Wie gestern schon versprochen widme ich mich heute und morgen noch einigen weiteren Düften, die der Strand-/Meer-Thematik verpflichtet sind. Viele andere Parfumliebhaber sind, wie ich weiß, in schöner Regelmäßigkeit alljährlich auf der Suche nach ihrem einen, oder vielleicht auch: einem neuen Meerduft. Mir geht es da sehr ähnlich. Und nachdem ich mich mit meinem Näschen mal wieder in selbige Gefilde gewagt habe muß ich doch sagen, daß da einige verborgene Schätzchen auf Entdeckung warteten.
So geschehen unter anderem mit Amerigo Vespuccis Marina Militare. Der Name, der sich an dem berühmten italienischen Seefahrer orientiert, sowie dem nach ihm benannten bekannten Segelschulschiff der italienischen Marine, verheißt bereits einen maritimen Duft. Diese Vorahnung bestätigt sich bereits in den Kopfnoten: frisch hesperidig kommt er daher, auf seine Art und Weise klassisch-sportlich, mit einigen Tangnoten und Holzigem. Im Duftverlauf behält er diese bei, ergänzt wird das Ganze noch durch einen gewisse helle Schärfe, die für mich nach einer leichten Minze riecht. In der Basis endet der Duft dann in einem sanften Chypré-Bett.
Als Ingredienzen sind angegeben: Kopf: Grüne Noten, Bergamotte, Zitrone, Zedernholz; Herz: Aquatische Noten, Ozon, Rosen, Wacholderbeeren; Basis: Sandelholz, Patchouly, Ambra, Vanille, Eichenmoos.
Alles in allem riecht Marina Militare für mich nach einer sehr gelungenen Mischung aus Creeds Erolfa und Creeds Himalaya: Man nehme die frische Brise inklusive der Tangnoten aus Erolfa und kombiniere das Ganze mit den Hesperiden und der Minze aus Himalaya, dazu noch ein paar holzige Noten – fertig wäre Marina Militare, der allerdings mehr und viel eigenständiger ist als lediglich ein Klon der beiden genannten Düfte. Ein frischer, sportlicher, wirklich schöner Meeresduft mit Chypré-Anklängen für den Sommer, elegant und immer tragbar.
Eine weitere Perle habe ich in Jalaines – vormalig: Bagutta Life – Ocean gefunden. Benannt zuerst nach der New Yorker Edelboutique, danach nach dem Vornamen der Parfumeurin, Jalaine Sommers, handelt es sich bei dieser Serie um eine kleine exquisite Reihe an Parfumessenzen in wunderschönen Flakons.
Ich muß gestehen, daß ich nicht allzu viele Parfums in anderer Qualität als als Eau de Toilette oder als Eau de Parfum besitze, die Intensität und Haltbarkeit dieses Kleinods scheint aber ganz außergewöhnlich zu sein und ist insofern erwähnenswert – ein winziges Tröpchen reicht tatsächlich bereits für eine üppige und langanhaltende Beduftung.
Üppig trifft auch auf den Duft selbst zu, der in den Kopfnoten mit einem weißfloralen Bouquet aufwartet. Diese Noten werden den ganzen Duftverlauf über gewahrt und umrankt von frischen, reinen, sauberen Nuancen, ergänzt durch eine transparente Wässrigkeit.
Als Ingredienzen sind angegeben: fruchtig-florale Noten, Alpenveilchen, Hyazinthe und Wassermelone.
Jalaines Ozean ist, ganz klar: eine Frau. Ich persönlich habe mich sofort an die Gedichte Pablo Nerudas erinnert gefühlt, an die Verse des Kapitäns. In diesem zuerst anonym veröffentlichten Manifest einer außergewöhnlichen Liebe verwendet Neruda das Meer, den Ozean in immer wiederkehrenden Wendungen als Metapher für die Liebe, die alles durchdringende Leidenschaft, die Tiefe und Intensität, die ihn mit seiner großen Liebe Mathilde verbinden – ihn, den Kapitän, dessen Lebenselixier genau dieses Meer ist. Einmal „vollkommen wie ein einziger Fluß, wie ein einziger Strand“, das andere Mal übermannt vom „stürmischen Meer“, daß die beiden erzittern läßt sodaß sie „aneinandergefesselt abwärts schossen, um unterzugehn, ohne uns loszulassen,“ wie dort zu lesen ist.
Ocean ist – ein Blütenmeer, floral, feminin und rein, pur, unschuldig und doch auch tief, ätherisch, leidenschaftlich.
Wer hier einen salzig-würzigen Duft erwartet ist sicherlich falsch – dies ist eine gänzlich andere Interpretation des Ausgangsthemas. Für Freunde von weißen Blütenbouquets sowie Freunde von sauberen, cleanen Düften ist dieser Duft auf jeden Fall ein Test-Muß.
Aria di Mare von Il Profumo, der nächste Kandidat, fängt mit seinen Noten die Impression eines Urlaubes an einem Mittelmeerstrand ein: Ein fröhlicher Duft, der die Assoziation eines schönen italienischen Badestrandes heraufbeschwört, Sand, der einem durch die Zehen rieselt, während man am Strand in der Holzliege ein Eis genießt und sich wohlig dösend in der Sonne räkelt. Der Duft zeichnet sich durch ozeanische Noten aus, die durch eine feine Prise Exotik, erzeugt durch Tiaré-Blüten, sowie eine subtil süße Wärme, geschaffen durch weißen, kristallen wirkenden Moschus, vervollkommnet werden.
Aqua Motu von Comptoir Sud Pacifique ist ebenfalls ein optimistisch gestimmter Geselle: An diesem Strand ist kein Gewitter in Sicht. Wohl aber dezente, krautig-maritime Noten (ich nehme Rosmarin wahr), leicht salziges Wasser, das einem nach dem Bad im Meer auf der sonnengewärmten und –getönten Haut trocknet, auf der noch Spuren einer Sonnenmilch wahrnehmbar sind. Alles begleitet von einem Hauch floraler Noten.
Die Ingredienzen sind: Kopfnote: Helychrisum (Currykraut), Herznote: ozeanische Noten, Maiglöckchen, warmer Sand.
Ein hübscher und sehr tragbarer frisch-aquatischer Frühjahr/Sommer-Duft, den ruhig auch diejenigen testen können und sollten, die mit den größtenteils eher süßeren Düften der Linie nicht so viel anfangen können!
Soweit so gut zu den heutigen Testkandidaten. Es folgen morgen noch: Sel Marin von Heeley, Calypsos Marine, Tirrenico von Profumi del Forte, Profumo di Pantellerias Maestrale sowie Gianni Campagnas Vento Canale – ihr dürft also gespannt sein 😉
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