Ich schaue aus dem Fenster – die Bäume sind ganz weiß, allerdings nicht von Blüten. Wenn mich nicht alles täuscht, bedeutet „Vicolo Fiori“ im Deutschen so viel wie „Gässchen der Blüten“. Wieso nicht im Dezember einmal vom Frühling träumen? Dieser Duft aus dem Hause Etro wurde dementsprechend mit allerlei Blüten ausgestattet.
Die Duftnoten:
Kopfnote: Mandarine, Glockenblume
Herznote: Nymphaea (Seerose), Lotus, Alpenveilchen, Rose, Ylang-Ylang, Pfirsich, Melone
Basisnote: Moschus, Iris, Sandelholz, Vanille, Ambra
Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber auf mich macht diese Zusammenstellung der Duftnoten irgendwie einen etwas konfusen Eindruck, und ich kann mir nicht so recht vorstellen, was hierbei am Ende herauskommen mag. Zudem verwirrt mich der Produkttext von Etro, der ein Loblied auf die Unverwüstlichkeit und Bescheidenheit der Glockenblume singt. Warum nur?
Wer denkt, eine Glockenblume sei unbedeutend, weil sie klein ist und ihr Köpfchen hängen lässt, hat Unrecht.
Schon 1753 bezeichnete sie Carl von Linné als Pionierpflanze, aufgrund ihrer Fähigkeit, dort Wurzeln zu schlagen, wo sonst nichts wachsen würde: an Stränden, Flussufern, Gebirgskämmen. Durch sie wird der Boden fruchtbar, so dass auch andere Pflanzen erblühen können. Sie lässt ihr Köpfchen nicht hängen, weil sie scheu ist, sondern weil ihre Aufgabe sie viel Kraft kostet. Dennoch ist sie kein einsamer Eroberer.
Vermutlich lehne ich mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage, dass die Glockenblume keinen ganz eigenen charakteristischen Duft besitzt? Oder mag jemand von anderen Erfahrungen berichten?
Im Produkttext heißt es:
So wie sie oft der Vorläufer für Steinbrechgewächse ist, ist auch ihr feiner, anhaltender Duft in der Lage, sich an die Spitze einer Symphonie blumiger Düfte zu setzen, ihr Dirigent zu werden. Nie wird ihre Stimme die der anderen übertönen, doch alle Töne sind durch sie inspiriert, in allen spürt man ihren Hauch, ihren Charakter.
Unverwechselbar, einschmeichelnd, entscheidend: Sie setzt sich nie in Szene, aber ohne ihre Anwesenheit fehlt einfach etwas.
Tatsächlich geht es ganz frisch los, eine sauer ausgefallene Mandarine wurde hier verwendet, die aber sogleich auch schon die ersten Blütenanklänge mit im Gepäck hat. Und jetzt wird es kompliziert. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich die vielen Noten, die alleine schon im Herzen angegeben wurden, so im Einzelnen nicht herauszuschnuppern vermag. Der Auftakt wird von einer Mischung aus federleichten aquatisch-fruchtigen Noten abgelöst – Seerose und Melone sowie Pfirsich sollten hierfür verantwortlich sein. Unterfüttert wird das Ganze von sauberen, pudrigen und weichen Noten, deren Herkunft ich wie angedeutet nicht genau zuweisen kann. Iris, Moschus und Ambra haben sicherlich ihre Finger im Spiel – aber da ist wiederum doch eine grün-florale Seite, die ebenfalls dominant hervortritt. Ihr seht schon, es ist gar nicht so einfach.
Der Duft bleibt trotz seiner Komplexität ganz leicht, wie eine blütengeschwängerte Frühlingsbrise, sauber, hell, wie ein Windhauch. Man muss an weiße Kleider denken und an einen Spaziergang durch ein Gässchen aus blühenden Obstbäumen.
Liebe Grüße
Harmen
Zufällig habe ich 2 Proben von Vicolo di Fiori bekommen von unserer Ikebanameisterin. In der 1. Kursstunde stellte sie ein Tupperchen mit Parfümproben auf den Tisch: Zum Hineingreifen! Und ich habe alle restlichen Proben bekommen. Dabei waren mehrere Vicolo di Fiori. Ich finde es wunderbar! Glockenblumen hatte ich auf der Terrasse, gegen die Wicke an konnte ich keinen Duft an ihnen entdecken. Aber egal, es ist ein leichter Frühlingsduft, beschwingt und heiter, zart. Und nicht aufdringlich. Ich finde den Duft wunderbar. Ein sehr guter Nebenduft, mal für zwischendurch. Wenn es kalt ist im Winter und man zum Depri neigt. Aber auch in der Hitze des Sommers geht er. Und am Tag, wenn man abends noch einen anderen Duft tragen möchte, weil er nicht so lange hält, sich nicht in der Kleidung und auf der Haut festsetzt. Ich habe hier keine Kundenmeinung geschrieben, meine ich, weil ich die Proben nicht von Euch habe.
Schönes Wochenende,
Waltraud