier das, was uns die Firma dazu erzählt:

„Das seltene Harz „Oud“ von den Bäumen der Aquilaria-Gattung, besitzt einen Duft voll betörender Schönheit, der so viele Legenden und Geschichten inspirierte. Robert Piguet Parfums hat nun ein eigenes Märchen erschaffen, indem man einen opulenten Wandteppich aus Oud und kostbaren Aromen wob. Heiß wie die Wüstenwinde und weich wie schwere Seide, so erscheint uns Oud wie ein Blick in eine andere Welt und wie eine Einladung, an einer wunderbaren Fantasie teilzuhaben.Wie in den Märchen von Scheherazade nimmt „Oud“ von Robert Piguet seinen Träger auf eine zauberhafte Reise mit. Safran und Myrrhe akzentuieren die ledrige Wärme des Ouds, während ihm Patchouli mit seiner Bitterschokoladennote weitere Tiefe verleiht. Das rauchige Guajakholz bietet einen reichhaltigen Hintergrund, gegen den die Honigsüße der mit Weihrauch gesalbten Hölzer noch komplexer erscheint. Kühle Vetivernoten zügeln die Dunkelheit der Komposition, um in einen eleganten und geheimnisvollen Duft zu münden.“

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Ein schöner Geselle ist es, der Oud de Robert Piguet. Wir haben es hier mit einem Charakterkandidaten zu tun, der meiner Meinung nach einen sehr guten Spagat vollzieht: Er ist eigenständig und markant genug, um nicht als einer von vielen durch’s Raster zu fallen. Gleichzeitig ist er aber – französisch geraten. Wir haben es also hier mit einem durchaus facettierten Duft zu tun, der darüber hinaus keine arabische Oudbombe ist, die für manche europäische Nase (exklusive der meinen) einfach zuviel wäre.

Die Tannennoten, die dem Duft innewohnen, empfinde ich auf meiner Haut als sehr präsent, genauso wie jene dem Safran so eigene trocken-staubig-gewürzige, herbe-derbe Fruchtigkeit. Dazu gesellt sich Myrrhe, deren würzig-harzige Wärme man gleich erkennt und welche die Trockenheit des Duftes verstärkt. Es raucht und kokelt auch vor sich hin, da hat die Beschreibung recht: Hölzer, knarzig und alt, zum Teil ein wenig verräuchert und im Feuer glimmend. Die patchoulitypische Kakaonoten sind ein schöner Akzent, der sowohl auf Teststreifen als auch Haut herauskommt. Darüber hinaus allerdings unterscheidet sich beides bei mir: Meine Haut trocknet den Duft extrem aus, was ihn holziger, rauchiger, staubiger, kakaopudriger erscheinen lässt. Der Teststreifen behält die balsamischen Tannennoten bei, die dem Duft eine ätherische dunkelgrüne Waldigkeit verleihen. Mit den Ledernoten habe ich so meine Probleme: Auf dem Teststreifen kann ich sie mit viel Phantasie vielleicht noch vermuten, da hinten irgendwo, meine Haut allerdings zeigt gar nichts, was in Richtung Leder geht. Macht aber nichts, Oud de Robert Piguet mag ich trotzdem.

Negro y oro

Weiter geht es mit der Damenwelt:

„Sie ist zart und unwiderstehlich, unschuldig und wollüstig, ein bisschen Lolita ein bisschen auch Louise Brooks. Mit Mademoiselle Piguet hat Piguet Parfums den romantischen und sinnlichen Aspekten der Orangenblüte die Ehre erwiesen. Mademoiselle Piguet gehört zu einer neuen Generation von Blütendüften, aber ergänzt die bestehende Piguet-Familie femininer Meisterwerke durch ihren verführerischen Charakter. Die strahlende Mademoiselle Piguet fängt die betörende Schönheit der Orangenblüte ein, beginnend bei ihrer Grüne bis hin zu ihrer großen Wärme. Der berauschende Zitrusauftakt deutet auf einen heiteren Charakter hin, während die rauchige Süße der Tonkabohne Mademoiselle Piguet einen sinnlichen Hauch verleiht. Mademoiselle Piguet umklammert die Haut wie warme Seide und verzaubert durch einen sanften und bezaubernden Duft.“

Oranges In Hiding

Orangenblüten muss man mögen, das gebe ich zu. Ich mag sie, und zwar sehr gerne, wenn man sie mir adrett und nett verpackt und präsentiert. Diese unsere Mademoiselle Piguet ist ein sehr schönes Düftlein. Vielleicht einmal vorausgeschickt: Letztes Jahr hat mich Houbigant mit Orangers en Fleurs total begeistert: Authentischer habe ich Orangenblüte noch nie gerochen – das war wirklich ein Hain von Orangenbäumen in voller Blüte, ganz ganz herrlich.

Mademoiselle Piguet stellt für mich das junge Mädchen dar, dass die Orangenblüte in seiner Hand dreht, an ihr schnuppert. Beide sind sie betörend, und Mademoiselle Piguet fängt auch beide ein. Die Blüte der Jugend, würde ich sagen – strahlende Orangenblüten, in ihrer fruchtigen Frische von saftig-süßen Mandarinen unterstützt. Honigsüßer Nektar, von herber Bergamotte dynamisch akzentuiert. Und drunter eine schöne, dicke Schicht würzig-vanilliger Tonkabohnencreme mit leichten Anleihen von Mandel und, in der Tat, ganz zarten Rauchschwaden. Was für ein herrlicher, junger Duft! Von solchen Orangenblüteninterpretationen kann es gar nicht genug geben, finde ich. [Und ja, ich weiß auch, diese Junge Dame hier hält eine Rose in der Hand und keine Orangenblüte – aber glaubt mir, es war so schon schwer genug, eine Frau unter/neben einem Orangenbaum zu finden… Den Duft repräsentiert das Bild trotzdem ziemlich gut.]

Schauen wir uns Notes an:

„Wie in der Musik ist Parfum mehr als die Summe seiner Noten. Im Gegensatz zur musikalischen Melodie ist die Qualität der Parfumnoten essentiell für ein unvergessliches Erlebnis. Notes von Robert Piguet ist eine Hommage an einer der exquisitesten Materialien in der Palette eines Parfumeurs, ein Duft von außergewöhnlicher Harmonie und Schönheit. Das hochtönende Vorspiel von Bergamotte und Salbei setzt die sanfte Arie von Orangenblüte und Geranium in Szene. Der beschwingte Anfang führt zum sonoren Timbre von Eichenmoos und Tonkabohne. Die dunklen Töne von Costus verleihen der Komposition weitere Tiefe, während ihr die grüne Klarheit des Vetivers einen eleganten Kontrapunkt setzt. Notes von Robert Piguet ist warm und luxuriös und ein regelrechtes Kaleidoskop an Empfindungen.“

Aristotle Altemps Inv8575

An dieser Stelle kann ich es mir nicht verkneifen: Natürlich ist, wie ich MEINE, das Ganze immer mehr als die Summe seiner Teile. Diese Idee nennt man Emergenz und der Gedanke dazu ist ein ganz alter, er geht nämlich (mindestens) auf Aristoteles zurück, der in seiner Metaphysik Folgendes schrieb:

„Das was aus Bestandteilen so zusammengesetzt ist, dass es ein einheitliches Ganzes bildet, ist nicht nach Art eines Haufens, sondern wie eine Silbe, das ist offenbar mehr als bloß die Summe seiner Bestandteile. Eine Silbe ist nicht die Summe ihrer Laute: ba ist nicht dasselbe wie b plus a, und Fleisch ist nicht dasselbe wie Feuer plus Erde.“

Auch wenn Emergenz oftmals sicherlich gerne als Vorwand genutzt wird, wenn jemand einfach nicht schlau genug und/oder nicht gebildet genug ist, um die Komplexität des Geschehens aus sich selbst heraus zu erklären… Bei Düften ist es zweifelsohne so, dass sich aus der reinen Liste an Zutaten nicht herauslesen lässt, wie der Duft nachher riecht. Ob das jetzt mit Emergenz zu tun hat? Man mag darüber diskutieren, denn in jedem Falle fehlen uns ja zu den Duftnoten auch nähere Angaben – wieviel Prozent von was ist drin, welche Konzentration, woher kommt die Ingredienz und so weiter und so fort. Ob ein wirklich guter Parfumeur mit diesen Angaben sofort eine genaue (!) Vorstellung davon hätte, wie ein Parfum zu riechen hat? Dann könnten wir eben nicht von Emergenz sprechen. Das würde mich in der Tat einmal interessieren.

Aber kommen wir zu Notes: Nach Mademoiselle Piguet dürfte Notes jetzt die Orangenblüte für den Herren sein, würde ich mal behaupten, den ebenjene ist hier durchaus prägend für den Charakter des Duftes. An die Seite gestellt hat man hier Geranium, wie immer von minzig-frischer Anmutung, Bergamotte, gewohnt herb, Muskatellersalbei für ein wenig Süße. Leichtes Grün umfängt meine Nase, transparent, beschwingt, dynamisch und krautig-kräuterig. Eichenmoos sorgt für Akzente, den Notes de Robert Piguet entwickelt deutlich trockene Moosnoten, die von rauchig-herbem und sehr subtil salzigem Vetiver noch unterstrichen werden, während Tonkabohne eine ruhige Wärme in der Basis schafft.

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Notes de Robert Piguet empfinde ich nicht als wahnsinnig innovativ, das muss ja aber auch nicht immer sein. Ein hübscher, unaufgeregter und unaufdringlicher, aber dennoch angenehmer und aussagekräftiger Alleskönner und Immergeher. Damit macht Mann nie etwas falsch. Allerdings muss ich sagen, sehe ich den Duft eher nicht an ganz jungen Männern – dafür empfinde ich ihn als zu klassisch, womit ich, ich betone, nicht altmodisch meine. Trotzdem sollte Mann die 30 schon hinter sich gelassen haben, am besten auch die 40.

Habt Ihr schon irgendwas probiert aus der Nouvelle Collection von Piguet?

Viele liebe Grüße und ein schönes Wochenende Euch,

Eure Ulrike.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

4 Kommentare

  1. Jutta L.
    1. März 2013
    Antworten

    Hallo liebe Uli,

    ich habs gerade mit Blümchen und sehr mit leichten Tuberosen (wenn das mal nicht ein Widerspruch in sich ist), deshalb interessiert mich am meisten Petit Fracas, die Girlie Version von Fracas. Letzteren kann ich nicht tragen, finde ihn aber nach wie vor faszinierend und hoffe deswegen, dass die leichtere Version vielleicht etwas für mich ist.
    Werdet Ihr Petit Fracas noch bekommen oder ist der nicht für Deutschland vorgesehen? Auf den Markt kam er wohl schon letztes Jahr.

    Danke und lieben Gruss
    Jutta L.

  2. Ulrike
    21. März 2013
    Antworten

    Huhuu liebe Jutta,

    jetzt endlich habe ich Nachrichten: Der Duft kommt im Herbst in den deutschen Vertrieb, voraussichtlich. Bestellen können wir ihn schon vorab, dauert aber ca. zwei Monate. Hoffe, das hilft – auch wenn das nicht die Antwort der 1. Wahl war 😉

    Liebe Grüße,

    Uli.

  3. Üt
    14. Juni 2013
    Antworten

    Mademoiselle Piguet

    dachte zu Monsieur Balmain brauche ich noch dringend Mademoiselle Piguet. Bin ja sowas von angefixt von dem Duft. Habe letzten Samstag vor dem Fernseher gesessen, die Hochzeit der schwedischen Prinzession angeschaut und Düfte getestet. Das war so ein schöner Nachmittag, das ich mich kneifen mußte. Ach ja… warum kann nicht jeder Tag ein Samstag sein!

    Mademoiselle Piguet ist ein Traum !!!!!!!!!!!!!!!!

  4. Ulrike
    24. Juni 2013
    Antworten

    Hach ja, die schöne Mademoiselle *herzchenmal*

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