Von dem Naturschönen…

…schwärmten im Laufe der Jahrhunderte viele Philosophen, Künstler und Literaten, so hat es auch seinen festen Platz in der vielgestaltigen und äußerst heterogenen Ästhetiktheorie. Vor allem bei den Romantikern lässt sich eine Rückbesinnung auf die Natur feststellen, die für sie den Gegenpol zur aufkommenden und als entmenschlichend wahrgenommenen Industrialisierung bildete. Ihre Verehrung für die Natur zeigte fast religiöse Züge – was eigentlich wieder mit einigen gesellschaftlichen Ausprägungen heutzutage vergleichbar ist. Allerdings sind die Romantiker ja ohnehin so etwas wie der Vorläufer des modernen, vielmehr postmodernen Menschen. Aber lassen wir das, ich schweife ab. 😉

Kommen wir zu jemandem, der ebenfalls Gefallen am Naturschönen findet und selbst nicht ganz unattraktiv zu sein scheint: Xavier Torre. Auf Korsika geboren, führte seine Tätigkeit als Künstler den Mann um die ganze Welt – die Heimatinsel immer im Herzen. 2008 gründete er dann sein eigenes Parfumhaus – Testa Maura. Das Besondere daran ist, dass für die Düfte zu 100% natürliche Ingredienzen verwendet werden. Wenige Firmen kenne ich, die dieses Credo bezüglich ihrer Parfums verfolgen: Honoré des Prés ist eine davon, ich hatte Euch die Düfte, allesamt von Olivia Giacobetti kreiert, bereits hier vorgestellt. Patyka hat einige Düfte im Sortiment. Und L’Artisan Parfumeur verfolgte mit L’Eau de Jatamansi dieses Konzept. Das war es aber auch schon wieder – mehr mag mir dazu spontan nicht wirklich einfallen.

Ich werde Euch heute und morgen die fünf Düfte der Bucolica-Kollektion vorstellen, die aus rein ätherischen Ölen und Alkohol aus biologischem Anbau hergestellt werden. Ich bin recht gespannt, wie ich gestehe. Eigentlich finde ich ja, die Mischung macht es – eine wohlüberlegte Mischung aus Natur und Synthetik. Mal schauen, ob mich Natur pur hier zu überzeugen vermag.

Beginnen wir mit Aléria:

„Aléria, korsisches Flachland durchzogen von unermesslichen Obstgärten in denen Apfelsinen, Mandarinen, Bergamotte und Zitronen gedeihen. Hier können unsere Sinne dem unverkennbaren Duft der Zitrusfrüchte aus den Destillierfässern nicht entfliehen.L’Eau de Parfum Aleria ist eine Hommage an die korsische Tradition, an die köstlichen, nach Zitrusfrüchten duftenden Liköre, veredelt durch Myrte und Bienenwachs.“

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Frisch auf der Haut strömt mir der Duft einer ganzen Hesperidenplantage in die Nase: Zitrisch, prickelnd, bitzelnd, spritzig, dynamisch zeigen sie sich, die Agrumengesellen, von einer sanften Fruchtsüße begleitet – saftige Mandarinen und Orangen, frisch-herbe Limette und säuerliche Zitrone. Ein paar zarte Blüten wachsen in dem Gärtchen – ich hätte hier nicht auf Ylang getippt, sondern eher auf Neroli. Myrte sorgt für krautig-knarzige Anleihen, von Gehölz unterstützt – Zeder, das ernsthafte, und Sandel, das warme Hölzchen. Letzteres wird von Noten kalten Bienenwachs unterstrichen, die sich deutlich zwischen die Zitrusfrüchte schieben – Honig und kaltes Wachs, ein wenig harzig anmutend. Eine schöne Ergänzung, die den Duft gelungen abrundet. Im Einklang zeigen sie sich, die Hesperiden mit dem Wachs – ein wie ich finde sehr schönes Zusammenspiel, das im Duftverlauf immer mehr an Sanftheit gewinnt. Gefällt mir, zumal Aléria nicht diese Quietschigkeit innewohnt, die man von manchen Sommerhesperiden kennt.

Acqua di Casta ist unser nächster Kandidat:

„Die Kastanienbäume von Castagniccia ernähren seit Generationen korsische Gebirgsbewohner. Eau de Parfum Aqua di Casta, eine Komposition aus warmen Hölzern – Sandel, Zeder und Vetiver -, der Stärke des schwarzen Pfeffers und Ingwers sowie der Frische einer archaischen Kastanie.“

Corsica. La Castagniccia

Kastanie… Düfte mit Kastaniennoten gibt es wenige, sehr wenige – Sienne L’Hiver von Eau d’Italie fällt mir dazu noch ein, von Aroma M meine ich mich zu entsinnen, gibt es auch etwas. Mehr allerdings weiß ich spontan nicht. Und stürze mich deshalb gleich auf Acqua di Casta.

Ernst ist er, dieser Duft – nicht weiter verwunderlich, hat man hier doch etliche Hölzer vereint. Und holzig geht es auch zu, vornehmlich. Pfeffer kontrastiert, mehr würzend als schärfend. Dahingegen zeigt sich Ingwer mehr scharf als herb, dafür aber ausnehmend fruchtig, was der Trockenheit des Duftes gut zu Gesicht steht. Je länger er auf der Haut ist, desto weicher scheint Acqua di Casta zu werden, was mir ausnehmend gut gefällt. Ob ich Kastanie rausrieche? Ich weiß es nicht. Eine Würze ist da, die sich gepaart mit der trockenen Anmutung durchaus kastanientauglich zeigt. Hätte ich es nicht gewusst, hätte ich sie vermutlich aber nicht als solche identifiziert. Nichtsdestotrotz – ein angenehmer, kontemplativer Duft, der Freunden von Düften wie Costes 1, 10 Corso Como und ähnlichen die Herzen höher schlagen lassen wird.

Morgen geht es weiter mit den restlichen drei Düften der Kollektion – bis dahin eine gute Zeit und viele liebe Grüße,

Eure Ulrike.

Neueste Kommentare

Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

2 Kommentare

  1. Angelika
    22. März 2012
    Antworten

    Liebe Uli, sind es die Bilder selbst oder die Bilder, die deine Beschreibungen entwerfen, – ich würde am liebsten sofort die Koffer packen und nach Korsika fahren… Zu den 100%-Naturdüften hätte ich noch Organic Glam beizusteuern, und natürlich Andy Tauers Cologne, auf das wir alle so gespannt sind 😉

  2. Avatar-Foto
    Ulrike
    22. März 2012
    Antworten

    Huhuu liebe Angelika,

    die habe ich beide doch glatt unterschlagen 😉 Zumindest Organic Glam, denn der Tauer war bei uns zu dem Zeitpunkt, als ich den Artikel geschrieben habe, noch gar nicht gelandet. Testa Maura musste nämlich ein bisschen nach hinten verschoben werden – wegen YS UZAC und dem neuen Tauerschen Frühlingswunder.

    Auf Korsika-Urlaub hätte ich jetzt auch Lust, aber sowas von. Sind Deine Koffer schon gepackt? Ich komme mit 🙂

    Viele liebe Grüße zurück,

    die Uli.

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