…beschert uns Annick Goutal: Einige Düfte der Soliflores-Kollektion erscheinen in (natürlich limitiertem) frühlingshaftem Gewand – das habe ich gleich zum Anlass genommen, mir davon noch Unbekannte unter die Nase zu klemmen.
Die Soliflores haben große Tradition im Hause: Le Muguet (Maiglöckchen) und La Violette (logisch – das Veilchen) sind die ersten einer ganzen Reihe und erschienen 2001, zwei Jahre nach Annick Goutals Tod, zum Muttertag. Danach erweiterte Camille Goutal, Tochter von Annick und heutiger Kopf der Firma, die Kollektion sukzessive: Ein Jahr später erscheint Le Chèvrefeuille (Geißblatt), Des Lys (Lilien), Néroli, Le Jasmin sowie Le Mimosa und Rose Splendide.
Die beiden ersten und die beiden letzten hat das Haus Goutal nun neu aufgelegt – und wir werfen deshalb einmal einen Blick auf die Wurzeln, die Anfänge der Soliflores-Kollektion: Le Muguet und La Violette.
Frühling läßt sein blaues Band Wieder flattern durch die Lüfte Süße, wohlbekannte Düfte Streifen ahnungsvoll das Land Veilchen träumen schon, Wollen balde kommen Horch, von fern ein leiser Harfenton! Frühling, ja du bist’s! Dich hab ich vernommen!Wie Mörike einst schon schrieb in seinem bekannten Frühlingsgedicht, das wohl jedem mindestens in der Schule einmal über den Weg gelaufen sein dürfte – Veilchen sind Frühlingsboten, und Camille Goutal weiß ganz Besonderes über die Bedeutung von Veilchen für ihre Mutter zu erzählen:
„Souvenirs: the little bouquets, become so rare that we could find at random streets… Those that we place on the festive tables, the days where the starched white tablecloths leave the cupboards… As in this family house of Averyon that Annick Goutal loved so much and which was called… „La Violette“. This fragrance is mischievous and flavorsome like a violet candy, tender as an ancient lipstick, shallow like the little stem once worn in women’s décolleté.“
Das hört sich verträumt altmodisch an – und passt so gut zum Veilchen, jener auch Marienstengel oder Schwalbenblume genannten Blüte. Betont bescheiden ist die Blüte, daran orientierte man sich auch im Hause Goutal: einzig türkische Rose wird als weitere Ingredienz benannt. Viel mehr wird man auch nicht verwendet haben, was der Grazie des Duftes allerdings keinerlei Abbruch tut, ganz im Gegenteil: La Violette zelebriert jede Facette des Veilchens – dessen erdige Untertöne, die verhalten grüne Frische mit ihren seltsamen fruchtigen Akzenten und zitrischen Anklängen, die von der luziden Rose harmonisch aufgefangen und verstärkt werden. Subtile Ledrigkeit und hintergründige Holzigkeit sind da aufzuspüren genauso wie pudrige Nuancen, weit von Omas Puderquaste entfernt, und ein Hauch Lippenstift. Dabei vermag es La Violette aber, so unverschämt modern zu wirken: Dem Duft haftet, genausowenig wie Borsaris wunderschönem, behutsam reformuliertem Klassiker Violetta di Parma – Rezension siehe hier -, keinerlei Altersmief an – hier wird zeitlose Schönheit offeriert, die jederzeit von einer Frau jeden Alters getragen werden kann.
Wenden wir uns nun Le Muguet, dem Maiglöckchen zu, für das hoffentlich das Gleiche gilt – denn auch Maiglöckchen leiden ja oftmals dank ihrer Omnipräsenz in veralteten Seifenausführungen und ähnlichem unter dem Vorurteil, als hemmungslos altbacken verschrien zu sein. Ich hoffe, ich habe dieses Vorurteil schon mit einigen Rezensionen entkräftet – so zum Beispiel mit Micallefs Lucky Charm, mit meinem Soulmate, Andy Tauers Carillon pour un Ange oder mit Van Cleef & Arpels Muguet Blanc. Aber lassen wir zuerst Goutal zu Wort kommen:
„Lily of the valley is the flower of happiness, the Talisman flower that we offer everywhere in France the day of May 1st to wish luck and joy. That day, there is smile in the air. The little white bells which one has fun to seek in the foam of the garden still wet and dew… This is the beginning of the beautiful days when we can linger in the evening over the terrace and look at the stars. Promise of a beautiful summer.“
Die Blume des Glücks, der Freude zeigt sich in dieser Interpretation demgemäß auch überaus dynamisch: Maiglöckchen und Rose in inniger Umarmung, ein florales Duett. Rose spielt das zurückhaltende Rückgrat des Duftes, stärkt mit ihrer zitrischen Blüte die sauber-cremige Anmutung des Maiglöckchens, das hier kräftig, präsent und opulent erscheint in strahlendem Weiß. In Frische erblüht es, dieses Maiglöckchen, und zeigt sich weit weniger klinisch rein als viele Mitbewerber sowie von zartem, aber munter sprießendem Blattwerk umkränzt.
Zwei feine zeitlose Frühlingsboten und duftende Begleiter für das ganze Jahr. Schön, das man sich im Hause Goutal für frischen Wind und ein zumindest zeitweise neues Packaging entschieden hat – so wird vielleicht der eine oder andere auf diese Klassiker des Hauses aufmerksam. Kennt Ihr Sie, gefallen Sie Euch? Wie steht Ihr überhaupt zu jenen speziellen Blüten, den Veilchen und Maiglöckchen?
Gespannte Grüße,
Eure Ulrike.
Die Soliflores aus dem Hause Goutal sind alle erstaunlich solide, sowohl was die Haltbarkeit als auch den Duft selbst angeht. Ich persönlich finde Soliflores dennoch irgendwie schwierig zu tragen…aber vielleicht bin ich irgendwann gewillt tatsächlich einmal stundenlang mit einem Veilchenbüschel um den Hals durch Berlin zu laufen 😉 Denn das wäre dann tatsächlich der Favorit gegenüber Maiglöckchen und Geißblatt. Gerade weil ich der Meinung bin, dass ein guter Veilchen-Duft meilenweit von „Eau de Oma“ entfernt ist 🙂 Und das Veilchen von Goutal ist definitiv très bien.
Ich kenne diese Düfte noch nicht, bin aber bisher den Soliflores auch nicht besonders zugetan. Das heißt, es gibt da schon schöne Exemplare, aber so möchte ich nicht den ganzen Tag duften.
Vor einiger Zeit dachte ich noch, Veilchen- und Rosendüfte wären eh nicht mein Ding, aber ich wurde schnell eines besseren belehrt. Es kommt eben auf die Verpackung an. Veilchen in mb02 von biehl oder Pentachord White von Andy Tauer sind doch herrlich. Rose in dunkel, verrucht oder chypriert, wie z. B. Une Rose Chyprée von Tauer – auch da kann ich nicht widerstehen.
Also gespannt bin ich schon auf die neuen Goutals.
Liebe Uli,
das Borsari-Veilchen habe ich ja dank deiner Pröbchen kennen und lieben gelernt. Auch wenn es alles andere als ein Mono-Veilchen ist. Es weiß sich dezent im Hintergrund zu halten, was man wohl nur jedem Veilchen raten kann.
Die wenigen reinen Veilchen-Düfte, die ich gerochen habe, waren echte Kopfweh-Düfte. Ein zartes Blümlein als reine Duftessenz umzusetzen ist wohl ungefähr so, wie wenn man sanfte Geigenmusik mit einem 1600 Watt – Verstärker ins Ohr dröhnen läßt. Es wirkt nicht mehr. Es tut nur noch weh.
Das Stichwort Untertöne weckt allerdings meine Neugier.
Ich werde ihm eine Chance geben, wenn auch meine Vorurteile gewaltig sind. Veilchen ist ein schwieriger Duft, vielleicht schwieriger als die Rose.
Liebe Grüße
Kati
… ist es unverschämt, trotz so schwelgender Düfte nach der Mimose zu verlangen??? Viel zu kurz ist die Zeit der Maiglöckchenblüten, darum mE ein MUSS, ihn in Parfum zu verewigen!
Huhuuu Ihr Lieben,
schön, so viele Kommentare auf meine Blümelein!
@ PiPa: Ich kann es nachvollziehen, Deine Einstellung bezüglich Soliflores, weil ich früher ohnehin ein großes Problem mit Blumen hatte… Blumen dachte ich, seien nichts für mich. Im Laufe der Jahre hat es sich dann gehörig verändert, die ersten zarten Blüten wanderten in mein Repertoire und mittlerweile bin ich sogar zum großen Liebhaber von Weißblühern geworden – und Soliflores. Und Veilchen, das ich früher überhaupt nicht mochte als Parfum. Ich bin immer wieder gespannt, wie sich mein Duftgeschmack weiterentwickelt über die Jahre – er hat es in den letzten Jahren schon ganz gehörig getan. Wer weiß, vielleicht erfreust Du ja auch in ein paar Monaten oder Jahren flanierend und nach Veilchen duftend die Hauptstadtstraßen? 😉
@ Carola:
Das, was Du schreibst, bestätigt mir meine soeben erzählte kleine Geschichte – die Duftvorlieben verändern sich. Manchmal braucht es dafür auch nur den richtigen Türöffner – bei mir war das für Rosen z.B. Paestum Rose. Oder für Veilchen Geste. Und für Maiglöckchen der Herr Tauer. Bin gespannt, was ich mir in nächster Zeit noch so anlache 😉
@ Kati:
Veilchen als Duft umzusetzen ist in der Tat ein schwieriges Unterfangen. Ich bin mir aber sicher, dass Du das Goutalveilchen zumindest nicht hassen wirst, und fast sicher, dass Du es mögen wirst 😉 Teste also ruhig mal, es ist wirklich schön.
@ Irmgard:
Nach Mimose zu verlangen ist NIE unverschämt… finde zumindest ich 😉
Ich bin ja auch ein alter Mimosenfan, habe gerade wieder die von L’Artisan im Einsatz und zögere noch, mir die Rose Alexandrie von Armani Privé zu kaufen, die hat nämlich auch eine ganz entzückende Mimosennote. Und Maiglöckchendüften bin ich ja schon länger ganz und gar zugeneigt – meine Lieblinge sind hier natürlich der von Andy Tauer und das schöne Maienherz von Nicolai für Parfums MDCI. Und Deine?
Viele liebe Grüße an Euch und einen guten Start in die Woche –
Eure Ulrike.
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