… ist der letzte Duft unserer Maria Candida Gentile-Reihe, die ich Euch die letzten Tage vorgestellt habe. Geboren wurde die Idee zum Duft während unsere Maria schlaftrunken nachtwandelte, und zwar an einem Strand im schönen Ligurie: „The moment was so beautiful that one could feel like floating in the air, between the sea and the stars in the sky.“ Eine Sternennacht, die hat bisher noch jeden verzaubert – wen wundert, dass der Duft dazu auch ein poetischer ist, wie sie selbst behauptet, dem Gedicht „In The Morning You Always Come Back“ gewidmet, das der Feder von Cesare Pavese entstammt. Ein Liebesgedicht – eines von vielen, dass er seiner Freundin Constance Dowling widmete, einem Hollywoodsternchen:
Dawn’s faint breath breathes with your mouth at the ends of empty streets. Gray light your eyes, sweet drops of dawn on dark hills. Your steps and breath like the wind of dawn smother houses. The city shudders, Stones exhale— you are life, an awakening. Star lost in the light of dawn, trill of the breeze, warmth, breath— the night is done. You are light and morning. (Übersetzt von Linh Dinh)Was muss sie für eine Frau gewesen sein, was muss das für eine Liebe gewesen sein?! Ich gebe ja zu… ich stehe drauf – ich hätte auch gerne jemanden, der sich mittels Lyrik in mein Herz zu schreiben vermag, gerne mit so Kraftvollem wie Neruda in seinen Versen des Kapitäns. Wir sind aber jetzt bei Cesare und Constance…
Die Geschichte ist nämlich eine tragische – jene Zeilen sind von 1950, und 1950 ist das Jahr, in dem Pavese starb, von eigener Hand. Er beging Selbstmord – kurz nachdem Dowling in verlassen hatte, die danach noch mit einem Regisseur glücklich wurde und drei Kinder bekam… Paveses letzte Zeilen waren jene:
Death will come and will have your eyes— this death that accompanies us from morning till evening, unsleeping, deaf, like an old remorse or an absurd vice. Your eyes will be a useless word, a suppressed cry, a silence. That’s what you see each morning when alone with yourself you lean toward the mirror. O precious hope, that day we too will know that you are life and you are nothingness. Death has a look for everyone. Death will come and will have your eyes. It will be like renouncing a vice, like seeing a dead face reappear in the mirror, like listening to a lip that’s shut. We’ll go down into the maelstrom mute. (Übersetzt von Geoffrey Brock)Gebaut ist Sideris um Labdanum, jenes typisch mediterrane Harz der Zistrose, das hier mit Myrte vereint wurde, was laut der Parfumeurin Noten von wilden Rosen evoziert. Aromatische Kräuter, Hölzer und Benzoeharz runden das Geschehen gelungen und vollmundig ab.
Der Auftakt erscheint mir hesperidisch geprägt entweicht aber alsbald in eine markig-hölzerne und balsamisch-aromatische Gegend: Labdanum, rauchig-weihrauchartig und von erhabener Wärme, im Duett mit würzig-krautiger Myrte, an Eukalyptus gemahnende Pfefferminzfrische ausstrahlend. Irgendwo in diesem Zusammenspiel entdecke ich sie wirklich, die Anmutungen wilder, latent zitrischer Rosen, von sanften, ernsten Hölzern umrahmt und einer diffus warmen Basis behutsam getragen.
Sideris ist ein (für Männer als auch Frauen gleichermaßen geeigneter) Romantiker, ein warm-würziger Vertrauter, einer, der vor Leidenschaft und tiefen Gefühlen glüht, an- und ausdauernd und von sinnlicher Wärme und Zuwendung geprägt. Und somit wohl eher eine schöngezeichnete Hommage an diese Liebe, die jene Sicherheit vermutlich nicht bieten konnte. Sideris erfüllt – er umfängt einen warm und weich wie ehrliche und ernsthafte Zuneigung. Etwas, das Pavese, so wie es scheint, in seinem Leben nur selten von jenen Frauen widerfuhr, an denen er sich interessiert zeigte, die Objekt seiner Begierde waren.
Und, welches ist er denn nun, Euer Favorit aus der Maria Candida Gentile-Kollektion?
Viele liebe Grüße und ein schönes Wochenende,
Eure Ulrike.
Liebe Ulrike,
meine Maria Candida Gentile Proben sind gerade hier eingetroffen (Exultat, Cinabre, Sideris und Hanbury). Was für eine reine Freude!!!
Nachdem ich deine Rezensionen gelesen habe, dachte ich, dass ich mich in Exultat sofort verlieben würde, aber Sideris ist das absolutes Must Have für mich. Ich habe das Gefühl, dass dieser Duft und ich seit langem befreundet sind, dass ich auf ihn lange gewartet habe. Ohhh…
Und Cinabre, wunderschön, zart mit einem Hauch Frechheit!
Und Hanbury… wie ein Spaziergang im Sommer mit meiner Mutter… wahrscheinlich spielen hier die Akazienblüte, so oft gerochen als ich klein war, eine wichtige Role.
Und jetzt sehe/rieche ich wie ein olfaktive Weihnachtsbaum :-(… Zusammen mit Maria Candida Gentile hatte ich auch Aedes de Venustas und Séville à l’Aube als Proben bestellt… Jedes Mal ist es das gleiche bei mir: ich verspreche, nur 1 einzigen Duft zu probieren und nach einer 1/2 Stunde sind mind. 3 oder 4 Proben durch… Ergebnis: rechter Arm Sideris und Séville à l’Aube, linker Arm Aedes und Aziyadé von Parfum d’Empire, den ich schon heute früh als „offizieler Duft des Tages“ gesprüht hatte…
Aber… in diesem chaotischem „bouquet“ ist das kleine Wunder Namens Sideris, das ich immer wieder und mehr wahrnehme… wunderschön, meditativ, dieser Duft fühlt sich wie eine warme, zarte Umarmung.
Ulrike, vielen, vielen, vielen Dank für deine immer schöne Rezensionen. Ohne dich hätte ich Maria Candida Gentile wahrscheinlich nicht entdeckt.
Ein wunderschönes Wochenende wünsche ich Dir,
Isabelle
Hallo liebe Isabelle,
ich kenne das sehr gut – ein Freund von mir sagte einmal, ich wäre wie eine Duftachterbahn 😉 Ich rieche auch immer nach allen möglichen (und nicht immer) Wohlgenüssen 😉
Darüber hinaus freut es mich natürlich SEHR dass Du in Sideris eine neue Liebe gefunden hast 🙂 Ging mir ja bei MCG genauso – Hanbury muss bei mir ebenfalls dringend her. Und Exultat, ja… wäre auch eine Option.
Danke auch für das liebe Kompliment bezüglich meiner Rezensionen, das ich nur zurückgeben kann: Es macht mir genauso viel Freude mit Dir, mit meinen Lesern 🙂
Viele liebe Grüße von Dufteule zu Dufteule 😉
Ulrike.